Navigation durch den Kasino-Irrgarten
Von Monaco, dem Las Vegas Europas zur Queen Mary II, dem größten Kreuzfahrtschiff der Welt sind fast alle Kasinos nach einem ähnlichen Grundmuster aufgebaut. Auch in kleineren Spielclubs kann man ähnliche ästhetische und funktionelle Kennzeichen finden wie in den Megaresorts der USA. Diese Ähnlichkeiten sind kein Zufall. Kasinobetreiber wissen sehr genau, wie es im Kopf eines Spielers zugeht und sie gestalten das Innere der Häuser so, dass sich jeder wohl fühlt, während er sein Geld da lässt.
In diesem Artikel machen wir einen kleinen Spaziergang, damit Sie auf den Anblick und den Klang vorbereitet werden, nachdem Sie durch die neongefluteten Eingangstüren marschiert sind. Gute Vorbereitung ist der Schlüssel, um die Kontrolle zu behalten. Sie werden verstehen, was ich meine, wenn Sie feststellen, dass Sie beim Lesen dieses Artikels unbewusst nach Ihrer Brieftasche greifen wollten.
Denken Sie daran, beim Glücksspiel geht es um impulsive Taten. Das Layout des Kasinos verstärkt diesen Impuls. Dieses Mysterium abzulegen, ist Ihr erster Schritt, mit dem Sie Ihre Gewinnchancen verbessern. Ich schlage vor, dass Sie – ergänzend zu unserem virtuellen Spaziergang – bei Ihrem ersten wirklichen Besuch einer Spielstätte Folgendes tun, bevor Sie den ersten Euro auf den Tisch legen oder in den Automaten stecken: Bereiten Sie sich vor. Nicht gleich weiter gehen, sondern tief durchatmen und den Blick herumschweifen lassen.
Das Konzept von Las Vegas
Wer sich an einem glühendheißen Sommertag mit qualmenden Füßen den betonharten Bürgersteig am Strip von Las Vegas entlang quält (außerhalb der klimatisierten Wunderwelten der Kasinos), kommt früher oder später am imposanten Bellagio-Hotel and Casino vorbei. Dort wurde die perfekte Kopie einer malerischen italienischen Seenlandschaft errichtet. Grünes Gras auf sanften Hügeln durchsetzt von künstlichen Felsen, wunderschöne Pinien, eine Kulisse von Häusern im typischen italienischen Design mit ockerfarbenem Anstrich und das alles an einem mehrere Hektar großen künstlichen See. Der perfekte Ort, um sich im Gras niederzulegen oder auf eine Bank zu setzen und die gemarterten Füße im Seewasser zu kühlen.
Doch das bleibt ein Traum. Das See-Ufer ist unerreichbar und durch eine schöne, aber undurchdringliche Balustrade gesichert. Und es gibt weit und breit auch keine Bank, um sich auszuruhen. Das Bellagio existiert – ebenso wie der Rest der Kasinolandschaft am Strip von Las Vegas – nicht, damit man auf einer Bank am See kontemplativen Gedanken über die Schönheit der künstlichen italienischen Landschaft nachhängen kann. Wer sich in Las Vegas hinsetzen möchte, kann das gern tun. Dann aber bitte an einem Spieltisch oder an einem Automaten. In Windeseile erscheint dann auch ein hilfreiches Cocktailgirl – und mit einem erfrischenden Drink sind nach kürzester Zeit die schmerzenden Füße vergessen.
Reinkommen ist einfach
Überraschend schnell befindet man sich mitten im Auge des Wirbelsturms von Eindrücken im Spielbereich. In den Staaten mit uneingeschränktem Zugang zum Spiel wie Nevada oder New Jersey kann man von der Straße oder aus dem Taxi nach wenigen Schritten mitten im Geschehen sein. Während Sie noch mit einer Hand die Tür für Ihre bessere Hälfte aufhalten, holen Sie mit der anderen schon Schwung, um die Würfel über den Crapstisch rollen zu lassen. Die Kasinos wollen Sie nicht daran hindern, so schnell wie möglich zu Ihrem favorisierten Spiel zu gelangen.
Viele Kasinos lassen allerdings auch Möglichkeiten, den Atem anzuhalten und ein wenig geistiges Stretching zu absolvieren, bevor man sich mitten ins Getümmel stürzt. Oft findet man nach Passieren des imposanten Eingangs eine Lobby oder ein prächtig ausgestattetes Foyer. Die meisten Kasinos haben angeschlossenen Hotels und man sieht den Empfangstresen, uniformierte Bedienstete, die Gepäck transportieren, und all das Gewusel im Eingangsbereich eines großen Hotels. Während einige Spieler es kaum erwarten können, sich der nur wenige Schritte entfernt wartenden Aufregung zu widmen, sind andere zunächst geblendet und erstarren ehrfürchtig angesichts des Luxus, den sie wahrnehmen.
Diese Engstelle ist bewusst als Teil der Marketingstrategie des Hauses angelegt: Sie sollen weiter zu den Spielen gelockt werden. An der Schwelle zum Spielbereich wirken sämtliche Klänge, visuelle Effekte, die bunten Lichter und die summende Energie der Menschenmassen auf Sie ein, selbst aus einiger Entfernung. So wie ein kleines Kind sich nach hellen bunten Dingen streckt, so werden Kasinobesucher magisch von den Geräuschen und optischen Eindrücken des Spielbereichs angezogen.
Innenarchitektur ist für ein Kasinolayout das gleiche wie Strömungsmechanik für einen Flugzeugbauer. Die vorwärts gerichtete Bewegung der Besucher ist das Ergebnis einer riesigen Ansammlung von Verlockungen aus flirrenden Farben, blinkenden Lichtern und einer Temperatur, die so geregelt ist, dass man sie einfach nur als angenehm empfindet. Und jede andere Örtlichkeit in dem riesigen Komplex – Fahrstühle zu den Zimmern, Toiletten und Restaurants – ist so angeordnet, dass Sie durch oder gefährlich nahe am Spielbereich vorbeikommen müssen.
Die Spielautomaten und Video-Pokermaschinen sind meist in der Nähe des Eingangs positioniert. Die Marketingleute haben sie bewusst dort aufgestellt. Jeder soll erst einmal gefahrlos das Wasser testen. Was sind schon 50 Cents oder ein Vierteldollar? Etwas weiter dann der eigentliche Spielbereich: ein virtueller Karneval in vier Wänden, wo die Atmosphäre vor Aufregung knistert. Man kann die pulsierende Energie fast körperlich spüren.