Heads-up, 1vs 1 sollen Sie oft spielen – neue Pokerstrategien lernen

Es passiert zwar nicht oft, dass wir uns auf einem regulären Tisch in der Situation finden, dass wir einen einzigen Gegner vor uns haben, doch sollten wir auch auf diesen Fall vorbereitet sein. Im Jargon nennen wir diese Situation: Heads-up. Ist ein unerfahrener Spieler mit einem einzigen, erfahrenen Gegner konfrontiert, so wundert er sich meist über die Schnelligkeit, mit der seine Chips zum Platz des Gegners wandern.

Die Spielbarkeit der Anfangskarten ändert sich hier grundlegend! Bluffs und Semibluffs sind eher die Regel als die Ausnahme.

Selten kommt es zu hohen Pots. Doch ist der Ablauf des Spiels entsprechend schnell, und zeigt sich eine Tendenz, dass die Chips vorwiegend in eine Richtung wandern, ist diese nur sehr schwer, wenn überhaupt, umzukehren.

Deutlich im Hintertreffen zu sein und auf eine wundersame Begegnung von zwei Spitzenkarten zu warten, selbst natürlich das bessere Blatt haltend, ist eine nur selten von Erfolg gekrönte Hoffnung.

Sitzen wir also einem einzigen Gegner gegenüber, so hat der Nichtdealer immer das erste Wort. Er bringt den kleinen Blindeinsatz, der Dealer den großen.

Sind wir der Nichtdealer, somit Small Blind, haben wir einen halben Einsatz bereits im Pot. Sind unsere Karten entsprechend schlecht und wir passen, ist dieser halbe Einsatz verloren. Wir mögen hoffen, dass es im nächsten Spiel, wenn wir am Dealerbutton sitzen, ebenso erfolgen wird. Warum sollte unser Gegner plötzlich Karten erhalten, die für einen Einsatz gut genug sind?
7-6 halten wir in Händen, denken, dass wir doch zumindest eine Straße kaufen könnten, falls der Gegner einsetzen sollte, und vernehmen verwundert: „Raise!“ Wir schütteln den Kopf und passen!
Jetzt blicken wir auf 9♦ – 2♦. Zwar kein gutes Blatt, doch warum sollte der Gegner ein besseres haben? Immerhin könnte ein Flush daraus werden. Also, wir bringen den halben Einsatz dazu!
Was hören wir vom Gegner?

„Raise!“
„Nein!“, denken wir uns, „Das kann’s nicht geben! Der blufft doch nur!“ Wir gehen mit!
Es folgt der Flop mit A♣ – K♣ – 3♦.
Wir checken; es folgt ein Einsatz – und wir passen!
Oft heißt es im Poker, dass wir nicht unsere Karten spielen, wir spielen den Gegner! Und nirgends trifft dies besser zu als im Heads-up

Die meisten Karten sind schwach! Dass unter zehn Spielern, unter sechs Spielern, zumindest einer halbwegs gute Karten hat, liegt am Multiplikationsfaktor. Ist dieser bloß 2, dann haben mit hoher Wahrscheinlichkeit beide schlechte Karten. Und somit geht es keineswegs darum, die besseren Karten zu haben. Wir müssen den Gegner davon überzeugen, dass unsere Karten weniger schlecht sind als seine eigenen! Was er zur gleichen Zeit natürlich auch mit uns versucht!

Der psychologische Faktor gewinnt hier enorm an Bedeutung! Es kann auch an regulären Tischen passieren, dass ein Mitspieler herausgefunden hat, dass Sie, sobald eine Erhöhung folgt, nur mit Ihren besten Karten mitgehen. Hat er Sie nun als Einzigen vor sich, dann wird er immer erhöhen. Und Sie werden meistens passen! Gehen Sie nun schlicht mit, dann werden sich ihre Karten am Flop in 80% der Fälle natürlich nicht verbessern. Wieder folgt ein Einsatz, und Sie passen eben dann!

Solche Situationen kosten nicht nur Geld! Wir fühlen uns auch nicht gut! Wir fühlen uns schwach! Wie seinerzeit am Schulhof von den größeren Jungs, werden wir wehrlos umhergestoßen! Wollen wir uns das gefallen lassen? Ich nicht! Sie auch nicht!

Was also tun wir, wenn wir mit unseren 9♦ – 2♦ mitgehen und der Gegner erhöht? Richtig! Wir erhöhen nochmals! Es mag eine dritte Erhöhung seinerseits folgen! Wir bringen eine vierte!
Wie groß sind unsere Chancen, diesen Pot auch zu gewinnen? Grundsätzlich 50%, denn das aggressive Spiel unseres Gegners hat uns bewiesen, dass er schlicht mit allem setzt – und hier, im Heads-up, durchaus berechtigt! Es ist ein psychologisches Spiel! Wir können diese Situation nicht mit dem Maniac am regulären Tisch vergleichen, der sinnlos gegen eine respektable Anzahl von Gegnern erhöht und wieder erhöht, dem großen Feld gegenüber aber fast ohne Chance bleibt.
Hier steht es 50:50!

