Die Eigenschaften von Pokerspielern richtig verstehen – neue Pokerstrategien lernen

Das grundsätzliche Verhalten von Spielern teilen wir in zwei Gruppen. Die erste der beiden bezeichnen wir als: passiv – aktiv

Ein typischer passiver Spieler ist nur mit den allerbesten Karten im Pot. Er versucht, jedes Risiko auf ein Minimum zu beschränken. Spekulationen lassen ihn unberührt. Geduldig passt er Spiel um Spiel, wartet auf Karten wie A – A, K – K oder A – K, und er spielt Q-J wirklich nur, wenn er am Dealerbutton sitzt.

Genauso verhält er sich, wenn die Gemeinschaftskarten geteilt werden. Hält er nicht bereits ein Top-Paar oder zählt genügend Outs, um mit der Kaufwahrscheinlichkeit die Potquoten bei weitem zu übertreffen, legt er geduldig seine Karten weg und wartet auf die nächste Chance. Der aktive Spieler ist natürlich genau das Gegenteil. Von der Annahme ausgehend, dass letztendlich jedes Blatt gewinnen kann, spielt er fast alle Anfangskarten; bleibt im Pot, auch wenn seine Chancen, zu kaufen, sich nicht durch das Verhältnis von Wahrscheinlichkeit/Potquote rechtfertigen lassen. Selbst wenn er nichts Besseres in der Hand hält als ein A hoch, geht er in der letzten Runde immer noch mit. Schließlich könnte sein Gegner bluffen.

Natürlich habe ich hier die beiden Eigenschaften in ihrer Extremform beschrieben. Praktisch gesehen, ist es meist bloß eine Tendenz in eine der beiden Richtungen. Trotzdem, Sie werden im Laufe der Zeit auch genügend Spieler treffen, die ins Klischee dieser Extreme passen.
Nun, die zweite Gruppe ist folgende: verhalten – locker

Während sich die erstgenannten Eigenschaften auf die Bereitwilligkeit des Mitgehens beziehen, bezeichnen wir hiermit die Bereitwilligkeit zum Erhöhen. Der verhaltene Spieler erhöht selten oder nie, der lockere oft!

Diese beiden Gruppen, in Verbindung gebracht, ergeben vier Kombinationen:
■ Passiv – verhalten
■ Passiv – locker
■ Aktiv – verhalten
■ Aktiv – locker

Natürlich ist das Verhalten der Spieler der jeweiligen Kombinationsgruppen offensichtlich. Der passiv/verhaltene Spieler ist von höchster Vorsicht geprägt. Von solchen Gegnern gewinnen wir nicht viel, doch halten sich Verluste gegen sie, wenn wir über das zweithöchste Blatt verfügen, auch in Grenzen. Gegen solch einen Spieler zu verlieren führt zum durchaus angenehmen Nebeneffekt, dass wir wissen, dass es wesentlich mehr hätte kosten können, hätte er mit seinem Full House berechtigterweise kräftig erhöht.

Der passiv/lockere ist üblicherweise ein guter, erfahrener Pokerspieler! Er hält sich mit schlechten Karten zurück. Passt, wenn immer er keinen klaren Vorteil sieht. Doch ist er sich seiner Überlegenheit bewusst, dann wird sein Verhalten aggressiv; dann möchte er aus seinem Blatt das Höchstmögliche herausholen. Zu den weniger erfolgreichen gehören die aktiv/verhaltenen Spieler. Spielleidenschaft, Neugier, unberechtigter Optimismus hält sie in jedem Pot. Sie folgen Erhöhungen und wissen dabei oft selbst nicht, warum! Doch fast nie finden sie einen Anlass, selbst eine Erhöhung vorzunehmen. Das englische Wort für „mitgehen“ ist: to calll Und somit bezeichnen wir Spieler, die grundsätzlich bei jedem Einsatz mitgehen, selbst aber so gut wie nie erhöhen, als Calling-Station‘.

Der aktiv/lockere Spieler ist grundsätzlich auf jedem Tisch gerne gesehen. Er ist mit (fast) jedem Blatt im Pot und erhöht selbst auf die kleinste Chance, die richtige Karte am Turn oder River zu kaufen. Fallen die Karten günstig, so kann er in kurzer Zeit unglaublich hoch gewinnen, andernfalls aber ebenso schnell und hoch verlieren! Natürlich sind seine ständigen Erhöhungen nicht nur blindem Optimismus zuzuschreiben. Er möchte die Gegner aus dem Pot drängen, was ihm oft genug natürlich auch gelingt.

