Die Chat-Box und Online Tells am Pokertisch – Pokerstrategien für fortgeschrittene
Die Chat-Box am Pokertisch
Über die Chat-Box können die Spieler eines Internetpokerlisches miteinander reden. Seien Sie vorsichtig damit, denn was ein Spieler zu Ihnen oder über Sie sagt, kann leicht Ihr Spiel beeinflussen. Wenn Sie z. B. sucked out, also mit Glück gewonnen haben, werden manche Sie dafür in der Chat-Box beschimpfen. Kümmern Sie sich gar nicht darum, jeder verliert mal, obwohl er eigentlich tolle Karlen hatte, aber manche stecken Bad Beats eben schlechter weg als andere. Ich benutze diese Chat-Box nur, um NH (nice hand) hineinzuschreiben, wenn jemand eine wirklich tolle Hand hatte.
Wenn jemand permanent unhöflich ist und andere beschimpft, sollten Sie ihn der Pokerseite melden, denn solche Spieler verderben allen anderen den Spaß und können ausgeschlossen werden. Ein Ausdruck, den Amerikaner online gerne benutzen, lautet donk – so nennen sie einen schlechten Spieler. Aber man müsste auch ein donk sein, sich auf derartige Schlammschlachten einzulassen, also ignorieren Sie solche Leute einfach.
Sie haben die Option, den Chat auszublenden und nur noch die Kommentare des Dealers einblenden zu lassen. Es ist immer das Beste, sich bei solchen Dingen auf ein Minimum zu beschränken, denn sonst werden Sie noch von Ihrem Spiel abgelenkt, am Ende gerade in einer entscheidenden Situation, und das kann Sie teuer zu stehen kommen. Es mag ja ganz nett sein, mit anderen Spielern zu chatten, wo sie wohnen und wer ihre Lieblingsmannschaft ist, aber dabei entgehen Ihnen wichtige Informationen über das laufende Spiel, während Sie gerade bekannt geben, dass Sie auch schon mal in New York waren und sich erkundigen, ob der andere vielleicht Ihre dortige Lieblingsbar kennt.
Online Tells
Als Teil bezeichnet man es, wenn ein Spieler unbewusst Informationen über die Stärke oder Schwäche seiner Hand preisgibt. Wenn Sie erst einmal in der Lage sind, so etwas zu beurteilen, dann können Sie diese Informationen zu Ihrem Vorteil einsetzen. Sie erkennen Bluffs leichter oder wissen auch, wann Sie besser aufgebensollten, weil Ihr Gegner höchstwahrscheinlich eine tolle Hand hat. Natürlich kann man beim Livespiel mehr Teils erkennen (darauf gehe ich später noch ein), aber es gibt auch beim Online- poker ein paar gute Indikatoren. Freilich ist das keine exakte Wissenschaft, und manche Spieler werden vielleicht auch versuchen, Sie bewusst in die Irre zu fuhren. Im Folgenden erläutere ich Ihnen die grundlegenden Teils beim Internetpoker:
1. Pausieren oder nicht pausieren – das ist die Frage
Generell hat ein Spieler meist eine gute Hand, wenn er vor dem Wetten lange überlegt. Er versucht sich wahrscheinlich eine Taktik zurechtzulegen, wie er sie am besten spielen soll. Wenn er lange pausiert und dann nur checkt, bedeutet das meistens, dass seine Hand höchstens mittelmäßig ist.
2. Instant Playing
Die meisten Onlinepokerräume haben Schaltflächen, auf denen man durch Anklicken die gewünschte Aktion auswählen kann, bevor man an der Reihe ist, wodurch das Spiel natürlich beschleunigt wird. Ich würde Ihnen generell raten, diese Schaltflächen nicht zu benutzen, weil sie den anderen Spielern zu viel verraten. Wenn ein Spieler sofort checkt oder wettet, hat er meist ein schlechtes Blatt. Bei manchen Spielern ist es auch andersrum, aber viele Calling Stations benutzen die Vorabeinstellung über diese Schaltflächen, ohne groß nachzudenken.
