Vermeiden, dass die Gegner Sie einschätzen Teil II – Internet Pokerstrategien
Vermeiden, dass die Gegner Sie einschätzen Teil I
Ein Online-Tischimage aufbauen
Egal für wie bescheiden oder clever Sie sich halten, es entsteht immer ein Tischimage, ob Sie das bewusst herbeiführen oder ob es sich unbewusst ergibt. Erstens wird Ihr Tischimage immer sehr stark von Ihren Bietaktionen abhängen, denn viel mehr wird von Ihnen auf den Bildschirmen der Gegner nicht zu sehen sein. Zweitens wird allein durch die bloße Riesenanzahl und das ständige Kommen und Gehen der Onlinegegner ein ständiger Neuaufbau des Tischimages erforderlich. Zumindest für Tische mit niedrigem Limit gilt das, bei den höheren Einsätzen ist das Spielerfeld nicht so flüchtig und wechselhaft. Die Gegner nutzen Ihr Tischimage, um Sie einzuschätzen. Deswegen sollten Sie es zu Ihren Gunsten manipulieren. Das funktioniert am besten, wenn Sie eine Legende aufbauen, die locker auf dem basiert, was Sie als Spieler sind, aber leicht verzerrt, so dass sie nicht einfach klar erkennbar und berechenbar ist. Wenn es Ihnen gelingt, ein Tischimage aufzubauen, das Ihrem Spielstil wider-spricht, so werden die Gegner irgendwann falsche Annahmen über Sie treffen. Diese Fehleinschätzungen können Sie dann finanziell nutzen.
So wie der Zweimetermann, der wie ein Zwerg zu agieren sucht, werden Sie eventuell auch Schwierigkeiten haben, ständig entgegen Ihres eigentlichen Naturells aufzutreten. Wenn Sie eher solide und konservativ sind, fällt es schwer, das wilde Image eines Kamikazespielers auf zubauen und aufrechtzuerhalten. Wenn Sie zu Abenteuern neigen, fällt es schwer, sich lange wie ein superzurückhaltender Spieler zu verhalten. Am besten ist. Sie wählen ein Tischimage, das Sie auch lange repräsentieren können. Ein guter Platz, um verschiedene Formen von Tischimages auszutesten, sind die Tische mit Mikrolimits (sie werden in Poker-Artikel näher beschrieben). Dort können Sie auf preiswerte Weise eine Reihe verschiedener Persönlichkeiten vor Publikum ausprobieren. Sind Sie die aggressive (und profitable) Quasselstrippe oder eher der zurückhaltende Typ mit seriösem Anstrich? Mikrolimit-Poker können Sie quasi als Generalprobe nutzen, um wie verschiedene Typen zu agieren, bevor Sie sich mit dem Image, das Sie am leichtesten repräsentieren können, an Tische mit höheren Limits setzen.
Mit Advance Action Buttons ein Tischimage projizieren
Wenn Sie mehrfach mit den AABs aussteigen, werden andere Spieler sich an das zugehörige Timing gewöhnen. Ihr Verhalten wird als mechanisch registriert. Wenn Sie an der Reihe sind und per AAB aussteigen, wird es die dafür übliche Verzögerung geben, und das Spiel bewegt sich weiter. Wenn Sie – später in der Partie – pausieren und erhöhen, wird jeder am Tisch zweimal überlegen, bevor er mitgeht. Ihre Aktion ist so unterschiedlich zur vorherigen Verhaltensweise, dass die anderen Spieler es sofort bewusst oder unbewusst registrieren. Viele, wenn nicht alle, werden jetzt aussteigen.
Ein zurückhaltendes Image erzeugen
Sie spielen Split Limit Holdem und sitzen im Big Blind. Niemand erhöht. Fünf von zehn Spielern sind noch aktiv. Sie halten 2♣ und 6♦. Der Flop kommt mit 10♠ J♥ 5♠ Der Small Blind schiebt, und Sie steigen sofort aus. Ja, Sie hätten ebenfalls schieben können, aber Ihre Gewinnchancen sind in der Situation nahe Null. Sie müssten eine Ihrer Handkarten paaren und niemand dürfte ein höheres Paar bekommen oder zwei passende Karten (3 und 4) zur Straße finden, was extrem unwahrscheinlich ist. Aussteigen ist hier genau richtig, denn die scharfsichtigen Gegner haben das registriert. Wenn Sie das nächste Mal in der gleichen Situation schieben oder sogar setzen, wirken Sie gleich viel stärker. Und wenn Sie das nächste Mal Schrott auf der Hand und im Flop finden und trotzdem setzen, gewinnen Sie den Pot vielleicht sofort.
