Vor dem Flop ein hohes Paar haben – Pokerstrategien für fortgeschrittene
Wie Sie schon gelernt haben, sollten Sie ein hohes Paar grundsätzlich spielen. Normalerweise sollten Sie vor dem Flop also erhöhen mit J, J; Q, Q; K, K; A, A, und zwar bis zum Vierfachen des Big Blinds. Wenn jemand mitgeht und der Flop keine Karte bringt, die höher ist als Ihr Paar, dann erhöhen Sie noch einmal großzügig. Das sollte den anderen abschrecken, weil ihm klar wird, dass Sie eine Monsterhand haben müssen, aber nehmen Sie sich trotzdem noch in Acht vor Flushes, Straßen und einem Set.
J, J zu spielen kann ein bisschen heikler werden. Wenn Sie in vorderer Position sitzen und erhöhen, und ein anderer Spieler geht daraufhin All-In, dann sollten Sie lieber aufgeben, weil er ein höheres Paar haben könnte. Deswegen hatte ich Ihnen vorher auch schon geraten, J, J in vorderer Position eher nicht zu spielen. Der andere könnte auch A, K; A, Q; K, Q haben, und wir wissen, dass er eine Chance von 40 Prozent hat, noch eine von diesen Karten dazuzubekommen. Aber der Druck lastet auf Ihnen – wollen Sie wirklich mitgehen, am Ende all Ihre Chips setzen, wenn Ihr Gegner so eine große Chance hat, sich mit dem Flop zu verbessern? Diese 60:40-Spielchen entscheiden oftmals ein Turnier, und Sie sollten doch einige davon für sich entscheiden, wenn Sie am Ende eine gute Platzierung erreichen wollen. Also überlegen Sie sich gut, wo Sie aktiv werden. Wenn der gleiche Spieler nach Ihnen nur noch einmal erhöht hat, sollten Sie sich ihrerseits überlegen, ob Sie All-In gehen wollen, denn damit setzen Sie ihn unter Druck, seine ganzen Chips zu riskieren. Wenn er einfach nur mitgeht und auf dem Flop nur Karten kommen, die niedriger als ein Bube sind, dann sollten Sie ordentlich wetten und werden höchstwahrscheinlich einen netten Pot einstreichen.
Wenn jedoch eine gefährliche Karte wie eine Königin, ein König oder ein Ass kommen, dann wetten Sie auf jeden Fall, um auszutesten, wo Sie stehen, aber geben Sie gleich auf, wenn Ihr Gegenspieler noch einmal erhöht.
Wenn ich Q, Q habe, erhöhe ich immer und versuche nie Slow-Play. Mir reicht es dann auch, einfach nur die Blinds einzusammeln, wenn alle anderen passen. Mit dem Flop könnten ja jederzeit noch ein König oder ein Ass kommen, die die Damen auf Ihrer Hand wertlos machen (wahrscheinlich). Aber mit K, K oder A, A können Sie überlegen, ob Sie Ihre Hand nicht bewusst zurückhaltend spielen wollen, wenn Sie in einer vorderen Position sitzen. Wenn Sie mitgehen, wollen Sie, dass ein Spieler nach Ihnen nochmals erhöht, und dann können Sie auch gleich noch einmal erhöhen und All-In gehen, in der Hoffnung, dass er eine Hand wie Q, Q; J, J oder A, K hat, dann wird er nämlich mitgehen. Wenn Sie sich für Slow-Play entscheiden, und die anderen gehen alle nur mit, dann sollten Sie nach dem Flop wieder etwas vorsichtiger werden, denn in den Gemeinschaftskarten könnten sich Ihre Gegner ja verbessern. Sie sollten wetten, aber überlegen Sie sich gut, ob Sie mitgehen wollen, wenn jemand nochmals erhöht. Wenn Sie glauben, dass derjenige bloß blufft, dann nur zu, aber seien Sie auf der Hut.
Bei der European Poker Tour in Kopenhagen schlug ich den Schweden Ingemar Backman (der in Österreich auf den dritten Platz gekommen war) aus dem Feld, mit Q, Q auf der Hand, und das bei einem wirklich haarsträubenden Flop. Er erhöhte als Erstes, und da er das vorher noch nicht allzu oft gemacht hatte, blieb ich argwöhnisch.
Ich ging mit meinen:
Q♦ Q♥
Wenn auf dem Flop keine Karte mit höherem Wert als einer Dame aufgetaucht wäre, wäre ich danach All-In gegangen und hätte damit Ingemars ganzes Turnier in Gefahr gebracht, denn ich hatte mehr Chips als er.
