Für die Endstadien gut vorbeireiten – Pokerstrategien am Einzeltisch
Nachdem Sie im Einzeltischturnier eingestiegen sind und die ersten Gegner hinter sich gelassen haben, können Sie sich darauf konzentrieren, etwas Knete zu machen.
Das Geld anvisieren
Klar klingt es offensichtlich, aber in einem Einzeltischturnier geht es nur darum. Geld zu gewinnen. Deswegen sollten Sie immer, immer ein Auge auf das Preisgeld haben. Sie müssen wissen, wie viel es gibt und was für einen Weg Sie zurücklegen müssen, um es sich unter den Nagel zu reißen. Wenn Ihr Chipstand zur Verzweiflung Anlass gibt, Sie aber kurz vor dem Geld sind, müssen Sie um jeden Preis versuchen zu überleben, um in die Geldränge zu kommen. Wenn Sie Chipkönig sind, müssen Sie die anderen ständig unter Druck halten, damit sie nervös werden und bleiben und Fehler machen.
Auf Persönlichkeits- und Spielveränderungen achten
Während das Spiel seine natürliche Entwicklung vollzieht, sollten Sie sich immer das psychologische Gesamtbild des Tisches und Ihre Eindrücke einzelner Spieler klarmachen. Sie müssen erkennen, wer aggressiver und wer schüchterner wird. Achten Sie auf plötzliche Verhaltensänderungen. Machen Sie weiterhin Notizen über die Spieler, die können auch zukünftig noch nützlich sein. Allerdings darf das Notizenmachen Sie nicht vom Nachdenken über das Turnier und Ihr Spiel ablenken. Viele Spieler werden zurückhaltender, wenn die Teilnehmerzahl abnimmt und die magische Blase (der Punkt, ab dem es ins Geld geht) näher kommt. Wenn Sie das feststellen – besonders bei einem eigenen guten Chipstand – gehen Sie ran und spielen Sie aggressiver. Damit lassen sich ein paar Chips einheimsen. Wenn Sie mindestens einen durchschnittlichen Chipstand haben, sollten Sie in jedem Spiel, bei dem Sie eröffnen, etwa das Dreifache des Big Blind erhöhen (hei Limit nur einfach). Sie versuchen damit nicht, Blinds zu stehlen, sondern legen einfach eine Messlatte für die folgenden Spieler auf. Wenn alle aussteigen, bekommen Sie die Chips. Sie werden überrascht sein, wie oft das hei den kleinen Startgeldern funktioniert.
Die Blase ist geplatzt – auf zur Goldmedaille!
Wenn Sie als einer von drei Spielern in einem Turnier übrig bleiben, bei dem drei Plätze gezahlt werden, sind Sie an der Blase vorbei und ein Preisgeld ist garantiert. Jetzt geht es darum, nicht nur den dritten, sondern den ersten Preis zu schnappen. Jetzt fängt wieder ein etwas lebhafteres Spiel an – jeder denkt so bei sich: Okay, ich bin im Geld und habe Profil gemacht, jetzt kann ich wieder spielen. Wenn Sie das beobachten, wird es Zeit, wieder gegensätzlich, nämlich zurückhaltender zu agieren. Aber denken Sie daran, dass man mit weniger Spielern eine deutlich höhere Menge an Startkarten spielen kann (ein Blick zurück in den Abschnitt über short-handed Spiel in Poker-Artikel könnte hilfreich sein). So wie beim Spiel mit wenig Chips sollte auch hier die Absicht sein, mit jedem Gewinn viele Chips einzufahren. Sie wollen die Gegner langsam zermürben. Wenn Sie ein Traumblatt bekommen. setzen Sie soviel, wie Sie glauben, dass der Gegner bringen wird. Nicht überbieten und damit nichts nach Hause holen, nicht unterbieten und nur suboptimal gewinnen. Das oberste Ziel ist jetzt, den ersten Platz zu machen, deswegen maximieren Sie den Gewinn in jedem erfolgreichen Spiel.