Ein zurückhaltendes Tischimage erschaffen
Uns gefällt es am besten, ein konservatives zurückhaltendes Tischimage zu erzeugen, besonders in Turnieren, wo man nicht ewig auf perfekte Karten warten kann, sondern auch mal bluffen muss. Ein Bluff gelingt leichter, wenn man für solide gehalten wird. Sie müssen so betonmäßig zurückhaltend wirken, dass es knirscht, wenn Sie sich ein Glas Wasser holen. In der Onlinewelt können Sie ein solches Image mithilfe der AABs pflegen. Letztlich erzeugt man ein konservatives Bild, indem man sich so verhält, nämlich immer auszusteigen bereit ist, wenn die Chancen schlecht stehen, und nur Aggression zeigen, wenn man ein Superblatt hält. Je offensichtlicher, desto besser. Natürlich führen Sie hier nur Ihr Image vor. und wenn es erst mal etabliert ist. sollte Ihr weiteres Spiel nicht ständig dem Image entsprechen, sonst sind Sie wieder zu durchschaubar.
Mit lockerem Image spielen
Wenn Sie ein etwas lockerer Spieler sind, können Sie am lockeren Ende des Spektrums spielen und gewinnen, wenn es Ihnen gelingt, bei den Tischgenossen ein noch wilderes Image zu erzeugen. Es braucht nicht lange, um andere davon zu überzeugen, dass Sie ein Irrer sind. Danach werden die nervöseren Spieler Ihnen aus dem Weg gehen (auch mit durchaus spiel-baren Blättern), andere werden deutlich mehr mitgehen, auch mit schlechten Blättern. Wenn Sie erst einmal ein lockeres Image erzeugt haben und gegenüber Ihrem verrückten Image ein paar Gänge herunterschalten, können Sie im Fall eines starken Blattes viel mehr Geld von den Gegnern holen, weil die Sie immer noch für einen verrückten Nichtskönner halten. Wie wirkt man an einem Onlinetisch wie ein Verrückter? Nun. alles reduziert sich auf das Setzen, Mitgehen oder Erhöhen in Situationen, wo es nicht sein sollte, und dann den Gegnern zu zeigen, was man getan hat (gewöhnlich durch bewusstes Aufdecken der Karten). Setzen Sie mit absolutem Müll.
Wenn Sie dann eine unglaubliche Wunderkarte finden und gewinnen, decken Sie auf. Die Gegner werden Sie für einen Trottel halten (und anschließend selbst einen Schritt weiter in Richtung Verrücktheit marschieren). Es funktioniert auch, wenn keine Wunderkarte kommt. Nebeneffekt eines lockeren Tischimages ist aber auch, dass Sie öfter Bad Beats erleiden werden (besonders im Pot- oder No Limit-Turnieren, wo Sie in einer Hand alle Chips verlieren können). Je verrückter Sie bei den Gegnern gelten, desto mehr werden in jeder Hand gegen Sie antreten. Immer daran denken, ein lockeres Tischimage erzeugt mehr Fluktuation, weil mehr Spieler gegen Sie antreten und mitgehen. Erwarten Sie starke Auf- und Abbewegungen beim Geld, wenn Sie als lockerer Spieler gelten. Wenn das nicht Ihr Ding ist, erzeugen Sie ein solideres Tischimage, das weniger Mitgehen der Gegner hervorruft. Selbst die lockersten Spieler werden zurückhaltender, wenn Turnierlimits höher werden. Stecken Sie jemanden nicht voreilig in die Schublade locker, verrückt und schlecht, wenn er lange im Turnier überlebt. Achten Sie darauf, ob sich seine Verrücktheit ins Gegenteil umkehrt.
