Turnierpoker spielen, die Anfangsphase – No Limit Pokerstrategien

Pokerturniere gibt es weltweit auf den verschiedensten Einsatzebenen. Allen voran natürlich die World Series of Poker in Las Vegas. Die jährlich ausgetragene Weltmeisterschaft (Buy-in: $ 10.000) ist das Krönungs-ereignis dieses Bewerbes. Ferner gibt es in den USA die World Poker Tour, eine Europameisterschaft, Turniere im Kartenklub – und selbstverständlich auch im Internet, wo Sie Ihr Geschick oft schon um $ 1 probieren können (und wenn Sie wollen, auch wesentlich höher).

Ein zweifelloser Vorteil von Pokerturnieren gegenüber dem regulären Spiel (Ring-Game) ist die niedrigere Provision für den Veranstalter. Die Rake von 5%, die von jedem Pot kassiert wird, summiert sich im Laufe der Stunden zu ansehnlichen Beträgen, die letztendlich vom Spieltisch abgezogen werden. Nur auf Tischen mit hohen Einsätzen reduziert sich dieser Prozentsatz, da die Rake nach oben limitiert ist.

In Pokerturnieren verlangt der Veranstalter üblicherweise etwa 10% der Nenngebühr. Von diesem Prozentsatz abgesehen, wird die Summe der Einsätze, nach einem vorgegebenen Schlüssel, voll an die Gewinner ausgeschüttet. Die Schemen der Gewinnausschüttung sind unterschiedlich. Das nachfolgende Beispiel ist eine Richtlinie.

Gewinnverteilung im Pokerturnier

Platzie­

rung

bis 20 21 – 50 51 – 100 101 – 200 201 – 300 (Spieler)
1. 50% 40% 30% 30% 28%
2. 30% 24% 20% 20% 18%
3. 20% 16% 12% 10% 10%
4. 12% 10% 10% 7,5%
5. 8% 8% 6% 6%
6. 6% 5% 5%
7. 5% 4% 4%
8. 4% 3% 3%
9. 3% 2,5% 2%
10. 2% 2% 1,5%
11. – 20. 1% 1%
21. – 30. 0,5%

Wie Sie sehen: Je mehr Spieler an einem Turnier teilnehmen, desto größer ist die Zahl der Gewinner. Allerdings, die Gewinne sind ab dem 10. Platz meist nur unwesentlich höher als die Nenngebühr – es sei denn, es handelt sich um eines der seltenen Turniere mit Tausenden von Teilnehmern (wie etwa die Weltmeisterschaft), in denen ein halbes Prozent der Einsatzsumme die Nenngebühr bereits merkbar vervielfacht.

In der Weltmeisterschaft 2005, mit 5.619 Nennungen, gewann:
■ Platz 100: $ 77.710,
■ Platz 200: $ 39.075,
■ Platz 400: $ 18.335
■ Platz 501 bis Platz 560: $ 12.500 (was zumindest die Nenngebühr zuzüglich Reisespesen decken sollte)

Und während der unglückliche 561. immerhin noch ein Freiticket für das Ereignis im folgenden Jahr überreicht bekam, warteten auf den Sieger stolze $ 7.500.000!!!

Selten gibt es Turniere mit limitierten Einsätzen oder Potlimit. Die meisten werden No-Limit ausgetragen, und mit diesen setzen wir uns hier somit auch auseinander.

Am Beginn des Turniers erhält jeder Teilnehmer die gleiche Anzahl von Chips. Oft sind es 1.000 oder 1.500, gelegentlich mehr. Nachdem hier die Voraussetzung für alle Spieler die gleiche ist, macht die Höhe der Anfangschips natürlich absolut keinen Unterschied.

Sobald ein Teilnehmer alle Chips verloren hat, ist er aus dem Spiel. Um die Spielerzahl auf allen Tischen ausgeglichen zu halten, werden einzelne Tische immer wieder aufgelöst. Die Spieler werden dann auf andere Tische, an denen Plätze frei geworden sind, aufgeteilt.

Nachdem sich die Chips der ausgeschiedenen Teilnehmer unter den verbleibenden Spielern verteilen, wird der Mindesteinsatz auch regelmäßig erhöht. Nachdem auf den einzelnen Tischen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit gespielt wird, wird diese Erhöhung in bestimmten Zeitabständen vorgenommen und nicht nach einer bestimmten Anzahl von Spielen. Je nachdem, für welchen Zeitraum ein Turnier geplant ist – zwischen etwa zwei Stunden und mehreren Tagen -, wird die Zeitspanne festgesetzt, nach der eine Erhöhung der Blind- bzw. Mindesteinsätze erfolgt. Beginnt das Turnier mit 1.000 Chips, sind die Blindeinsätze der ersten Ebene meist 5/10, 20/40 in der zweiten, 30/60 in der dritten und so weiter. Nach einiger Zeit übersteigen die Mindesteinsätze somit auch den anfänglichen Stack.

