Ihre Onlinegegner richtig einschätzen Teil I – Internet Pokerstrategien
Der größte Unterschied zwischen Poker in vier Wänden und Onlinespiel ist, dass es kein warmblütiges Gegenüber an der anderen Seite eines Spieltisches gibt, das Ihnen entgegenstarrt. Das lässt erfahrene Spieler die Augenbrauen heben. Wie zum Teufel soll man die Gegner lesen. Teils und Bluffs erkennen, wenn man sie nicht sieht? Wichtige Informationen aufzunehmen, ist sicherlich schwieriger. Aber die anderen Spieler geben schon gewisse Hinweise und lassen Schlüsse zu (Sie übrigens auch). Es ist Zeit, den Trenchcoat überzustreifen, die dunkle Brille aufzusetzen und mitzukommen, wenn wir einige Tricks zeigen und Tipps geben, wie Sie die Gegner unter die Lupe nehmen und eigene Ab-sichten verschleiern können.
Die Fähigkeit, den Onlinegegner einzuschätzen, kann den Unterschied zwischen Gewinn und Verlust bedeuten. Wenn Sie darin gut sind, können Sie die Euros nur so einsacken und sich im Licht Ihrer Pokerfähigkeiten sonnen. Wenn Sie es nicht beherrschen, mästen Sie nur die Konten aller anderen in Ihrem Tisch. Obwohl Sie das Gesicht Ihres Gegners während einer kritischen All-in-Situation nicht ins Auge nehmen können, stehen Ihnen doch einige Werkzeuge zur Verfügung. Sie nehmen ein paar Grundzutaten, rühren eine gute Dosis an Psychologie dazu und schon kann’s losgehen mit der Poker-Gegenspionage (eine interessante Erkenntnis aus dem Onlinespiel ist, dass die körpersprachlichen Signale Ihrer Gegner in realen Casinos nicht ganz so wichtig sind, wie allgemein angenommen wird).
Notizen machen: Real-vs. Online-Casino
Erfolgreiche Live-Spieler machen Notizen über ihre Gegner, aber es gibt dabei ein Problem: Notizbücher brauchen Platz, man muss sich während des Spiels um noch eine Sache kümmern, man muss die Notizen mit religiöser Inbrunst aktuell halten, und während eines laufenden Spiels darin herumzublättern, ist nahezu unmöglich. Oh ja und da ist noch ein Problem … Chris spielte einmal Split-Limit Holdem in einem Casino in las Vegas, als ihm ein Spieler an seinem Tisch auffiel, der besonders eifrig Notizen machte. Der Typ schrieb jedes Blatt auf und auch seine dazugehörige Aktion (4-7 versch. Farben, ausgestiegen, kein Verlust). Um wirklich gründlich zu sein und um nichts zu verpassen, schrieb er sein Blatt sofort auf, nachdem die Karten vor ihm lagen. Unglücklicherweise war Graf Steno so ins Spiel und seine Notizen vertieft, dass er sich nicht ums Verdecken scherte. Wann immer Herr Steno mitspielte, brauchte Chris nur kurz in dessen Notizen blicken und kannte dessen verdeckte Karten (nicht dass Chris das ausnutzen würde…). In der Onlinewelt erleben Sie so etwas nicht, es sei denn, da ist jemand wirklich nachlässig mit Kopieren und Einfügen in Windows.
Notizen machen – Auf Online-Art
Allein die schiere Zahl an Onlinegegnern kann überwältigend wirken. Eine gut besuchte Site kann mehr als 10.000 Besucher gleichzeitig haben. Warum sollte man bei so vielen Spielern überhaupt versuchen, den Überblick zu behalten? Und vor allem wie? ln der Onlinewelt brauchen Sie jeden noch so kleinen Vorteil gegenüber Ihren Gegnern. Sie müssen deren Aktionen genau verfolgen, um in ihre Köpfe zu gelangen, um zu verstehen, wie sie ticken, und letztlich dieses Wissen gegen sie zu verwenden. Die Cyber-Pokerwelt hat einen großen Vorteil gegenüber dem Pokern zwischen festen Wänden. Die Sites bieten die Möglichkeit, Notizen über andere Spieler anzufertigen. Notizen zu machen ist ganz große Klasse, weil Sie leicht Informationen über jeden Gegner speichern können, mit dem Sie mal am Tisch gesessen haben. Durch Notizen haben Sie einen Spieler im Auge, und selbst wenn Sie ihn sechs Monate nicht sehen, können Sie sich mit einem Klick alles anzeigen lassen, sobald er wieder auftaucht, und die Notizen sind sehr aufschlussreich.
Die Gegner wissen nicht, dass Sie Notizen über sie gemacht haben. Sie können jederzeit nachschlagen. ohne das Spiel zu unterbrechen. Großartig, oder? Doch Vorsicht: Natürlich können die Gegner auch Informationen über Sie sam mein. Verändern Sie deswegen ständig Ihren Spielstil und vermeiden Sie es, vor hersagbar zu werden. Normalerweise kommt man durch Rechtsklick auf den Spieler an die Notizfunktion. Dann kann man Text eingeben (wenn nicht, suchen Sie die Funktion im Gratisspielbereich und machen Sie sich damit vertraut). Wenn Notizen zu einem Spieler existieren, wird das im Namensfeld irgendwie angezeigt, z.B. mit einem kleinen 1 oder N. Die Notizen bleiben dort, und mit der Zeit sammeln sich (hoffentlich) genug hilfreiche Informationen an. Die wenigsten Sites zeigen alle Notizen an. Um die Notizen eines beliebigen Spielers einsehen zu können, muss er bei Ihnen am Tisch sitzen.