Gegner mit lockerer Spielweise in Holdem hereinlegen
Sie sind Small Blind in einer Limit-Holdem Partie. Als Handkarten erhalten Sie 5♠ 7♥. Acht Spieler blieben ohne Erhöhung aktiv, Sie ergänzen den nötigen halben Einsatz. Der Flop kommt mit K♦ 9♠ 8♠ . Sie haben einen Bauchschuss und checken. Alle weiteren Spieler schieben ebenso. Turnkarte ist die 4♣. Wieder wird durchgecheckt. Riverkarte ist das A♦. Sie schieben. Ein Spieler setzt, alle weiteren steigen aus, und Sie sind dran. Jetzt den Einsatz zu bringen, wäre absolut hirnrissig. Jede Karte höher als 8 beim Gegner oder jedes Minipaar und Sie haben vergeigt. Trotzdem, den einen Einsatz gehen Sie mit und zeigen Ihre Karten. Sie erhöhen nicht, denn das könnten die anderen als Versuch werten, Sie wollten den Pot kaufen. Wenn die anderen jetzt Ihr Blatt sehen, prägt sich bei ihnen automatisch Idiot ein und bleibt eventuell für immer bei denen gespeichert, die Notizen machen. Den einen Werbeeinsatz werden Sie jetzt in zukünftigen Spielen mehrfach zurückgewinnen, denn die Gegner werden zukünftig denken: Oh, der Verrückte spielt wieder mit. Kein Problem.
Karten zeigen, um ein Image zu erzeugen
Wir zeigen unsere Karten online viel häufiger als in Casinos mit vier Wänden (was bedeutet, einige Male in einer Onlinepartie gegenüber live so gut wie gar nicht). Besonders in Turnieren zementieren wir damit ein besonderes Image. Karten zeigen ist eine gute Methode, um die sensorische Deprivation des Gegners zum eigenen Vorteil zu nutzen. Wenn Sie ein solides konservatives Image haben wollen, zeigen Sie Ihre Karten, wenn Sie mit einem Superblatt gewonnen haben. Besonders wenn Sie nur wenige Hände spielen, erkennen die anderen, ja, Sie spielen nur Qualitätsblätter, und ja, Sie setzen dann auch aggressiv. Natürlich kann man Karten auch nach einem Bluff zeigen, um ein lockeres Bild zu erzeugen. Wenn Sie für einen lockeren Windhund gehalten werden, gehen die Leute öfter mit, besonders wenn Sie angespielt haben und immer zuerst setzen. Das ist nicht schlecht, denn wenn Sie anschließend (nach einem Bluff) etwas zurückhaltender spielen, wird der Pot anschwellen, wenn Sie wieder dabei sind. Mit guten Karten gibt es jetzt mehr Geld zu verdienen. Nachdem Sie eine sehr starke Hand gezeigt haben, sollten Sie es nicht mehr tun (jedenfalls nicht in der aktuellen Partie). Die anderen sollen zukünftig schon noch ein bisschen Restzweifel daran haben, was Sie spielen.
Der eigenen Omaha-Verrücktheit zum Opfer fallen
Sie sind mitten in einem Pot-Limit-Omaha-Turnier, die Blinds sind schon relativ hoch. Vor Ihnen blitzen A♠, A♣, J♥, 6♥ auf. Drei Gegner bringen Ihren Einsatz. Der Flop kommt A♦, K♥, 3♣ . Jackpot. Sie haben jetzt den As-Drilling, und weil die Gegner von Ihnen einen verrückten Eindruck haben, geht tatsächlich einer Ihren Einsatz in Pothöhe mit (Sie sind damit all in). Zacharias Zweifel ist sicher, Sie bluffen wieder einmal und wollen den Pot stehlen. Er geht mit seinen 9♦, Q♦, 10♠, 9♣, mit und hat nur ein Neunerpaar und einen Straßenansatz. Alle anderen steigen aus und schauen sich das Drama an. Zacharias ist nervös, und Sie hüpfen vor Freude um Ihren Computertisch herum. Die Turnkarte ist die 9♥. Zacharias hat jetzt drei Neuner und bleibt Ihnen auf den Fersen. Als Riverkarte kommt der J♣. Zacharias schlägt Sie mit seiner Straße und zwar nur, weil er vorher glaubte, Sie hätten nichts.