Spielen Sie im Internet, wo sich jede einzelne Bewegung sofort und problemlos registrieren lässt, haben Sie auch ständig Zugang zu folgenden Informationen (in Live-Turnieren ist dieser Informationsvergleich nur in entsprechenden Pausen erstellbar):
■ Wie viele Spieler sind noch im Turnier?
■ Wie hoch ist der durchschnittliche Stack?
■ Wie hoch ist der größte Stack (auch der kleinste, doch die Bedeutung ist unwesentlich?
■ Die Position der einzelnen Spieler, gemessen an der Höhe des Stacks

Die Spielstrategie ist in Turnieren ähnlich wie in regulären No-Limit- Spielen. Der markanteste Unterschied ist hier der Zeitfaktor! Im Ring- Game, also im regulären Spiel, ist dieser unbegrenzt. Erhalten Sie dort über einen langen Zeitraum hinweg nur schwache Karten, so können Sie geduldig warten, bis sich die Geschicke wieder ändern werden. Im Turnier, insbesondere, wenn es sich um ein schnell gespieltes handelt, steht Ihnen diese Möglichkeit nicht zur Verfügung. Besonders dramatisch wird dieser Umstand in der letzten Phase des Spiels, wenn der Mindesteinsatz, und damit der regelmäßig zu erbringende Blindeinsatz, einen signifikanten Prozentsatz des Stacks ausmacht.

Die Anfangsphase
Wie vorsichtig oder riskant, vor allem in der Anfangsphase eines Turniers, gespielt wird, hängt in erster Linie von der Höhe des investierten Geldes ab und natürlich auch, ob es sich um ein Live-Turnier oder um eine Online-Begegnung handelt.

Spielt jemand in einem Internetturnier mit $ 2 Nenngebühr, und nach jeweils 30 Minuten beginnt ein neues, dann wird er sich wohl kaum sonderlich darum sorgen, nicht schon in den ersten Minuten des Turniers eliminiert zu werden. Anders hingegen, wenn die Nenngebühr einen soliden Betrag ausmacht. Und noch vorsichtiger ist das Verhalten eines Spielers, der womöglich in eine
andere Stadt reist und dort vielleicht auch eine Übernachtung eingeplant hat.

In der Anfangsphase verfolgen Sie zwei Ziele zur gleichen Zeit: Sie verhalten sich passiv, vermeiden das Verschwenden auch kleiner Einsätze, warten, dass sich die Teilnehmerzahl durch Konfrontationen anderer verringert – und gleichzeitig ist es Ihr Interesse und auch die Notwendigkeit, Ihren Stack aufzubauen, um nicht in der Folge in eine entscheidend nachteilige Situation zu geraten!

So sehr die beiden Ziele unvereinbar erscheinen, so sehr helfen hier Erfahrung, Überlegung und Vorsicht!

In jedem Fall können Sie davon ausgehen, dass, solange Sie Ihren Anfangsstack nicht entscheidend reduziert haben, Sie immer über eine respektable Chance verfügen, sich in die Endphase des Spiels zu bewegen. Nehmen wir an, Ihre Karten sind grundsätzlich schlecht. Spiel um Spiel passen Sie, finden sich auch nie in der Situation, Ihren Blindeinsatz zu verteidigen, so werden Sie zu einem gewissen Zeitpunkt fest-stellen, dass die Hälfte der Spieler bereits eliminiert worden ist, während Sie noch immer 80 bis 90% des Anfangskapitals vor sich am Tisch sehen. Natürlich hat sich, ist das Feld auf die Hälfte reduziert, der durchschnittliche Stack auf das Doppelte erhöht. Solange Ihr Stack aber nicht wesentlich kleiner ist als ein halber durchschnittlicher, verfügen Sie in jedem einzelnen Spiel über die Möglichkeit, wenn Ihr Blatt es zulässt, diesen dem Durchschnitt anzugleichen!

Um sich also, auch im Falle ungünstiger Kartenverteilung, einen gefechtsstarken Stack zu erhalten, ist es von größter Wichtigkeit, auch mit kleinen Einsätzen sorgsam umzugehen. Und nun sind wir wieder bei dem Punkt angelangt, der besagt, dass wir in früher Position nur wirklich starke Karten spielen.