Im Spiel ohne Limit und im Turnierspiel, dem wir uns noch widmen werden, beweisen sich geringe Vorteile in jeder einzelnen Begegnung als von großer Bedeutung. Entscheiden sie letztendlich darüber, wer als Sieger aus der Begegnung hervorgeht. Hier jedoch, am limitierten Tisch, Mann gegen Mann, wird ein möglicher rechnerischer Nachteil ihrer Anfangskarten durch den psychologischen Gewinn bei weitem übertroffen. Auch wenn Sie mit Ihren 9♦ – 2♦ letztendlich doch verlieren sollten, Sie zeigen dem Gegner, dass Sie sich nicht wehrlos verdrängen lassen. Er weiß, dass Sie nach seiner nächsten Erhöhung wieder erhöhen werden. Und er weiß auch, dass die Chancen auf den passenden Flop für Sie ebenso groß sind wie für ihn – und oft besser!

Outs brauchen Sie hier nicht zu zählen. Mit einem Gegner rechnet sich die Potquote so gut wie nie. Die besten Karten sind hohe Werte! Der Kicker ist als solcher von so gut wie keiner Bedeutung. Allerdings, zwei hohe Werte, etwa Q – J, offerieren somit auch zwei Möglichkeiten auf ein hohes Paar. Jedes A ist Goldes Wert, denn oft genug reicht die höchste Karte, um den Pot zu gewinnen. Jedes Taschenpaar ist ein Traum! Gegen A♣ – K♣ gewinnt 2 – 2 in knapp 52%, also der Mehrzahl, der simulierten – und somit auch gespielten – Fälle.

Den Showdown suchen wir natürlich nur dann, wenn wir auch über ein wirklich starkes Blatt verfügen. Allerdings, jedes geformte Paar ist bereits ein starkes Blatt! Insbesondere, wenn es zumindest der zweithöchsten Karte am Tisch entspricht (berücksichtigend, dass die Wahrscheinlichkeit des höchsten Paars in der Hand des Gegners rechnerisch sehr gering ist).

Die erste Einsatzrunde entspricht dem Gehabe von Kampfhähnen, bevor sie endgültig aufeinander losgelassen werden! Die Erhöhung mahnt zur Vorsicht! Mit mir ist nicht gut Kirschen essen! Wage es nicht, wieder zu erhöhen! Sei dir sicher, ich erhöhe nochmals! Glaub mir, ich halte A – A, und wenn Du mir A – A nicht glaubst, dann glaub mir zumindest A – K!

Das soll natürlich nicht bedeuten, dass wir niemals passen. Was uns zum Passen bewegen sollte, sind aber nicht die schlechten Karten, sondern der Rhythmus des Spiels! Mit den vorgenannten 90 – 20 können wir natürlich passen. Wir können damit als Erster erhöhen – was auch meist das Beste ist. Um aber auch Abwechslung in unser Spiel zu bringen, können wir auch schlicht den Einsatz erbringen.

Wenn wir am Small Blind, also als Nichtdealer, den Einsatz ohne Erhöhung einbringen, dann deuten wir damit an, dass wir über eher niedrige Kartenwerte verfügen, jedoch mit entsprechendem Kaufpotenzial – etwa 10♥ – 9♥. Erhöhen wir, so zeigt dies, dass zumindest eine der beiden Karten eine im Wert hohe ist!

Glauben Sie mir!!!
Glauben Sie es nicht Ihrem Gegner!
Denn der weiß, dass Sie so denken! Er weiß auch, dass Sie ihn mit allem, was Sie tun, bloß verwirren möchten. Und das Gleiche macht auch er!
Jetzt ziehen Sie den Schluss aus dieser Gleichung:
A) Sie spielen Ihre guten Karten aggressiv, weil dies der Natur des Spiels entspricht und gute Karten letztendlich höhere Gewinnchancen mit sich bringen.
B) Sie spielen Kaufkarten verhalten, weil der Erfolg vom Flop abhängt.
C) Sie passen mit schwachen Karten.
D) Sie machen genau das Gegenteil von A), B) C).

Ob Sie im gegebenen Fall nun A – C oder D anwenden, hängt einerseits vom Verhalten Ihres Gegners ab, andererseits von dem, was Ihr Gegner zu genau diesem Zeitpunkt als Ihr Verhalten erwarten könnte!

Diesen Satz muss ich wiederholen: Es hängt davon ab, was Ihr Gegner ab Ihr Verhalten erwarten könnte!

Bringen Sie in einem Pokerspiel einen Einsatz und fügen verbal hinzu, dass es sich um einen Bluff handle, was weiß der Gegner dadurch? Er kann folgendermaßen denken:
■ Ein ehrlicher Mann! Wenn er sagt, er blufft, dann wird das schon stimmen!
■ Er möchte, dass ich glaube, dass er blufft, und hat natürlich gute Karten!
■ Er muss davon ausgehen, dass ich ihm nicht glaube und das Gegenteil annehme. Also blufft er!
■ Er glaubt, dass ich denke, dass er davon ausgeht, dass ich ihm nicht glaube, und somit hat er gute Karten!

