Ein Vergleich zwischen Realwelt-Poker und der Onlineversion – Internet Poker Strategien
Die Welt des Online-Poker ist wahrlich ein eigener Kosmos mit einem einzigartigen Gemenge aus Paradigmen, Sitten und Standards. In diesem Poker-Artikel sprechen wir über die grundlegenden Unterschiede zwischen Online- und Lebendspielern, wir machen eine Tour zu einer Cyberversion eines Spieltisches und werden Ihr bereits vorhandenes trendiges Pokervokabular um einiges an Internet-Sprech aufpeppen.
Einige Charakteristika aus dem Reich des Computerpokers wirken zunächst ziemlich gravierend. Die offensichtlichsten Beispiele sind: die Spielgeschwindigkeit, die Arten von Gegnern, auf die man trifft und wie die Aufmerksamkeit sich verändert, wenn man keine reale Pokerumgebung mehr um sich hat.
Die Einflüsse der Geschwindigkeit
ln einem Kartenclub beanspruchen die physischen Dinge Zeit: Karten müssen gemischt, verteilt und eingesammelt werden. Spieler müssen sich setzen, Chips bewegen, sie passen nicht auf, sind abgelenkt, flirten mit den Cocktailgirls und so weiter. Mischen, Austeilen und das ständige Erinnern irgendwelcher lahmer Typen, sie sollen ihre Karten zum Ende des Spiels zurückgeben, verbraucht viel Zeit. Nicht so in der Onlinewelt: Mischen und Austeilen geschehen automatisch in Sekundenschnelle, die Spieler schieben keine Chips in den Pot, sondern klicken auf Aktionsschaltflächen, und es werden auch keine Drinks auf dem Spieltisch verschüttet. Wie schnell geht es online zu? In einem typischen Realwelt-Kartenclub an einem vollen Tisch schafft ein guter Kartengeber etwa 30 Hände pro Stunde. Es werden etwas mehr, wenn die seit einigen Jahren verbreiteten automatischen Kartenmischmaschinen eingesetzt werden:
Diese Wunderdinger sind im Tisch eingebaut und mischen ein zweites Kartendeck während eines laufenden Spiels. Das Online-Äquivalent schafft locker 60 Hände pro Stunde. Wenn an einem Turbotisch gespielt wird, sogar bis zu 65 (lesen Sie mehr dazu im Abschnitt Superschnelles Onlinespiel weiter hinten in diesem Poker-Artikel). Wenn Sie genug Erfahrung gesammelt haben und an einem Tisch Mann gegen Mann (Heads up) spielen, kann die Zahl auf phänomenale 150 Spiele pro Stunde hochschnellen (mehr zu Heads up in den Poker-Artikel 7 und 10). Spielen Sie wegen der höheren Geschwindigkeit zunächst nur um halb so hohe Einsätze wie in der Realwelt, bis Sie sich an die neuen Bedingungen gewöhnt haben. Das gilt auch, wenn Sie ein alter Hase aus der Realwelt sind (in Poker-Artikel finden Sie mehr über den Weg in die Onlinewelt, und Poker-Artikel bietet interessante Informationen darüber, wie der Zeitbedarf von Gegnern bei einer Entscheidung als Hinweis (Teil) genutzt werden kann).
Die Effekte des schnelleren Spiels erkennen
Die höhere Spielgeschwindigkeit im Internet hat zweierlei Einflüsse auf die Spieler. Da ist zunächst einmal ein anderes Gefühl. Wenn Sie das erste Mal online spielen, können die schnelle Action und der Zeitdruck ein wenig verunsichernd sein. Komisch ist allerdings, dass sich jeder schnell an die höhere Geschwindigkeit gewöhnt und es dann am liebsten noch schneller hätte. Der zweite Faktor ist die deutlich höhere Anzahl an gespielten Händen, die eine Art Multiplikator darstellt. Wer mit negativer Gewinnerwartung spielt oder an einem Tisch mit stärkeren Gegnern sitzt, verliert schneller. Wer andererseits profitorientiert spielt, fährt auch wesentlich schneller Gewinne ein. Die Betreiber (das Haus) verdienen ihr Geld durch die Taxe (rake). Sie nehmen einen kleinen Prozentsatz aus jedem Pot. Je schneller die Spiele ablaufen, desto höher der Profit des Hauses. Die Betreiber haben keinerlei persönliches Interesse am eigentlichen Ergebnis eines Spiels. Sie wollen, dass Spielaktion stattfindet und die Kapazitäten der Site gefüllt sind-je mehr, desto höher der Profit.