Gehen wir von 1.000 Anfangschips aus, und die Blinds sind 5/10. Sie sitzen Under-the-Gun und halten Q* – J* in der Hand, ein wirklich viel versprechendes Blatt. Mit Freuden würden Sie 10 Chips darauf investieren. Allerdings, Sie wissen, wie klein die Chance auf ein Flush ist. Auch wissen Sie, dass irgendjemand am Tisch, und vermutlich mehr als einer, A oder K in der Hand hält oder ein Taschenpaar. Folgen dem Ihren nur ein oder zwei Einsätze, rechnet sich die Potquote nicht. Folgen hingegen mehrere Einsätze, und die Potquote würde sich rechnen, findet sich aller Wahrscheinlichkeit nach ein Spieler, der sein Blatt, ob es nun ein Taschenpaar ist oder A-K, dazu ausnützen möchte, entweder die Summe der Einsätze abzukassieren oder zumindest das Feld auf einen einzigen Gegner zu reduzieren. Würden Sie mit den genannten Karten aber, bei einer drastischen Erhöhung, mitgehen? Sicher nicht! Was ist also die Schlussfolgerung? Auch wenn es schwer fällt – passen!

Natürlich bedeutet das nicht, dass Sie unbedingt passen müssen! Sie können einerseits, wenn Ihr Stack es zulässt, einen vorsichtigen Einsatz bringen, und andererseits, wenn es Ihre Spielerfahrung erlaubt, eine Erhöhung vornehmen und die Führung übernehmen. Sie könnten durch diese Erhöhung A – 2 und A – 5, vielleicht sogar A – 10, kleine Taschenpaare und vieles mehr aus dem Pot drängen. Es hängt davon ab, ob Sie in dieser Spielphase eher zurückhaltend oder doch aggressiv agieren wollen.

In einem Ring-Game könnten Sie das Risiko immer in Kauf nehmen und hoffen, dass es zu keiner Erhöhung kommt, da Sie, wenn Ihre Chips knapp werden, jederzeit nachkaufen können. Im Turnier müssen Sie sich immer bewusst sein, dass Ihre Chips beschränkt und nicht ergänzbar sind. Bringen Sie in einem solchen Grenzfall einen Einsatz, dann bedenken Sie, dass Sie unter Umständen einen beträchtlichen Teil Ihres Stacks damit aufs Spiel setzen.

Glauben Sie aber nicht, dass sich alle Turnierspieler so verhalten! Gott sei Dank, auch hier wimmelt es von Gambiern und Optimisten! Wo sonst sollte unser eigener Vorteil herkommen? Nochmals möchte ich daran erinnern, dass, wenn immer wir mit zweifelhaften Karten mitgehen, auch die Verlockung folgt, auf einen mittelmäßigen Flop einzusetzen. Die Outs mögen es rechtfertigen, doch nur in Verteidigung des ersten, ungerechtfertigten, Einsatzes. Die Erfahrung lehrt uns hier, dass es zu häufig passiert, dass wir, auf Grund eines riskierten kleinen Einsatzes, letztendlich eine nennenswerte Anzahl von Chips verlieren.

Irgendwann bietet sich die Chance zum Angriff! Sind Sie es, der in später Position über A – K, vielleicht sogar einfarbig, J – J oder Q-Q verfügt, dann können Sie zur Attacke blasen! Sie können, wenn keine Bewegung vor Ihnen Gegenteiliges rät!

Grundsätzlich können Sie auch hier von dem Prinzip ausgehen, dass kleine Erhöhungen eher auf ein starkes Blatt schließen lassen – soll doch zumindest ein Gegner im Pot bleiben. All-ins hingegen sind häufig mit der Absicht gebracht, alle Spieler aus dem Pot zu drängen. Nicht unbedingt als Bluff, doch mit kleinen Taschenpaaren oder A – 10. In beiden Fällen hat der Spieler, im Falle, dass jemand den Einsatz hält, von den wenigen Ausnahmen (etwa A – K gegen A – 10 oder die Begegnung zweier Taschenpaare) abgesehen, eine 50:50-Chance.

Wenn ich derartige Tendenzen andeute, so müssen Sie aber trotzdem auch immer darauf vorbereitet sein, dass Spieler sich bewusst anders verhalten! Dass die kleine Erhöhung aus strategischen Gründen, und nicht von guten Karten bedingt, durchgeführt wird; oder dass hinter dem All-in doch A – A oder K – K stecken könnte! Auch neigen eher schwächere Spieler dazu, ihre American Airlines zu überspielen; das Risiko nicht respektierend, dass sie alle Gegner verlieren
könnten.