Wie man Notizen verlieren kann
Obwohl Sie Ihre Notizen von einer Partie zur nächsten aufbewahren können, kann es auf qualitativ schlechteren Sites zu zwei Situationen kommen, wo Sie alle Ihre so eifrig zusammengetragenen Notizen verlieren können:
– Wenn der Computer abstürzt oder die Site einfriert und ein Neustart erforderlich wird. Danach verlieren Sie alle Notizen aus der abgebrochenen Partie, der Rest aus früheren Spielen bleibt intakt. Notizen zu verlieren, ist besonders störend, wenn man ein langes Turnier gespielt hat.
– Wenn die Pokersoftware neu installiert werden muss. Manche Sites sind so dämlich und deponieren die Notizen auf Ihrem Computer. Das bedeutet, wenn etwas mit der Pokeranwendung auf Ihrem Rechner passiert und Sie neu installieren müssen, Sind alle Notizen weg. Sie sollten daher einfach nicht auf einer solchen Site spielen. Spielernotizen sind wertvoll, ja fast bares Geld. Es braucht Zeit, sie zu erstellen und zu aktualisieren, und Sie wollen Ihre Zeit und Mühe nicht vergeuden (eine Liste mit populären Sites finden Sie in Poker-Artikel).
Eine eigene Kurzschrift entwickeln
Wegen der schnellen Natur des Internets müssen Notizen fast immer unter einem gewissen Zeitdruck stattfinden. Die Sites streichen Kartenblätter schnell weg, damit es weitergehen kann, und auf manchen Sites können Notizen nur für Spieler am Tisch gemacht werden – wenn er rausfliegt oder den Tisch verlässt, verschwindet auch die Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen. Deswegen sollten Sie Ihre eigene Kurzschrift entwickeln – nur einige wenige Buchstaben genügen häufig, um eine Situation zu beschreiben (sb für Small Blind, ai für all in und so weiter; gebräuchliche Abkürzungen sind in Poker-Artikel aufgelistet). Wenn Sie neue Abkürzungen erfinden, benutzen Sie sie konsequent und durchgängig. Kleben Sie sich einen kleinen Merkzettel mit den wichtigsten Abkürzungen an den Bildschirm oder ein kleines Notepad-Fenster, das sich schnell öffnen lässt). Damit sichern Sie sich eine Konsistenz und verwechseln nicht B für Bluff mit Blind.
Details verhelfen zu informativen Notizen
Wenn Sie Notizen über Spieler machen, sollten Sie auf spezifische Details achten. Wir nähern uns dem Problem auf verschiedene Arten. Red schreibt sich Einzelheiten aus spezifischen Spielabläufen auf. die er für interessant hält. Welche Blätter spielt jemand aus welcher Position, mit welchen Blättern setzt oder erhöht er stark? Chris hingegen geht wie bei so vielem in seinem Leben die Sache etwas analytischer an. Er macht fast nie Notizen über ausgewählte Hände, weil es erneutes Interpretieren der zugehörigen Handlungsweisen des Spielers erfordern würde. Er kommt stattdessen zu mehr allgemeinen Schlüssen über die Spieler. Seine Notizen enthalten oft Ratschläge: Gegen diesen Spieler auf dem Flop mitgehen und anspielen, wenn ein As im Board fällt oder Dieser Mann spielt nur drei gleichfarbige Karten, drei zur Straße oder ein Paar als Startkarten in Seven-Card Stud. Und nicht vergessen, wenn Ihnen einmal ein Manöver gegen einen Spieler misslingt (z.B. ein Bluff), dann könnte auch das eine wertvolle Information sein, die dokumentiert werden sollte. Ihr Kurzzeitverlust könnte sich in Langzeitprofit verwandeln, weil Ihr Gegner Ihren Spielstil oder Ihre -fähigkeiten anders einschätzt, als sie wirklich sind. Notizen sind immer sehr individuell und speziell auf Ihren Geschmack zugeschnitten. Lesen Sie den nächsten Abschnitt und denken Sie über die Art von Details nach, die Sie notieren wollen.
Informationen über die Gegner sammeln
Obwohl Sie nicht sehr viel über Ihre Gegner wissen, kann es durchaus vorteilhaft sein, wenn Sie die verfügbare Information nutzen.
Wo spielen die Gegner?
Sie sollten wissen, wo auf der Welt Ihr Gegner sitzt. Normalerweise finden Sie entsprechende Informationen, wenn Sie mit dem Cursor über das Namensschild gehen. Wenn Sie den Ort kennen, wissen Sie auch, in welcher Zeitzone sich der Gegner befindet. Natürlich möchten Sie lieber gegen jemanden spielen, bei dem es drei Uhr morgens am Donnerstag ist als gegen jemand, der sich um vier Uhr nachmittags am Sonnabend an den Pokertisch setzt. Müde und unaufmerksame Spieler sind immer leichter zu schlagen als die konzentrierten.
Welche anderen Partien spielen sie?
Viele Sites bieten einen Spielersuchservice an. Damit können Sie herausfinden, ob Ihr Gegner an mehreren Tischen spielt, und daraus eventuell einen Vorteil ziehen. Wenn er zusätzlich am Finaltisch eines mehrstündigen Turniers sitzt, wird er Ihnen nicht seine volle Aufmerksamkeit widmen können.
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