3. Die Klatschbase
Manche Leute werden online gesprächig, wenn sie nervös sind oder wenn sie sich besonders gut fühlen. Behalten Sie den Chat im Auge. Manchmal sagen die Spieler solche Sachen wie: Endlich!, oder: Was ist eigentlich mit diesen Flops los? Das kann Ihnen gute Hinweise darauf geben, was diese Leute spielen, vor allem wenn sie solche Kommentare öfter abgeben und sich somit verraten. Halten Sie Ausschau nach Sätzen wie: Onlinepoker macht voll Spaß! Wer so etwas sagt, ist ganz offensichtlich ein Anfänger, und den sollten Sie ausnehmen.
4. Sorry
Einer der häufigsten Teils beim Onlinepoker, der einen zerstreuten Spieler verrät, sind seine langen Pausen. Manchmal entschuldigt er sich sogar dafür. Es bedeutet höchst-wahrscheinlich, dass er abgelenkt ist. Viele Spieler sind während des Spiels gerade auf der Arbeit oder spielen mehrere Spiele gleichzeitig oder beschäftigen sich mit an-deren Dingen im Internet… und das können Sie sich zunutze machen. Behalten Sie auch hier wieder die Chat-Box im Auge. Oft werden Sie so etwas hören wie: Mann! Ich hab gerade 20 $ an meinem anderen Tisch verloren! Schön zu hören – er ist also nicht richtig bei der Sache, und wenn er anderswo viel Geld verliert, ist er vielleicht auch nicht besonders gut.
5. In hinterer Position erhöhen
Dieser Teil ist – nicht nur online – sehr häufig. Wenn Sie im Blind sitzen und jeder aufgibt und nur einer der Spieler in hinterer Position erhöht, dann könnte es sein, dass dieser versucht, den Pot zu stehlen. Wenn Sie überhaupt irgendwas auf der Hand haben, dann erhöhen Sie ihrerseits. Dann werden solche Spieler oftmals passen. Aber wenn nicht, dann nehmen Sie sich in Acht! Vielleicht haben sie ja doch eine gute Hand!
6. Warten auf den Big Blind
In den meisten Onlinepokerräumen haben Sie die Möglichkeit, ohne Wartezeit an einem Tisch einzusteigen, wenn Sie dafür einmal die Höhe des Big Blind entrichten. Die meisten Onlinespieler sind eher ungeduldig und wollen sofort einsteigen, koste es, was es wolle. Wenn ein Spieler aller-dings dazukommt und in aller Ruhe den Big Blind abwartet, dann könnte das bedeuten, dass er ein geduldiger Spieler ist, der nur starke Hände spielt.
7. Unbedingt den Flop sehen wollen
Man braucht nur ein paar Runden, um einen ersten Eindruck von einem Gegner zu bekommen. Viele versuchen Immer, den Flop zu sehen, egal, wie schlecht ihre Starthand Ist. Das ist vor allem in Low-Limit-Games so, wo es sehr billig sein kann, den Flop zu sehen. Wenn Sie gegen jemand spielen, der das ständig tut, können Sie davon ausgehen, dass seine Hände meistens nicht allzu gut sind, und mit ein bisschen Druck können Sie ihn normalerweise leicht abdrängen.
8. Häufig aufgeben
Andere Spieler hingegen geben andauernd auf. Das bedeutet meistens, dass sie geduldig sind und eine der drei besten Starthände abwarten, bevor sie spielen. Wenn sie schließlich einsteigen, haben sie wahrscheinlich tatsächlich eine starke Hand und werden auch nicht zögern, Sie damit einzuschüchtern.
9. Reloaden
Manchmal werden Sie in einem Cash-Game einen Spieler beobachten können, der sich oft neues Geld holt. Das bedeutet wahrscheinlich, dass er einiges auf seinem Konto hat, aber nicht gut genug spielt, um sein Geld auch zu behalten! Einem Spieler, der sich ständig neu Geld holt, steht Fish (d. h. ein Anfänger oder einfach ein schlechter Spieler) auf die Stirn geschrieben. Sorgen Sie dafür, dass er immer schön weiter Geld holen muss!
10. Am Ende der Fahnenstange
Das Beste an Online-Cash-Games ist, dass Sie ganz leicht erkennen können, wie viel Geld die anderen am Tisch haben. Wenn jemand mit 20 $ eingestiegen ist und jetzt nur noch 4 $ hat, dann ist er jetzt am Ende der Fahnenstange und wird den Tisch entweder verlassen oder die 4 $ verlieren. Wenn es ein Spieler ist, der sich viele Flops angesehen hat, erhöhen Sie, sobald Sie eine gute Hand haben, und versuchen Sie, sich seinen Rest zu holen. Meistens schicken Sie so jemanden dann tatsächlich nach Hause.