Es gibt ein verbreitetes Spiel, meist in Kneipen um eine Runde Getränke ausgetragen, gemeinhin „Knobeln“ genannt. Falls Sie mit diesem Spiel nicht vertraut sind beziehungsweise nicht wissen sollten, wie man bei diesem Spiel gewinnt, lassen Sie mich es kurz beschreiben:

Zwei Spieler haben jeweils drei Münzen zur Verfügung. Verdeckt nimmt jeder entweder keine, eine, zwei oder drei davon in eine bestimmte Hand und legt diese, natürlich geschlossen, auf den Tisch. Nun versuchen beide Spieler zu erraten, wie viele Münzen sich in beiden Händen zusammen befinden. (Dass der Spieler, der als Erster an der Reihe ist, immer auf „drei“ schätzen muss, ist Basiswissen; denn bei jeder anderen Zahl, er nämlich die Möglichkeiten in seiner eigenen Hand reduzieren würde – sagt er „vier“, braucht er zumindest eine, sagt er „zwei“, hält er maximal zwei Münzen in der Hand.)

Was also bedenken wir als Erstes?
Wie viele Münzen möge der andere Spieler gewählt haben?!
Und als Nächstes?
Wie viele Münzen mag der Gegner glauben, dass wir in die Hand nehmen?!

Der unerfahrene Knobler versucht, so viel Abwechslung wie möglich in seine Auswahl zu bringen. Selten bis gar nicht wählt er zweimal hintereinander die gleiche Anzahl. Selbst geht er natürlich ebenso davon aus, dass auch der Gegner solch eine Abwechslung herbeiführen will. Haben wir schon dreimal eine einzige Münze gezeigt, dann wird er annehmen, dass wir beim vierten Mal sicher nicht noch einmal das Gleiche tun werden! Waren es einige Male keine oder eine, so erwartet er, dass wir nun doch endlich einmal drei Münzen in die Hand nehmen – und Ähnliches. Und nachdem sich seine Überlegungen in diese Richtung bewegen, fällt es uns auch entsprechend leicht zu erraten, wie er sich entschieden haben könnte.

Also, während wir seine Strategie kennen, tun wir selbst genau das Gegenteil von dem, was er von uns erwartet. Und genauso läuft es im Poker! Insbesondere dann, wenn wir einen einzigen Gegner vor uns haben!

Wenn wir glauben, vom Gefühl für den Spielrhythmus getrieben, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt für einen ordentlichen Bluff sein müsste, dann kann es ohne weiteres sein, dass unser Gegner den gleichen Rhythmus aufgenommen hat – und somit weiß, das wir gerade jetzt an einen Bluff denken.

Wenn wir, das eben Besprochene berücksichtigend, zum regulären Tisch, also mit mehr als zwei Spielern, abschwenken, so gibt es sehr häufig Situationen, in denen der ganze Ablauf zu einem Bluff einlädt. Selbst waren wir während eines langen Zeitraums passiv, nichts am Tisch zeigt an, dass einer der Spieler über ein starkes Blatt verfügen könnte; wir fühlen uns sicher und bluffen! Ein anderer geht mit und schlägt uns mit Karten, ohne auch nur das geringste Gewinnpotenzial! Woran hat er gemerkt, dass wir bluffen? Spielen wir im Internet, hat er nicht einmal unser Gesicht gesehen! Wollte er sein Geld verschenken?

Nein! Er hat ganz einfach genau so gedacht wie wir! Er hat erkannt, dass diese spezielle Situation für unsere Aktion einladend war. Vielleicht hatte er sich vorgenommen, nach uns zu bluffen, und wir sind ihm zuvorgekommen! Er hat unseren Gedankengang geführt – und der war zu durchsichtig!

Die Strategie im Heads-up liegt somit nicht bloß im aggressiveren Spiel. Sie liegt im aggressiven Spiel zum richtigen Zeitpunkt!

Insbesondere, wenn wir in der ersten Lernphase spielen, so wird die Mann-gegen-Mann-Konfrontation zur unumgänglichen Übung. Hier können wir dem Gedankengang des Gegners, hier müssen wir seinem Gedankengang, im Detail folgen. Wir müssen unsere eigenen Überlegungen verbergen und verschleiern.

Wir haben besprochen, dass wir am passiven Tisch vorwiegend unsere eigenen Karten spielen. Am aktiven Tisch spielen wir unsere Karten gegen die des Gegners. Und hier spielen wir den Gegner – ohne Karten!

Lassen Sie mich hier abschließend erwähnen, dass die Erfahrung, die wir im Heads-up sammeln, das tiefe Verständnis für die jeweilige Motivation des Gegners während jedem seiner Züge, letztendlich auch unser Geschick am regulären Tisch entscheidend bereichern kann.

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