Wegen Euros (und Pizza) aussteigen
Red spielte einmal in einem Einzeltischturnier, das zu einer interessanten Theoriefrage führte …
Vier Spieler waren noch in dem Turnier aktiv, und drei würden Geld bekommen. Obwohl unser Held anfangs sehr gute Karten bekommen hatte, waren sie in den letzten Runden eher kalt gewesen. Aggressive Spieler hinderten ihn daran, marginale Blätter zu spielen, und die Blinds pickten an seinen Chips wie die Spatzen an einem alten Brötchen im Rinnstein. Im Ergebnis hinkte Red mit müden 50 Chips hinter den Durchschnittschipständen von 3.400 her. Direkt vor dem Big Blind fand er endlich ein ungleichfarbiges A-K. Die Hand mit dem besten Kaufpotenzial in Holdem hätte eigentlich einen Seufzer der Erleichterung auslösen müssen, aber es gab ein kleines Problem: Die Blinds betrugen 100/200. Das bedeutete, selbst wenn er jetzt all in ginge und gewänne, würde er nur 200 haben (exakt die Höhe des Big Blind), und er würde anschließend nochmals gewinnen müssen, um im Turnier zu bleiben. Er müsste sogar gewinnen, wenn alle anderen mitgehen würden. Also schaute Red sich das alles gründlich an und erkannte, dass ihm Big Slick (A-K) hier im Grunde nur anbot, dass er die Chance hatte, früh zu verlieren, aber keine große zu gewinnen.
Red reizte seine Wartezeit voll aus und – im Gegensatz zu dem, was seine Großmutter ihm immer gesagt hatte – stieg aus, Aber das taten nicht alle anderen. Tatsächlich begannen jetzt die beiden aggressivsten Spieler des Tisches, wild aufeinander einzuprügeln. Beide gingen letztlich vor dem Flop all in. .Als sich der Rauch verzogen hatte, verloren zwei Siebener gegen zwei Zehner, ein Spieler flog raus, und Red hatte wieder etwas Geld, um den Pizza-Service kommen zu lassen. Der 200-er Big Blind überrollte Reds50 Chips, und natürlich gingen beide Spieler mit und waren besser als Reds 8-6. Finden Sie, dass die Geschichte für Red, der mit A-K ausstieg und Geld gewann, schlecht ausgegangen ist? Eine gute Frage für den Pizzaboten. Wenn Sie dann irgendwann all in gehen, tun Sie das mit einer anständigen Hand, es sei denn, Sie sind absoluter Chipkönig und können einen Verlust verkraften. Vermeiden Sie pure Bluffs, weil die Verzweifelten mitgehen könnten, seihst wenn sie gar nicht an einen Bluff bei Ihnen denken.
Turnierreflexion
Egal ob Gewinn oder Verlust – wenn das Einzelturnier vorüber ist, sollten Sie sich für eine Minute zurücklehnen und mehrmals tief durchatmen. Bevor Sie in die Turnierlobby rennen und sich zwanghaft ins nächste Turnier klicken, um dem Idioten von eben die zwei Bad Beats heimzuzahlen, sollten Sie über das vergangene Turnier nachdenken. Direkt im Anschluss ist der beste Zeitpunkt, um das Turnier nochmals kritisch Revue passieren zu lassen:
– Was haben Sie falsch gemacht?
– Welche Blätter hätten Sie besser spielen können?
– Haben Sie dabei ein Blatt über- oder unterspielt? Was hat es Sie gekostet?
– Ist Ihnen eine Nuance im Gesamtspiel entgangen oder haben Sie sie ignoriert? Oder haben Sie gewisse Vorgänge nicht verstehen können?
– Was klappte gut für Sie und warum?
Wir sprechen hier nicht über esoterischen Mumpitz, bei dem Jahre des Schweigens und Yak- Reiten durch wilde Steppen erforderlich sind, wir schlagen einfach vor, dass Sie sich die Zeit nehmen und die jüngsten Erfahrungen sammeln und sichten. Klar, manchmal hatten die Gegner Glück und Sie Pech, aber Sie können Trends in Ihrem Spiel erkennen. Und genau jetzt, wo die Erinnerung frisch und plastisch ist, notieren Sie alles in Ihrem Poker- journal. (Wie? Sie haben keines? Dann nichts wie zurück zu Poker-Artikel, dort erfahren Sie, wie Sie sich eines einrichten.) Erkennen Sie die Tendenzen in Ihrem Spiel, und Sie können besser werden. Wenn die Gegner sie erkennen, werden Sie nie besser.