Gegen die Online-Uhr spielen
Online haben Sie für jede Entscheidung nur eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung. Die Methode der Zeitbestimmung variiert von Site zu Site und hängt davon ab, ob man Turniere oder Cashgames spielt. Manche Sites geben eine bestimmte Zeitspanne (gewöhnlich 15 bis 30 Sekunden) pro Entscheidung, andere räumen jedem Spieler eine bestimmte Gesamtverzögerungszeit ein. Lesen Sie dazu unbedingt die Spielbedingungen einer Site und erproben Sie die möglichen Zeitverzögerungen im Gratisspielbereich der Seite. Bis man sich daran gewöhnt hat, kann der ständige Zeitdruck psychologisch etwas belastend sein. Tatsächlich kommt es vielleicht sogar zu Überreaktionen, weil man schnell entscheiden möchte. Nutzen Sie jedoch ohne Angst alle verfügbare Zeit. 30 Sekunden sind länger, als man denkt. Schalten Sie den Ton an Ihrem PC an. Es ertönt immer ein akustisches Signal (Biep!), wenn von Ihnen eine Aktion erwartet wird, besonders wenn die Zeit drängt. Das ist besonders hilfreich, wenn Sie parallel noch andere Dinge am PC tun oder an einem zweiten Tisch spielen (verstehen Sie das nicht als Ermunterung, abgelenkt zu spielen. Wir halten überhaupt nichts davon, an mehreren Tischen gleichzeitig zu spielen. Poker-Artikel erläutert, warum wir dagegen sind). Wenn die Zeit für eine Entscheidung abläuft und Sie nichts tun, interpretiert das Programm das als Aussteigen, und Sie sind nicht mehr in der betreffenden Hand. Manche Sites schieben automatisch, wenn alle Spieler vorher auch geschoben haben.
Online geht es auch superschnell
Obwohl es ohnehin schnell genug zugeht, bieten manche Sites noch schnellere Möglichkeiten. Wie geschwindigkeitsverrückte Mechaniker in einer Rennwagen-Wartungsmannschaft kürzen sie die Zeitintervalle noch weiter und nutzen ein paar weitere Tricks und Kniffe, um die Geschwindigkeit noch höher zu jagen. Diese Tische sind meist mit Bezeichnungen wie Turbo, High Speed oder Nehmen Sie einen dreifachen Espresso usw. gekennzeichnet. Für Neulinge im Onlinespiel empfehlen wir diese getunten Tische nicht. Sie sollten zunächst warten, bis Sie sich mit schlafwandlerischer Sicherheit bewegen.
An verschiedene Gegner anpassen
In der echten Welt sind einige Informationen über die Gegner sofort verfügbar. Einige Eigenschaften sind gewöhnlich offensichtlich, wie zum Beispiel Geschlecht und Altersspanne. Andere sind verborgener und nicht sofort zu deuten, wie zum Beispiel Teils, körpersprachliche Signale (über Online-Teils sprechen wir in Poker-Artikel). Aber die Onlinewelt ist anders.
Den Gegner analysieren
Sie spielen nicht nur gegen Leute in verschiedenen Zeitzonen, sondern möglicherweise auch in anderen lindern. Das Internet bietet erstmals Möglichkeiten, gegen Leute an anderen Orten zu spielen. Vielleicht ist es bei einem Gegner früher Nachmittag, bei einem anderen vielleicht drei Uhr nachts. Eine wichtige Information, denn ein übermüdeter Spieler ist immer leichter zu besiegen als ein hellwacher. Jeder kleine Informationsfetzen kann im Laufe des Spiels wertvoll werden. Wenn zum Beispiel jemand während des Endspiels der Fußball-Champions-League im Internet pokert, ist er vielleicht durch die Spielübertragung im Fernsehen abgelenkt. Nutzen Sie jeden noch so kleinen Informationsvorteil den Sie finden können. Ein kleiner Vorteil ist besser als gar keiner, und online sind Vorteile schwieriger zu erlangen als in den vier Wänden. Weil der Gegner Ihnen nicht physisch gegenüber sitzt, verlieren Sie viel an Information. Nicht jeder, der Ihnen im virtuellen Kartenclub begegnet, ist Deutscher oder kann Englisch (natürlich kann es auch zwischen Ziegel und Mörtel Sprachbarrieren geben). Nicht verzagen, ich deren Geld ist etwas wert (nicht vergessen. Ihres genauso), aber es wird nicht immer eine tiefgreifende, engagierte Konversation geben. Auf nahezu allen Sites finden Sie Informationen über den Heimatort, das Land oder beides, wenn Sie mit dem Cursor über das Namensschild des Spielers geben. Tun Sie das.