Auf dem Flop kam: K♦ 9♦ 5♦
Dieser Flop war mein absoluter Albtraum, denn ein König ist immer eine gefährliche Karte, und Ingemar konnte gut und gerne seinen Flush mit ihm komplettiert haben. Ich verfluchte mich selbst dafür, dass ich nicht schon vor dem Flop All-In gegangen war, um ihn von vornherein abzuschrecken. Er war nach dem Flop als Nächster dran und ging mit seinen ganzen verbliebenen Chips All-In. Obwohl ich mehr Chips hatte, wäre mein Verlust böse ausgefallen, wenn ich verloren hätte. Und sein aggressives Vorgehen überzeugte mich, dass ihm nur noch eine Karte fehlte, dass er vielleicht ein ♦Ass hatte und sonst nichts. Nachdem ich zwei Minuten nachgedacht hatte, ging ich mit und er zeigte: A♦ Q♣
Jedes Ass oder jede Karokarte konnte seiner Hand den Sieg verschaffen. Gott sei Dank kam aber keine, und ich warf Ingemar aus dem Turnier, wobei ich einen nützlichen Pot von 15.000 Chips mitgehen ließ. Das alles wurde im Fernsehen übertragen, und die Kommentatoren bewunderten meinen Mut, hier mitzugehen. Aber rückblickend war es nicht viel mehr als ein Versuch mit einer 50:50- Chance.
Wie ich vorher schon erwähnt habe (aber ich halte es für wichtig, es noch einmal zu betonen), zeichnet sich ein guter Spieler dadurch aus, dass er bereit ist, auch eine tolle Hand aufzugeben, wenn er glaubt, dass er geschlagen ist. Das beobachte ich auf Turnieren immer wieder – Spieler haben A, A oder K, K, und laufen dann auf gegen Two Pair, Trips, Flushes oder Straßen. Und in Cash-Games haben Sie vielleicht Stunden damit verbracht, Ihr Geld anzuhäufen, und dann verlieren Sie alles auf einen Schlag, weil Sie einfach nicht glauben wollten, dass Ihre Monsterhand noch geschlagen werden könnte.
Wenn Sie K, K haben, ordentlich erhöhen und jemand anders mitgeht, dann besteht die Möglichkeit, dass dieser Spieler ein Ass hat. Wenn dann noch ein Ass auf dem Flop kommt, seien Sie vorsichtig. Es wäre mehr als nur ärgerlich, wenn Ihr K, K von einem Scherzkeks geschlagen wird, der mit A, 7 auf der Hand mitgeht – aber es kann passieren, und es passiert auch regelmäßig.
Wenn Sie ein hohes Paar haben und über den Flop ein Set bekommen, dann können Sie Ihr Monster mit Slow- Play spielen, aber nehmen Sie sich in Acht vor Flushes. Bei den European Poker Tour French Open stand ich dem dänischen Profispieler Philip Hilm gegenüber. Ich war in hinterer Position, und Philip hatte aus mittlerer Position erhöht.
Ich blickte auf meine Karten: K♠ K♦
Ich wollte vor dem Flop Slow-Play spielen, also ging ich erst mal ganz harmlos mit, denn ich wusste, dass mich nur ein Ass auf dem Flop in wirkliche Schwierigkeiten bringen konnte.
Auf dem Flop kam: K♣ 9♣ 4♥
Ich hatte also ein Set mit Königen, und Philip erhöhte brav, aber auf Grund eines möglichen Flushes mit ♣ erhöhte ich noch einmal ganz gehörig, um ihn abzuschrecken, noch weiterzuspielen. Er gab auf, und obwohl es unwahrscheinlich war, dass er über die Gemeinschaftskarten noch Großartiges dazubekommen hätte, konnte ich dieses Risiko nicht eingehen. Der andere Vorteil, den ich aus dieser entschiedenen Spielweise zog, war mein Image am Tisch – ich zeigte meine Monsterhand nicht und überließ es den anderen Spielern, darüber nachzugrübeln, ob ich einen wahnwitzigen, erfolgreichen Bluff hingelegt hatte oder ob ich einfach mit einer guten Hand aggressiv gewettet hatte.
So oder so, es war gut für mich, dass die anderen sahen, wie ich nach dem Flop seine nochmalige Erhöhung selbst noch einmal erhöht hatte, denn ab jetzt würden sie es sich zweimal überlegen, ob sie jemals erhöhen würden, wenn sie irgendetwas anderes auf der Hand hatten als eine Monsterhand. Leider ging dieser Tisch wenig später auseinander, und ich musste mich neuen Gegnern stellen.