11. Schnelle, hohe Wetten an Tischen mit Limpers
Bei vielen Onlinepokerräumen kann man sehen, wie hoch die Prozentzahl der Spieler ist, die sich den Flop ansehen. Wenn der Prozentsatz sehr hoch liegt, bedeutet das normalerweise, dass an diesem Tisch jede Menge Limpers sitzen, also Spieler, die sich immer den Flop ansehen, egal, was sie auf der Hand haben. Wenn ein guter Spieler diesen Tisch entdeckt, setzt er sich oft dazu, und sobald alle mit-gegangen sind, um den Flop zu sehen, geht er All-In oder erhöht, in der Hoffnung, dass die anderen alle aufgeben. Wenn Sie eine gute Hand haben, könnte es sich lohnen, diesen schnellen, großen Wetter herauszufordern.
12. Aufgeben statt schieben
Obwohl die meisten Internetpokerseiten Sie warnen, wenn Sie dabei sind, einen Fehler zu begehen, geben manche Spieler auf, statt zu schieben, obwohl sie das Schieben nichts gekostet hätte. Das verrät normalerweise den Amateur. Ein guter Spieler kann jedoch auch aufgeben, statt auf dem River zu schieben, wenn er etwa geblufft hat und den anderen seine Hand nicht zeigen will. Das ist auch ein guter Teil, denn so erhalten Sie Einblicke in die Bluff-Taktiken Ihres Gegners.
13. Die schnelle Wette auf Turn und River
Während ich Ihnen erklärt habe, dass schnelles Spielen normalerweise eher auf Schwäche hindeutet, könnte auf dem Turn oder dem River das Gegenteil der Fall sein. Zu diesem Zeitpunkt kann ein Spieler nämlich schon besser, ob er seine Gegner schlagen kann. Und wenn
der Spieler, gegen den Sie spielen, beim Turn oder River so-fort wettet, dann geht er höchstwahrscheinlich davon aus, dass er alles schlagen kann, was Sie auf der Hand haben könnten. In diesem Fall sollten Sie nur dann weiterspielen, wenn Sie selbst glauben, die besten Karten in der Hand zu haben – ansonsten ziehen Sie lieber in Erwägung, die zweitbeste Hand aufzugeben.
14. Tageszeit
Es ist zwar nicht so sehr ein Teil, sondern vielmehr ein Hinweis, wann Sie Fishes fangen können, aber achten Sie darauf, zu welcher Tageszeit Sie spielen. Wenn Sie in Europa am frühen Morgen spielen, haben Sie es mit Spielern aus den USA zu tun, die spätnachts am Tisch sitzen -, und die sind vielleicht müde oder gerade aus einer Bar heimgekommen! Die meisten Spieler halten Freitag- oder Samstagnacht für die beste Gelegenheit, Anfänger und Freizeitspieler auszunehmen.
15. Nomen est omen
Zu guter Letzt sehen Sie sich noch die Namen Ihrer Gegner an. Normalerweise benutzen seriöse Spieler ihren richtigen Namen oder ein schlaues Pseudonym. Anfänger legen sich gern alberne oder vulgäre Namen zu. Obwohl das nicht immer der Fall ist, können Sie im Allgemeinen schon vom Namen Ihres Gegners auf seine Reife schließen. Auf manchen Seiten können die Spieler sich auch persönliche Symbole wählen, die Ihnen ebenfalls mögliche Hinweise auf die Spielerpersönlichkeit geben. Passen Sie auch hier auf, dass andere Sie nicht durchschauen.
PokerStars-Tipps
Julian Thew, Profispieler, regelmäßig auf den Gewinnerplätzen bei der European Poker Tour:
Wozu die Eile? Am besten gewöhnt man sich gleich an, bei jeder Entscheidung erst mal fünf, sechs Sekunden Pause einzulegen. Das hat zwei Vorteile: Zum einen wird Ihr Gegner sich abmühen, Ihr Verhalten zu deuten, und zum ändern treffen Sie keine übereilten Entschlüsse.