Wird ein strategischer Angriff unternommen, der zu einem gewissen Grade, durch entsprechende Karten, rechtfertigbar zu sein hat, so verfügt der, der die Erhöhung vornimmt, immer über den Vorteil! Er übernimmt die Führungsrolle am Tisch! Auf seine Entscheidung wird gewartet. Er kann das Spiel manipulieren!

Den Gegner hier eines Bluffs zu verdächtigen und mit schwachen Karten mitzugehen ist eines guten Spielers nicht würdig! Halten Sie J – 10 in der Hand, so wissen Sie niemals, ob der Bluff nicht mit K – 3 (oder Ähnlichem) unternommen worden ist, was Sie in die nachteilige Position versetzen würde.

Im Ring-Game setzen Sie grundsätzlich immer auf Ihren kalkulierten Vorteil. Im Turnier werden Sie aber nicht unnötig Ihre Position aufs Spiel setzen, auch wenn die Verlustgefahr weniger als 50% betragen sollte! Auch wenn wir uns eines Bluffs sicher sein sollten, so gehen wir – in dieser Spielphase – üblicherweise, wenn nicht ausnahmslos, nur dann mit, wenn eine unserer beiden Karten ein A ist; oder natürlich mit einem entsprechenden Taschenpaar. (Spielen wir mit A – 5 gegen A – 8, dann war der Angriff des Gegners nicht wirklich ein Bluff!)

Vor allem schwächere Spieler lieben es, mit viel versprechenden Karten schon vor dem Flop All-in zu setzen, weil sie sich dadurch vor der möglichen strategischen Überlegenheit eines Gegners am Flop schützen! Nehmen wir an, ein Spieler hält A♦ – Q♦ und hat damit aggressiv erhöht, sagen wir, ein Drittel seines Stacks. Es findet sich ein Caller! Es folgt der Flop:
K♣ – 3♣ – 8♠

Und jetzt kommt der Gegner mit einem kräftigen Einsatz! Was nun? Hat er den König? Wenn ja, dann schaut es schlecht aus! Oder gar 8 – 8 oder 3-3? Vielleicht hat er aber nur zwei Treff? Wäre es eine All-in-Begegnung, dann gäbe es nichts zu überlegen. Die Karten fallen bis zum River auf den Tisch – die Entscheidung ist unabwendbar! Doch jetzt?

Vermutlich wäre es das Beste, zu passen! Zumindest, wenn die Eigenschaften des Opponenten zu nichts anderem raten! (Nicht vergessen, wir sind in der ersten Spielphase!) Verfügen wir hingegen selbst über entsprechende Spielerfahrung und haben uns noch dazu, durch unsere vorangegangene Spielweise, entsprechenden Respekt am Tisch verschafft, dann können wir den oder die Gegner in den Pot locken und mit einer kräftigen Erhöhung in die Defensive zwingen. Lassen Sie mich aber hier nochmals und deutlich wiederholen: mit der entsprechenden Spielerfahrung! Und auch unter der Überlegung, mit welchen Karten kann der Gegner wohl mitgegangen sein? A – K? Oder mit einem Taschenpaar – das im gegebenen Fall auch dann dominant ist, wenn es nicht zum Drilling geworden ist?

Ein Fehler, der, eindeutig durch Emotionen bedingt, im Turnierpoker sehr häufig begangen wird, ist das Aufgeben, sobald eine drastische Verringerung des Stacks in Kauf genommen werden muss. Sie haben Ihre Anfangschips verdreifacht! Sie halten Q – Q in der Hand und investieren 1.000 Chips. Der Flop bringt nun A – K – x. Es kommt ein Einsatz von 500!

Mit Ihren 3.000 Chips, zum gegebenen Zeitpunkt knapp über dem Durchschnitt, haben Sie sich wohl gefühlt! Ihre beiden Damen haben Sie zu Optimismus verleitet. Und nun haben Sie diesen verdammten König, mit dem noch verdammteren Ass, am Tisch. Wollen Sie sich so leicht geschlagen geben? Was, wenn der Kerl nur blufft? Vielleicht können wir ihn davon überzeugen, dass wir A – A oder K – K im Bunker halten. Letztendlich war unser Einsatz vor dem Flop hoch genug dafür! Wir wollen keine Rückschläge! Der Weg zum Final Table ist noch weit, und dafür brauchen wir Kapital. Jetzt oder nie: „All-In“!

Einen König könnten Sie damit vielleicht beeindrucken. Ein Ass sicher nicht!
Jedenfalls, glauben Sie mir, mit verbleibenden zwei Drittel spielt es sich besser als ohne Chips!

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