Der Turn kann ziemlich entscheidend sein – Internet Poker Grundlagen
Nachdem der Informationswert mit vier Gemeinschaftskarten entsprechend höher ist, sich sozusagen nun die Spreu vom Weizen trennen sollte, ist nun der Einsatz auch der höhere. Die Berechung der Outs und das Kalkulieren der Quoten funktionieren in gleicher Weise wie nach dem Flop. Strategisch gesehen, gibt es – sowohl durch die bessere Information als auch durch den höheren Einsatz – eine völlig neue Situation. Doch diesem Thema widmen wir uns später. Nehmen wir hier ein einfaches Beispiel zur Hand und behandeln es nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit.
Ihre Bunkerkarten sind K♣ – J♣. Sie sitzen in mittlerer Position, und in der ersten Runde sind 4 Spieler, Sie eingeschlossen, im Pot geblieben. Das waren also 4 Einsätze. Dann kam der Flop:
J♠ – A♥ – 10♣
Der Spieler vor Ihnen hat einen Einsatz erbracht. Sie haben 8 Outs gezählt und verfügen außerdem über das zweithöchste Paar (was das höchste wäre, falls kein anderer Spieler ein A hält); also sind Sie mitgegangen. (Ich hoffe. Sie rechnen jetzt selbst nach, warum es 8 Outs sind! Falls es unklar ist, lesen Sie weiter!) Ebenso ein nachfolgender Spieler. Der letzte hat gepasst. Die Summe der Einsätze: 7.
Und jetzt der Turn: 6♥
Der Spieler vor Ihnen checkt. Sofern kein Spieler ein A hält, wäre Ihr gepaarter J das beste Blatt am Tisch. Falls! Was kann aus Ihrem Blatt außerdem noch werden? Die Chance auf ein Flush ist restlos dahin. Die Bauchschussstrasse ist noch möglich, das sind 4 Outs. Dazu kommen zwei J für einen Drilling, zusammen sind das 6 Outs. Ein K als River würde Ihnen zwar zwei Paare formieren, allerdings würde dadurch jede Q in der Hand eines Gegners zur Straße werden. Also, K möchten Sie keinen, und somit sind es bloß 6 Outs. Zwei weniger als zuvor, weil die Möglichkeit zur Hinterflush nicht mehr gegeben ist. 52-6 (bekannte Karten) – 6 (Outs) = 40! 6 zu 40 = (annähernd) 1 zu 7. Keineswegs günstig! Ein Einsatz von zwei Stück wäre somit nur dann gerechtfertigt, wenn er einem Pot von 14 Stück gegenüberstehen würde, was hier nicht der Fall ist, denn selbst wenn beide Spieler mitgehen, sind es nur 11.
Sie könnten nun natürlich davon ausgehen, dass Sie mit dem gepaarten J über das beste Blatt verfügen mögen. Doch nun bedenken Sie Folgendes:
Der Gegner braucht einen Grund zum Mitgehen! Mit Sicherheit geht er mit, wenn er ein A hat. Dann schaut es für Sie allerdings schlecht aus, weil Ihre Kaufwahrscheinlichkeit in keinem günstigen Verhältnis zur Potquote steht. Ginge er aus dem Grunde mit, weil er zwei Herz im Bunker hält, dann wäre Ihr Einsatz gerechtfertigt, denn die Chance auf das Flush (9 Outs) wäre nur etwa 1 zu 4. Mit Q – 9 hätte er einen beidseitig offenen Straßeneingang, doch dafür wäre die Chance noch geringer (8 Outs).
So wie Sie die Outs zählen, so sollten Sie davon ausgehen, dass es auch Ihr Gegner tut (auch wenn’s glücklicherweise nicht immer der Fall ist). Mit Ihrem Einsatz wären 9 Stück im Pot. Für ihn also ein Verhältnis von 2 zu 9 oder 1 zu 4,5. Günstig, wenn er auf ein Flush wartet, etwas weniger günstig für den beidseitig offenen Straßeneingang. Um beide Möglichkeiten, also Flush und beidseitigen Straßeneingang, offen zu haben, bräuchte er exakt Q♥ – 9♥, was sehr unwahrscheinlich wäre. Bauchschussstraße und Drilling würden ein noch schlechteres Verhältnis ergeben.
Sie haben in diesem Fall also abzuwägen, ob der Gegner ein A haben könnte oder wegen einer Kaufmöglichkeit mitgehen würde. Die Möglichkeit des A darf aber nicht unterschätzt werden. Immerhin werden, von Ihren eigenen abgesehen, 18 Bunkerkarten verteilt. Spieler mit einem A in der Hand bleiben meist im Pot (auch wenn ein Mitgehen mit A und niedrigem Kicker nicht unbedingt gerechtfertigt ist). Nachdem wir schon zuvor erwähnt haben, dass es im Zweifelsfalle immer besser ist, vorsichtig und passiv zu bleiben, entschließen wir uns in diesem Fall, das Gleiche zu tun wie unser Vormann. Wir checken!
Es folgt ein Einsatz. Und jetzt, zu unserer Überraschung: Der Spieler, der vor uns gecheckt hat, erhöht!
Diese Strategie nennen wir Check-Raising (to raise – erhöhen). Es ist sozusagen eine Falle, die man dem Gegner stellt, wenn man selbst über ein entsprechend starkes Blatt verfügt. Zuerst checkt man, um vorzugeben, dass man über schwache Karten verfügt, den Gegner zu einem Einsatz motivierend. Bringt er einen, folgt unsere Erhöhung, und wir haben zumindest einen Einsatz mehr im Pot. Das Risiko bei diesem Vorgehen ist natürlich, dass kein Einsatz folgt, was aber gewissermaßen der Möglichkeit entspricht, dass nach dem eigenen Einsatz alle nachfolgenden Spieler passen.
Für uns sieht die Situation nun völlig anders aus. Die Möglichkeit eines Bluffs schließen wir vorläufig noch gänzlich aus. Wir gehen davon aus, dass der Spieler über ein bereits geformtes Blatt verfügt. Er könnte ein A haben, zwei Paare, etwa 10 – 6; oder aber gar K – Q (Straße). Es ist keineswegs auszuschließen, dass er die Straße schon nach dem Flop hätte haben können. Er hatte den ersten Einsatz erbracht, und nachdem keine Erhöhung folgte, konnte er nicht wieder erhöhen. Auch 10 – 10 oder 6-6 wäre zu berücksichtigen Selbst wenn wir eher mit A – x oder 10-6 als mit einem Taschenpaar oder der Straße rechnen, so bräuchten wir doch zumindest einen weiteren J, um zu gewinnen. Es bleibt bei den zuvor gezählten 6 Outs und dem Verhältnis von 1 zu 7. Der Einsatz von nun 4 Stück zu 13 im Pot, 1 zu 3,3, steht dazu in keinem Verhältnis. Wir passen!
Oft ist es übrigens auch der Fall, dass ein Spieler, der schon nach dem Flop über ein Gewinnblatt verfügt, keine Erhöhung vornimmt, um die Gegner nicht schon in der billigen Runde aus dem Pot zu vertreiben. Besonders häufig ist dies der Fall, wenn zwei Asse im Flop liegen. Ein Einsatz, und noch mehr eine Erhöhung, führt hier zum abschreckenden Verdacht eines dritten A in der Hand.