Das Image durch Chat unterstützen
Die kleine Chatbox auf Ihrem Bildschirm sollten Sie nicht ignorieren. Das ist das kleine Feld, wo die getippten Nachrichten aller Spieler mit deren Bildschirmnamen auftauchen und wo die Aktionen im Laufe der Partie chronologisch angezeigt werden. Natürlich können auch Sie Nachrichten oder Kommentare eingeben, die dann dort erscheinen. Und das können Sie nutzen, um Ihr gewünschtes Tischimage zu unterstützen. Was immer Sie darstellen wollen, ein paar Textzeilen helfen. Wollen Sie der Spaßvogel sein, der desinteressierte Beobachter von Sportnachrichten, der jammernde Verlierer, der dumme Student oder die einsame Junggesellin? All das können Sie sein (in Poker-Artikel lesen Sie, wie die Chatfunktion genutzt wird). Starten Sie eine kleine Unterhaltung über ein kürzliches Sportereignis und kommentieren Sie einen berühmten Spieler. Selbst wenn Sie nichts über den Sport wissen, können Sie immer noch eine Websuche nach Torschützenkönig Bundesliga 2006 starten und dazu irgendwelche Bemerkungen machen, z.B. Ich halte Klose für absolut überbewertet. Es ist völlig egal, ob Sie sich auskennen oder nicht. Vielleicht ist es sogar gut, wenn Sie anhand Ihrer Kommentare zum Ignoranten abgestempelt werden.
Niemand wird Sie dann am Tisch als Gefahr einstufen. So kann man die Gegner in die Irre führen. Wenn jemand nach Ihren Karten fragt, können Sie auf jede passende Art antworten, der Wahrheit entsprechend oder anders. Wenn Sie ausgestiegen sind, können Sie den anderen mitteilen, welche Karten Sie abgelegt haben – wieder wahr oder geflunkert. Welchen Weg Sie einschlagen, bleibt Ihnen überlassen, behalten Sie nur Ihr gewünschtes Tischimage im Auge. Locker oder verhalten. Lügner oder wahrheitsverpflichteter Pfadfinder. Was immer Ihnen Spaß macht und nützt. Das Einzige, was wir nicht empfehlen, ist, die Gegner wütend zu machen. Obwohl Sie zweifellos jeden mit den richtigen Bemerkungen in Fahrt bringen können, hilft das auf lange Sicht nicht. Betrachten Sie sich als Dienstleister an einem Tisch, an dem Sie der beste Spieler sind. Die anderen Spieler sind Ihre Kunden. Nur wenn Sie sie gut behandeln, kommen die auch wieder. Immer wieder. Und sie liefern ihr Geld bei Ihnen ab. Abgesehen davon wollen Sie nicht, dass die Supportgruppe der Site Sie als Störenfried markiert und Ihnen eventuell die Chatmöglichkeit abdreht. Dann hätten Sie eine Waffe weniger im Arsenal.
Strategien beim Aufdecken der Karten
In einem No Limit-Holdem-Turnier bekommen Sie A-A in erster Position. Sie erhöhen auf das Dreifache des Big Blind, und alle steigen aus. Sie zeigen Ihr Bombenblatt. Etwas später machen Sie genau das Gleiche, allerdings mit 2-6 von unterschiedlichen Farben. Wieder steigen alle aus, und Sie zeigen Ihre Karten, um die anderen ein wenig am Müll schnuppern zu lassen. Diese Kopfschmerzen werden bei den anderen noch eine Weile anhalten. Das nächste Mal erhöhen Sie mit Spitzenkarten aus erster Position, und vermutlich werden einige zahlen. Ihr Pot wird größer, vorausgesetzt, es gibt keinen Bad Beat.
Durch Chat auf die falsche Fährte locken
Sie spielen Seven-Card Stud und haben 5♦ und 5♠ als verdeckte Karten. Offenliegen bei Ihnen 5♣, 4♣ 6♠ 9♥. Die Gegner zeigen einmal vier Kreuzkarten und einmal zwei Paar. Ihre Riverkarte ist ein enttäuschender J♥. Sie steigen aus. Ein Gegner fragt, was Sie hatten. Sie könnten jetzt sagen, Ihre Straße sei geplatzt. Der Gegner mit den vier Kreuz hat seinen Flush wahrscheinlich fertig, jetzt sieht es so aus, als hätten Sie sich mit der Straße totgekauft, obwohl Sie in Wirklichkeit auf der Jagd nach einem Full House waren. Diese Annahme lässt die Gegner vielleicht das nächste Mal glauben, Sie seien wieder am Kaufen, wenn Sie bereits eine gute Hand haben.