Aktiv/lockeres Verhalten, aggressives Spiel ist, wenn in Maßen angewandt, nicht unbedingt schlecht. Weiß es jemand geschickt einzusetzen, zum richtigen Zeitpunkt zu forcieren, um sich dann doch wieder in eine gewisse Passivität zurückzuziehen, holt er sich die vielen verschwendeten Chips durch gute Pots leicht wieder zurück. Den passiv/ verhaltenen und auch den passiv/lockeren Spieler können wir bald einschätzen, doch beim aktiv/lockeren wissen wir nie, wie wir dran sind. Mehrere Spiele hintereinander erhöht er. Nun halten wir ein mittelmäßiges Blatt und sind mit seiner Erhöhung konfrontiert. Während wir gegenüber einem vorsichtigen Spieler natürlich bedenkenlos passen, so tendieren wir in diesem Fall eher zum Mitgehen. Verhält sich ein Spieler in wirklich jedem Spiel aggressiv, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er gerade zu diesem Zeitpunkt gute Karten hat, natürlich rein dem Zufall entsprechend – und somit nicht unbedingt hoch. Ist es aber gerade das Spiel, in dem seine Karten bessere sind, gewinnt er den Pot in einer Höhe, die ein passiver Spieler niemals erreichen könnte.

Übertreibt ein Spieler aktiv/lockeres Verhalten über einen längeren Zeitraum oder gar den ganzen Abend hinweg, dann nennen wir ihn Maniac – Verrückten! Ein Maniac bringt sicheres Geld auf den Tisch, viel Geld, und finanziert oft die Gewinne aller anderen Spieler. Sind wir mit einem solchen konfrontiert, so lassen wir uns durch sein verwirrtes Spiel natürlich nicht zu unüberlegten Handlungen motivieren. Weiterhin spielen wir nur unsere guten Karten. Weiter kalkulieren wir unsere Outs und Potquoten. Ohne Scheu lassen wir uns aus kleinen Pots drängen – wir lassen ihn bluffen, so oft er will. Geduldig warten wir auf das Blatt, das uns zur Überlegenheit verhilft. Und während der Maniac Spiel um Spiel die kleinen Einsätze kassieren darf, zerren wir ihn, wenn wir das richtige Blatt in der Hand halten, in einen Monsterpot. Wir nutzen seine Leidenschaft des Erhöhens aus, erhöhen wieder und wenn möglich nochmals. Und nachdem wir ihm den großen Pot abgenommen haben, kriegt er wieder ein paar kleine Einsätze zurück.

Gelegentlich stoßen wir auf Spieler, die ihr Verhalten ständig extrem und konzeptlos ändern in der Hoffnung, die Gegner zu verwirren. Von übertrieben aggressivem Spiel gleiten sie plötzlich in lange Phasen der Passivität. Mit niedrigen, einfarbig verbundenen Karten erhöhen sie wie wild, gehen später mit A – A nur zögernd mit und checken bis in die letzte Runde. Dieses Verhalten nennen wir „Fancy Play Syndrom – FPS“, das „Syndrom des verwirrten Spielers“. Dieser Begriff wurde übrigens von Mike Caro geprägt. Er ist nicht nur einer der weitbesten Pokerspieler, auch hat er mehrere Bücher zum Thema verfasst und Mike Caro’s University of Poker ins Leben gerufen.

Obzwar das Variieren zwischen verschiedenen vernünftigen Strategien die Stärke des guten Pokerspielers ist, derart planlose Verwirrungstaktiken sind völlig sinnlos! Der erfahrene Spieler durchschaut es in Kürze und weiß dies zu seinem Vorteil zu nutzen, während der unerfahrene einem solchen Verhalten ohnehin keine Beachtung schenkt. Der einzig wirkliche Effekt ist, dass solch ein Pokerspieler ständig gegen die Berechnungen der
Wahrscheinlichkeit spielt und – was für uns mathematisch berechneter Vorteil ist – für ihn zum genauen Gegenteil wird!

Ein wirklich durchaus angenehmer Gegner ist jener, der Tabellen und Statistiken auswendig lernt, all das wörtlich nimmt, was er in Büchern gelesen hat, und von dieser Spielweise nicht einen Zoll abweicht! Oft erkennen wir ihn daran, dass er andere Spieler in ihrem Verhalten kritisiert.
„Wie konntest du da mitgehen? Du hattest nicht mehr als 4 Outs!“
„Hast du schon einmal etwas von Potquoten gehört?“
„Immer kaufst du dich gut am River! Weißt du nicht, dass du schon lange hättest passen müssen?“

Wenn immer ein anderer Spieler sich nicht so entschieden hat, wie er sich an seiner Stelle entschieden hätte, dann bezeichnet er ihn als „Anfänger“, „schlechten Pokerspieler“, als „unglaubliches Glückskind“, und rechtfertigt sich selbst gegenüber seine meist regelmäßigen Verluste dadurch, dass man gegen schlechte Spieler einfach nicht gewinnen könne! Das mag gewiss eine Form von Logik sein! Praktisch jedoch verliert er deswegen, weil er nicht der Einzige ist, der in diesen Büchern gelesen hat. Weil andere Spieler all die Empfehlungen und Richtlinien kennen; und nachdem dieser sich linientreu und unflexibel verhält, ist es unglaublich einfach, jeden seiner Schritte zu durchschauen!

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