ICM Calculator richtig anwenden – gute Hilfsprogramme und Software im Poker
ICM steht für Independent Chip Model. Dabei handelt es sich um ein theoretisches Konzept, welches jeder ambitionierte Pokerspieler kennen sollte, der langfristig erfolgreiche Turniere und Sit’n’Gos profitabel spielen möchte. Besonders wenn es um das Überleben der so genannten Bubblephase – also das Erreichen der Geldränge – geht, kann sich die Kenntnis und Umsetzung der Theorien des ICM als sehr hilfreich erweisen.
Nichts für Cashgames
Anders als beim Cashgame, wo Sie jederzeit den Tisch verlassen und Ihre Chips wieder in Bares Umtauschen können, ist dies in einem Turnier oder SnG nicht möglich. Hier wird ein Buy-In entrichtet, für den Sie eine gewisse Anzahl von Startchips erhalten. Mit diesem Startstack müssen Sie sich dann soweit wie möglich durch das Turnier kämpfen. Sie haben hier nicht die Möglichkeit, als Chipleader frühzeitig auszusteigen und sich den Gegenwert Ihrer Chips auscashen zu lassen, auch wenn das schön wäre. Entweder man erreicht die Ränge, die im Geld sind – also ITM in the money – und dafür gibt es dann einen Gewinn, oder man geht leer aus. Aber das dürfte Ihnen ja nicht unbekannt sein und das Ziel bei Turnieren sollte das Erreichen der Geldränge bzw. der Turniersieg sein, sodass Sie nicht vergebens Zeit und Geld investiert haben.
Mathematik ist nicht alles
Für erfahrene Spieler, die die Grundprinzipien zur Berechnung von Outs und Odds verinnerlicht haben und sich auch stets daran halten, kann es während eines Turniers immer wieder zu Problemen kommen, wenn sie sich strikt an die Mathematik halten. Gehen wir davon aus, dass ein Spieler aufgrund günstiger Pot Odds und entsprechender Outs ein All-In seines Gegenspielers callt, aber bis zum Showdown nichts trifft, sein Gegner die Hand gewinnt und er dadurch aus dem Turnier fliegt. Obwohl er die mathematisch richtige Entscheidung vor dem Flop getroffen hat, hat ihm das in diesem Moment sein Turnierleben gekostet. Anders als beim Cashgame haben Sie hier nicht die Möglichkeit, Chips nachzukaufen, um dann im Turnier weiterzuspielen, vorausgesetzt, es handelt sich nicht um ein Rebuyturnier. Genau hier setzt das ICM an.
ICM bewertet auch die Stacks
Daher ist es wichtig, dass Sie bei Turnieren im Gegensatz zu Cashgames die Wertigkeit der Chips anders betrachten. Equity, Odds und Outs Ihres Stacks im Turnier sind im Vergleich zur Gewichtung der Chips im Cashgame anders zu bewerten. Dafür gibt es das ICM.
Worum geht es eigentlich beim ICM?
Das Independent Chip Model geht davon aus, dass die Chance, ein Turnier zu gewinnen so hoch ist wie die Anzahl der eigenen Chips im Verhältnis zu allen im Turnier vorhandenen Chips. Um dies effektiv berechnen und in den entscheidenden Situationen die richtige Entscheidung treffen zu können, also ob Sie z. B. Ihr Turnierleben bei einem All- In riskieren sollten oder der Gewinn der Hand in keiner Relation zum erwarteten Turnierausgang steht, benötigen Sie den ICM Calculator. Hier können Sie recht einfach mit Hilfe weniger Daten errechnen, ob ein solcher Call profitabel wäre oder nicht. Der Rechner benötigt die Höhe des Preisgeldes, die Verteilung der Preisgelder, Ihren Chipstack sowie die Chipstacks der noch verbliebenen Spieler. Daraufhin bekommen Sie entsprechende Werte angezeigt, wie hoch die Wahrscheinlichkeiten für welchen Spieler sind, die Geldränge zu erreichen. Danach führen Sie die gleiche Berechnung durch mit der Verteilung der Chipstacks nach einem Verlust der Hand und einem Gewinn der Hand. Bei einem Vergleich der Werte können Sie schließlich erkennen, wie hoch die prozentualen Wahrscheinlichkeiten eines jeden Spielers sind, einen der drei Ränge zu erreichen, und ob sich ein Call des All-Ins des Smallstacks lohnt oder ob Sie doch besser eine günstigere Situation abwarten. Die Aussicht auf die Wahrscheinlichkeit einer Platzierung in einem Turnier erleichtert Ihnen vielleicht die Entscheidung darüber, welcher Move sinnvoll ist, ob Sie folden, reraisen oder callen sollten. Experimentieren Sie einfach ein wenig mit dem ICM Calculator und Sie werden schnell ein Gefühl dafür entwickeln, wann welcher Move sinnvoll ist und wann Sie besser zurückstecken, um doch noch in die Geldränge bei einem Turnier zu kommen. Die Kenntnis des ICMs ist auf jeden Fall hilfreich und wird mit Sicherheit nicht zu Ihrem Nachteil sein. Hierzu ein Beispielszenario:
Beispiel für eine effektive ICM-Berechnung
Nehmen wir an, am Ende eines Turniers wären noch drei Spieler übrig. Die Gesamtanzahl der Chips, die am Anfang an die Spieler ausgegeben wurden, belief sich auf 20.000. Bei einem Fullring-Sit’n’Go erhielt somit also jeder Teil-nehmer 2.000 Chips. Nun, da nur noch drei Spieler verblieben sind, befindet sich diese Chipmenge noch immer im Spiel, nur ein wenig anders verteilt. Angenommen einer der Spieler besitzt 18.000 Chips und die beiden Konkurrenten jeweils nur 1.000. In diesem Fall hat der Spieler mit den 18.000 Chips natürlich die besten Aussichten auf den ersten Platz. Doch nicht immer ist das Ganze so eindeutig. Häufig liegen die letzten Über-lebenden ziemlich dicht beieinander. Und genau in solch einem Fall wäre es gut zu wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein jeder Spieler zum jeweiligen Zeit-punkt welchen Platz belegt. Gehen wir hierzu zunächst ein kleines Beispiel durch.
Ausgangssituation
SNG, Fullring
Gewinnsumme: 100 $
Gesamtchips: 10.000
Preisverteilung: 1. Platz 50 $, 2. Platz 30 $, 3. Platz 20 $
Verbleibende Spieler: 3 Chipverteilung
Spieler 1:5.500 Chips
Spieler 2:3.000 Chips
Spieler 3:1.500 Chips Berechnung
Wenn wir nun alle im Turnier befindlichen Chips auf die einzelnen Spieler um-rechnen, kommen wir zu folgenden Ergebnissen:
Spieler 1: 5.500 (derzeitiger Chipstack): 10.000 (alle im Umlauf befindlichen Chips) = 0,55 = 55%
Spieler 2:3.000 :10.000 = 0,3 = 30%
Spieler 3:1.500 :10.000 = 0,15 = 15%
Bild 14.6 Wenn Sie im unteren Bereich des Fensters auf den Result Type Place % klicken, erhalten Sie Informationen darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit jeder Spieler den entsprechenden Platz belegen würde – zum aktuellen Zeitpunkt. (Quelle: icmpoker*com)
Wenn der Erstplatzierte die komplette Gewinnsumme erhielte, könnte man aus den oben stehenden Ergebnissen leicht die Wahrscheinlichkeiten ersehen, mit denen die verschiedenen Spieler zu diesem Zeitpunkt den ersten Platz ausbezahlt bekämen: Spieler 1 gewinnt mit einer Wahrscheinlichkeit von 55%, Spieler 2 mit einer von 30% und Spieler 3 mit einer von 15%. Doch das stimmt so nicht, denn es werden ja die ersten drei Plätze ausbezahlt. Mit Hilfe des ICMs lassen sich jetzt die Wahrscheinlichkeiten jedes einzelnen Spielers errechnen, den ersten, zweiten oder dritten Rang zu erreichen. Stellt man dann diese Wahrscheinlichkeit dem möglichen Gewinn gegenüber, erhält man die Equity (Gewinnerwartung) zum derzeitigen Zeitpunkt des Turniers. Hierzu sei erwähnt, dass diese Berechnungen lediglich die Menge der Chips, nicht aber die Stärke der Spieler usw. mit einschließt. Wichtig sind natürlich auch die Position sowie die Höhe der Blinds, die nicht unterschätzt werden dürfen.
Wie Sie also sehen, hat Spieler 1 im Moment eine S Equity von 39,8$. Das heißt, zum jetzigen Zeitpunkt würde ihm diese Summe gehören. Spieler 2 hat eine $Equity von 33,2$ und Spieler 3 blieben noch 26,7$. Diese Gesamtequity wird beim oben stehenden Beispiel zudem auf die verschiedenen Plätze (1 -3) umgelegt. Sie sehen also, dass Spieler 1 im Moment die höchste $Equity für Platz 1 und Spieler 3 die höchste S Equity für Platz 3 besitzt. So viel an dieser Stelle zu dem sehr komplexen Thema ICM. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, gehen Sie einfach weitere Beispiele durch.
Bild 14.7 Wenn Sie im unteren Bereich des Fensters auf den Result Type Prize Pool % klicken, erhalten Sie Informationen darüber, wie viel Geld vom Gesamtpool jedem Spieler zugeordnet werden kann. Das gilt wiederum für den aktuellen Zeitpunkt.