Internet-Gemotze stört mich nicht
Die Online-Umgebung ist irgendwie anonym, deswegen lassen leider deutlich mehr unfreundliche Typen ihrem unmöglichen Benehmen freien Lauf als in der realen Casinowelt, wo sie vermutlich aus dem Etablissement entfernt würden. Besonders, wenn sie ein dickes Spiel verloren haben. Sie sollten einfach nur mit den Schultern zucken oder die Chatfunktion abschalten, wenn das üble Gerede Sie stört. Ignorieren Sie das Verhalten, achten Sie aber auf bestimmte Muster, die die schimpfenden Gegner dabei unbewusst zeigen. Achten Sie darauf, wenn sie heißlaufen. Das ist an zunehmender Aggression erkennbar und wenn sie aus Frustration in zu vielen Pötten mitrühren.
Es wird aggressiver gesetzt
Wir finden. Onlinespieler setzen viel aggressiver als ihre Offline-Pendants – besonders in den kleineren Pot-Limit- und No-Limit-Partien, wo ein Spieler seinen kompletten Chipvorrat zu jeder Zeit riskieren kann, um daraus einen Vorteil zu erlangen. Vielleicht ist das eine Verallgemeinerung, aber sie scheint zuzutreffen. Mehr über die verschiedenen Spielvarianten, die online angeboten werden (Limit gegenüber No Limit. Turniere gegenüber Cashgames), finden Sie in Poker-Artikel.Einige Sites ermöglichen es per Buttonklick, den Pot zu setzen (bet the Pot). Im realen Spiel setzt das voraus, dass der Spieler den Pot gezählt hat, dann eine entsprechende Menge an Chips abzählt, diese annonciert und (vielleicht in mehreren Portionen) einsetzt. Ein zeitraubender Prozess, der häufig die folgenden Spieler, die den Pot stehlen wollten, etwas ausdünnt (natürlich werden sie dabei genau auf körpersprachliche Hinweise beobachtet). Die wunderbare Computerwelt macht das Ganze automatisch, weil es das Zählen und Setzen der Chips in einem Schritt erledigt.
Automatisch bedeutet einfacher. Und einfacher bedeutet, mehr Spieler wenden es häufiger an als im realen Spiel. Sie werden außerdem feststellen, dass die Onlinegegner viel mehr bereit sind, alle Chips zu riskieren (all in gehen) als die filzkratzenden Äquivalente am realen Tisch. Es wird im Kopf viel einfacher, wenn man nicht die Chipstapel vor sich sieht, die prüfenden Blicke der Gegner fühlt und vor dem Publikum am Tisch mit der enormen Schwere der Entscheidung ringen muss. Es braucht nur eine kleine Bewegung der Maus, dann Klick und – zack! liegen die Chips in der Mitte. Weil Spieler öfterer in gehen, ergibt sich eine größere Varianz im Onlinespiel als in der realen Welt. Sie werden häufiger Ihre Chips verdoppeln, aber auch häufiger in einer Hand rausfliegen, weil die Frequenz hoher Einsätze größer ist. Das bedeutet nicht, dass Sie jetzt Ihre Strategie ändern müssen, aber Sie sollten vorbereitet sein, sonst schockt Sie die schiere Häufigkeit.
Immer auf das Spiel konzentriert bleiben
Ihre Erfahrungen im Onlinespiel werden gründlich von denen der realen Welt abweichen. In der echten Welt der Kartenclubs werden Ihre Sinne von Eindrücken überschwemmt. Der Blick auf die vielen Leute um Sie herum, der Klang Hunderter von Chips, das Flimmern zahlloser Bildschirme mit vier verschiedenen Sportkanälen, die guten und schlechten Gerüche, das Gefühl, Karten vorsichtig aufzunehmen, all das summiert sich zu Ihrer sinnlichen Wahrnehmung des Spiels. Und da kommt schon wieder diese atemberaubende Cocktailkellnerin in ihrem aufreizenden Outfit… Was waren doch gleich Ihre Handkarten? Im Cyber-Kartenclub sind Ihre Sinne stark eingegrenzt. Die Geräusche des Computers sind künstlich erzeugt und sollen nur ansatzweise die reale Umgebung simulieren. Sie werden künstlich hinzugefügt, müssen aber nicht da sein, damit das Spiel richtig abläuft.
Bewegung und visuelle Information ist stark eingeschränkt. Dieser Mangel an typischen Geräuschen und Sicht bewirkt, dass Sie sich viel stärker auf die wenigen Dinge konzentrieren, die Sie sehen: die Höhe eines Einsatzes, wie lange die Person dazu braucht und (in wesentlich geringerem Maße), seinen Beitrag zur Unterhaltung am Tisch über die Chatfunktion (mehr dazu später in diesem Poker-Artikel unter Pokerdialekt internetisch sprechen). Je mehr Sie sich auf diese wenigen Dinge konzentrieren, desto besser können Sie daraus Vorteile ziehen. Mehr dazu in Poker-Artikel (natürlich denken wir nicht, dass in der Online-Pokerwelt alle ständig voll konzentriert sind – immerhin sitzt man vor dem PC. Mehr über das Vermeiden von Ablenkungen zuhause in Poker-Artikel).