Mit Näherungswerten im Texas Holdem rechnen

Wenn Sie Ihre Outs und die Pot Odds kennen, können Sie mathematisch korrekte Entscheidungen fällen.

Outs und Pot Odds kombinieren
Regel Nummer 1 zum Mitgehen: Die Chance, das Blatt zu kaufen, muss besser sein als die Pot Odds. Auf die Art machen Sie mathematisch Geld beim Pokern (Mathefreaks nennen es positive Erwartung, positiver Erwartungswert[+EV] heißt es bei den Pokergurus). Einfach formuliert bedeutet es: Die Belohnung ist höher als das Risiko, wenn Sie versuchen, Ihr Blatt durch Kartenkauf zu verbessern. Wenn es Sie verwirrt, welcher Wert von beiden höher sein muss, denken Sie an ein extremes Beispiel: Wäre es für Sie okay, wenn Sie auf eine l:l-Chance (z.B. Münzewerfen) im Gewinnfall 10:1 ausgezahlt bekommen? Natürlich wäre das okay. Verstanden?

Schnelle Rechentricks nutzen
Wenn Sie im Kopf die beschriebenen Berechnungen anstellen, müssen Sie nicht so präzise rechnen wie Rain Man. Nutzen Sie Näherungswerte, wann immer es angezeigt ist. Nehmen wir nochmals unser Beispiel aus der Abbildung. Sie wissen, Sie haben zwölf Outs bei 47 unbekannten Karten. Sie werden also in etwas mehr als einem von vier Fällen Ihr Blatt machen. Wie wissen Sie das? Dividieren Sie nicht im Kopf 47 durch 12. Bedenken Sie statt- dessen, dass 48 durch 12 exakt 4 ergibt. Weil 47 um eins kleiner als 48 ist, sind Ihre Chancen deswegen etwas höher. Für die Abbildung bedeutet das, sobald die Pot Odds höher als 4:1 sind, ist es korrekt, den erforderlichen Einsatz zu bringen.

Die nächste Abbildung zeigt die Wettrunde nach dem Flop. Sie haben gecheckt, ein Spieler nach Ihnen hat gesetzt, einer ging mit, einer ist ausgestiegen. Ihre Pot Odds sind nun besser als 6:1 (vier Einsätze vor dem Flop, zwei nach dem Flop plus der Small Blind) und Ihre Chance, die Hand zu machen, ist etwas besser als 4:1, deswegen sollten Sie mitgehen.

Mit Näherungswerten im Texas Holdem rechnen 14

Wenn Sie schnell im Kopf rechnen müssen, stehen Ihnen einige Tricks zur Verfügung. Nochmals – es kommt auf gute Näherungswerte an, nicht auf die vierte Stelle hinter dem Komma. Beim Zählen von Outs und den nachfolgenden Berechnungen ist es einfacher, sowohl für Turn als auch für River mit 48 Karten zu rechnen (obwohl es 47 bzw. 46 sind), denn 48 lässt sich sehr gut durch gerade Zahlen teilen. Damit schätzen Sie Ihre Chancen geringfügig zu tief ein, aber das ist kein Problem, sondern bildet einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor. Was Sie nicht tun sollten wäre, Ihre Chancen zu hoch einzuschätzen.

Implied Odds berücksichtigen
Implied Pot Odds sind eine Erweiterung des Pot Odds-Konzeptes. Man könnte implied Pot Odds als eine Art potenzielle Potquote bezeichnen. Damit ist das Verhältnis zwischen dem Betrag, den man gewinnen sollte, und der aktuell geforderten Einsatzhöhe gemeint, wenn das Wettgeschehen einem erwarteten Muster folgt. Wenn Sie beispielsweise einen Einsatz auf dem Turn bringen wollen und ziemlich sicher sind, dass der Spieler nach Ihnen ebenfalls mitgehen wird, dann können Sie seinen Einsatzbetrag in die Kalkulation der implied Odds mit einbeziehen.

Weil implied Odds einen Zukunftsaspekt haben und daher zum Teil unwägbar sind, müssen ziemlich große Annahmen bezüglich des Setzverhaltens der anderen Spieler getroffen werden. Weil implied Odds mehr Geld implizieren, ist die Neigung da, mehr mitzugehen. Und mehr mitzugehen, kann durchaus ein Weg sein, sein Kapital zu verlieren. Wann immer Sie unsicher sind, was die Gegner in noch folgenden Bietrunden tun werden, sollten Sie keinerlei Annahmen bezüglich implied Odds treffen.

