Was tun wir wenn wir kein Glück, Pech haben – Pokerstrategien für fortgeschrittene
Erst hat man kein Glück, und dann kommt auch noch Pech hinzu. Das ist an sich nichts Schlechtes-jedenfalls nicht für deine Mitspieler. Die lauem nämlich bereits wie die Geier. Die Situation, dass ein Spieler über einen längeren Zeitraum hinweg deftig verliert oder anhaltend miserable Startkarten bekommt, die er jedes Mal folden muss, sich anschließend unbeherrscht und unkontrolliert verhält und blödsinnig spielt, bezeichnet man in der Pokersprache als Tilt.
Es ist wohl nur ein geringer Trost, dass auch ein wirklich guter Pokerspieler eine miese Strähne erwischen kann. Denn mit gutem Spiel kann man die Wirkung des Zufalls zwar eindämmen, ganz ausschalten kann man ihn aber nicht. Auch einem erstklassigen Spieler kann schon mal die Galle hochkommen, wenn er mehrmals hintereinander gegen einen dümmlich spielenden Anfänger verliert, nur weil dieser die sprichwörtlich „großen Kartoffeln“ erwischt hat und nun auch noch meint es läge an seiner Qualifikation als begnadeter Pokerspieler. Noch ärgerlicher ist ein nicht vorhersehbarer Bad Beat (wie man diese Ungerechtigkeit des Schicksals in der Pokersprache nennt), wenn man mit einer eigentlich unschlagbar starken Hand von einer noch stärkeren geschlagen wird. Der Bond-Film „Casino Royale“ zeigt eine solche Situation: Hier scheitert ein sicher geglaubtes Full House an einem Straight Flush.
Was kann man dagegen tun, wenn die Falten auf der Stirn bereits die Buchstaben „TILT“ formen? Erst mal herunterfahren. Mach dir bewusst, dass du tilt-gefährdet bist. Geh auf Distanz zu dir selbst. Häng den Stress, unter dem du stehst, nicht an die große Glocke. Es ist schon schlimm genug, wenn deine Mitspieler ihn wittern. Du musst die Hyänen doch nicht auch noch eigenhändig bestätigen und bestärken.
Für dich gibt es nun zwei Alternativen:
-» Verlierst du, obwohl du gut spielst, weil du hintereinander ein paar Mal übles Pech hattest? Dann solltest du weiterspielen. Vorsichtig und konservativ. Die Unglücksserie wird nicht ewig anhalten. Cool bleiben.
-» Oder verlierst du, weil du schlecht spielst und dann noch schlechte Karten hinzukommen? Aufhören! Geh einfach nach Hause.
Wenn du dich dafür entscheidest, weiterzuspielen, ist der beste Tipp, den ich dir geben kann (und ich weiß wovon ich spreche): Spiel vorsichtig!
-» Auf Spieler, die Tilt-Signale aussenden, stürzen sich Mitspieler besonders gerne. Vielleicht ist das so eine Art Rudelinstinkt. Sie werden frecher und nehmen dir einen Bluff weniger leicht ab.
-» Nichts riskieren. Geh nur mit guten Karten an den Start und lege alles andere beiseite. Versuche dann, wieder Schritt für Schritt in dein Spiel zu finden. Auf keinen Fall: Jetzt erst recht!
Spieler auf Tilt neigen dazu, zu hohe Wetten einzugehen, um das verlorene Geld schnell wieder hereinzuholen. Das ist so eine Art Mit-dem-Schinkennach-der-Wurst-werfen. Mit etwa der gleichen Gewinnerwartung könnte man die Chips auch aus dem Fenster werfen.
Wenn aber eine längere miese Serie schließlich einem Hoffnungsschimmer Platz macht und du endlich wieder eine gute Starthand bekommst oder ein Spiel gewinnst, ist es wohl das Beste und Klügste, was du dann tun kannst, laut und vernehmlich durchzuatmen und für alle gut verständlich „Na, endlich!“ zu murmeln…