Pot Odds sind immer aufgrund einer gegebenen Situation mathematisch untermauert. Für Ihren Einsatz bekommen Sie im Gewinnfall einen bestimmten Betrag. Implied Odds sind mathematisch nicht untermauert, sondern enthalten ein spekulatives Element und sind deswegen ein wenig fragwürdig. Ein Beispiel, wann implied Odds ziemlich präzise sein dürften, ist die Calling Station: Das ist jemand, der nahezu jede Hand spielt und immer mitgeht. Da können Sie annehmen, dass sein Geld in jeder zukünftigen Runde in den Pot geht und die Beträge einfach addieren.

Wenn die Gegner nicht extrem gut vorhersagbar sind, kommen implied Odds bei Limit Hold’em nicht zum Tragen. Bei No Limit ist das allerdings anders. Jedes Mal, wenn ein Spieler die Hälfte seiner Chips in den Pot schiebt, können Sie ziemlich sicher sein, dass die andere Hälfte in der nächsten Bietrunde kommen wird. Ähnlich ist es, wenn ein Spieler groß mitgeht und dabei z.B. 80 Prozent seiner Chips investiert. Im weiteren Spiel wird er nahezu immer die restlichen 20 Prozent setzen. Sie müssen diese Dinge in Ihre Kalkulationen einfließen lassen.

Münzwurf
Es gibt eine Standardsituation im Hold’em, die angesprochen werden muss, nämlich die Konfrontation Paar gegen zwei höhere Karten (Pairvs. Overcards, die extreme Situation wäre 2-2, das schlechteste Paar, gegen A-K, die besten Overcards). Diese Situation wird oft Münzwurf genannt, teilweise wegen der Fernsehübertragung von Turnieren, wo der Begriff inflationär oft verwendet wird.

Bevor irgendwelche Gemeinschaftskarten aufgedeckt werden, ist das Paar ein klein wenig im Vorteil. Die exakten Prozentwerte hängen von ein paar Faktoren ab:
✓ Die zugehörigen Farben: Für das Paar ist es besser, wenn die Overcards eine oder zwei andere Farben haben als das Paar. Dadurch wird die Flushgefahr etwas reduziert.
✓ Straight-Behinderung: Wenn das Paar irgendwelche Straightmöglichkeiten der Overcards stört oder einschränkt, werden dadurch effektiv Outs für die Overcards reduziert. 10-10 ist gefährlicher für Overcards wie A-K als 7-7, weil dadurch zwei Karten für den Broadway- Straight fehlen.
✓ Wie klein das Paar ist: Ein Blatt wie 2-2 wird durch ein Board wie 3-3-4-4-5 wertlos. Jetzt gewinnt jeder, der eine Karte höher als 5 hält. Je höher das Paar, desto schwieriger kann es durch eine vergleichbare Boardkonstellation wertlos gemacht werden.
✓ Lücke in den Overcards: Je größer die Lücke, desto schwieriger kann eine Straße gemacht werden. Statistisch betrachtet wäre es besser, 10-J gegen 2-2 zu halten, als A-K, denn mit 10-J sind viel mehr Straights möglich (von 7-8-9-10-J bis zu 10-J-Q-K-A). A-K ist nach oben blockiert und für das Wheel (A-2-3-4-5) fehlen bereits zwei Zweier.

Die Unterschiede sind allerdings wirklich gering. Wenn Sie das Verhältnis mit 55 Prozent zu 45 Prozent für das Paar ansetzen, sind Sie in der richtigen Größenordnung. Das Verhältnis gilt vor dem Flop und setzt voraus, dass anschließend das Board komplett ausgeteilt wird. Nach dem Flop wird es eng für die Overcards, wenn kein Paar getroffen wurde und das Paar dominant wird. Wenn die Overcards auf dem Flop ein Paar treffen, ist das kleinere Paar nahezu vernichtet und kann nur durch einen Drilling auf dem Turn oder River gerettet werden.

Münzwürfe bei Limit Hotd’em
Es ist selten klar, ob Sie im Limit Hoid’em in einer Münzwurfsituation sind, denn es besteht nicht die sofortige Gefahr für ein All in. Wenn Sie allerdings glauben, in einer 50/50-Situation zu sein, sollten Sie immer mitgehen (egal ob mit dem Paar oder den Overcards), denn die Pot Odds werden wegen der Blinds und anderer Einsätze immer höher sein als 1:1.

Ein kleines Paar spielen
Wenn Sie das kleine Paar haben, können Sie bei Limit weiter setzen (auch als Erster), müssen aber genau beobachten, wie Ihr Gegner beim Aufdecken der Gemeinschaftskarten reagiert. Wenn der Wert Ihrer Paarkarten höher ist als jede Karte im Board, können Sie gnadenlos an- spielen (und erhöhen). Die einzige Bedrohung wäre, wenn jemand ein Overpair zurückhaltend spielt, wenn ein Paar den Drilling mit dem Board trifft oder wenn etwas wirklich Schräges passiert, z.B. der Big Blind mit 2-6 zwei Paar macht.

Die Overcards spielen
Wenn Sie mit den Overcards im Flop nichts treffen, sollten Sie ans Aufgeben denken, es sei denn, Ihre Outs und Pot Odds lassen ein Mitgehen zu. Eine Ausnahme wäre, wenn Sie glauben, dass Sie den Gegner mit einem Bluff zum Aussteigen bringen. Grob betrachtet sollten Sie den Bluff versuchen, wenn Sie meinen, dass der Gegner zweimal so oft aussteigen wie mitgehen wird. Aber nicht vergessen: Je öfter Sie einen Bluff versuchen, desto öfter wird jemand mitgehen.

Münzwürfe bei No Limit
Bei No Limit sehen oder zumindest vermuten Sie die meisten Münzwurfsituationen. Vor dem Flop mit einem kleinen Paar all in zu gehen, ist dabei ein normales Manöver, besonders
✓ um früh in einem Turnier viele Chips anzusammeln
✓ um aufzudoppeln, wenn jemand nur noch wenige Chips hat
✓ als Semibluff, um höhere Karten aus dem Spiel zu drücken

Als Faustregel sollten Sie gegen Spieler, die Sie für besser halten, jede Münzwurfsituation mit Eifer spielen, besonders wenn Sie das Paar haben (weil es einen kleinen mathematischen Vorteil hat). Eine Zufallsentscheidung ist hier besser als stundenlanger, zermürbender Kampf gegen einen besseren Gegner. Wenn Sie gegen jemanden spielen, den Sie für schlechter halten, vermeiden Sie Münzwurfsituationen und versuchen Sie, ihn durch geschicktes Spiel zu vernichten.

Overcards im No Limit spielen
Aus früher Position empfehle ich nicht, sofort mit Karten wie A-K all in zu gehen. Es ist besser, zunächst mit einer Erhöhung (z.B. den dreifachen Big Blind) anzuspielen und dann zu sehen, was passiert. Wenn mehrere Gegner ohne zu erhöhen nur mitgehen, könnten das Hinweise auf die Asse am Tisch sein. Jeder, der ein Ass oder einen König hält, reduziert Ihre Outs, wenn Sie gegen ein Paar spielen.

Wenn jemand mit wenigen Chips hoch setzt, können Sie mitgehen oder mit einer massiven Erhöhung dagegen feuern, um ihn zu isolieren. Sie wollen so sicher wie möglich eine Einzelauseinandersetzung mit diesem Spieler. Wenn es vor Ihnen zu einem All-in-Gemetzel kommt, bei dem mehrere Spieler ihre Chips in den Pot schieben, sollten Sie aussteigen. Denn nahezu immer wird jetzt ein hohes Paar (A-A oder K-K) unterwegs sein. Genau diese Karten bräuchten Sie aber und weil mehrere Spieler dabei sind, wird auch sicher noch ein Ass im Rennen sein. Allerdings dominiert A-K ernsthaft jedes andere Ass mit kleinerem Kicker, mit dem jemand versucht, an den Pot zu gelangen. Wenn Sie auch nur den leichtesten Verdacht haben, gegen Ass-Irgendwas zu spielen, sollten Sie mitgehen.

Mit dem kleinen Paar im No Limit
Mit einem Paar sollten Sie den Münzwurf versuchen, wenn Sie nur noch wenige Chips haben und wenn
✓ Sie glauben, der Gegner werde aussteigen
✓ Sie noch nicht oft all in gegangen sind. Sie wollen keinesfalls, dass mehrere Spieler mitgehen, die Ihre Verlustchancen steigen lassen.
✓ Ihr Paar hoch ist. Je höher das Paar, desto wahrscheinlicher wird, dass der Gegner nur eine Overcard statt zwei haben könnte. Dann würden Sie ihn dominieren. Jedes Paar Buben oder höher könnte für den Gegner zum feuerspeienden Monster werden.

Sie sollten erwägen auszusteigen, wenn
✓ Sie für einige weitere Runden überleben können
✓ Sie bereits mehrmals all in gegangen sind und befürchten müssen, dass mehrere Gegner mitgehen
✓ Sie aus früher Position spielen müssen
✓ Ihr Blatt sehr klein (5-5 oder niedriger) ist

Die große Gefahr beim All-in-Spiel mit einem Paar ist, dass jemand ein höheres Paar hat und mitgeht. Wenn das passiert, sind Sie im Grunde zum Untergang verdammt, weil Sie nur noch zwei Outs haben und einen davon treffen müssen, um nicht zu sterben. Allein aus diesem Grunde sollten Sie immer bereit sein, kleine Paare wegzuwerfen. Wenn Sie nichts in den Pot schieben, verlieren Sie mit kleinen Paaren auch nichts.

vorherige Die Bedeutung der Chipposition in Pokerturniere verstehen – Texas Holdem Tipps
nächste Gute, grenzwertige und gefährliche Flops im Texas Holdem