Anfangskarten richtig spielen ohne Limit – No Limit Pokerstrategien
Wir haben bereits besprochen, dass starke Anfangskarten, in ihrer prozentualen Gewinnchance, einem einzigen Blatt gegenüber deutlich höher stehen als einer Mehrzahl.
Sie kennen die besten Karten bereits in ihrer Wertigkeit, von A – A, über K-K, A-K, Q-Q und den minimalen Vorteil von Taschenpaaren gegenüber hohen ungepaarten Karten.
Von den alles überragenden Pocket Rockets, mit einem Gewinnpotenzial von fast 90%, im Falles eines einzigen Gegners, nun abgesehen, wonach beurteilen wir unser Blatt, wenn wir mit der Gefahr eines AU-in eines nachfolgenden Spielers konfrontiert sind?
Viele Spiele reduzieren sich auf die Konfrontation von zwei hohen Karten gegen ein Taschenpaar. Hier entspricht die Chancenverteilung annähernd dem Verhältnis von 50:50. Dabei verfügt 2-2 über einen knappen Vorteil (etwa 3%) gegenüber A – K. Ist A – K in der gleichen Farbe, sind die Chancen so gut wie ausgeglichen. Natürlich ist A-K gegenüber J – 10 überlegen. J – 10 hat aber wiederum einen minimalen Vorteil gegenüber 2-2 (durch die größere Chance auf eine Straße).
Die Häufigkeit eines Taschenpaares ist 1 zu 16. Somit liegt die Wahrscheinlichkeit, dass einer von 9 Gegnern über ein Taschenpaar verfügt, deutlich über 50%. A – A fällt jedes 221. Mal. Somit passiert es im Durchschnitt nur alle zweiundzwanzig Spiele, dass jemand (uns eingeschlossen) über A – A verfügt. Eine Gefahr, die somit keine große Berücksichtigung verlangt, es sei denn, der große Einsatz kommt von einem Spieler, von dem wir ausschließlich mit Karten dieser Kategorie (also auch K – K, Q – Q) einen derartigen Einsatz erwarten können.
Wir können also davon ausgehen, dass die meisten Konfrontationen (z. B. A – K gegen J – J) einer Gewinnwahrscheinlichkeit von beiderseits annähernd 50% entsprechen. Mit anderen Karten, etwa gleichfarbigen 9-8, sollten wir bei keiner signifikanten Erhöhung mitgehen. (Obwohl diese Karten durchaus spielbar sind, insbesondere in später Position, und wenn wir es selbst sind, die durch eine Erhöhung mit diesem Blatt die Führung am Tisch übernehmen!)
Was wir unbedingt vermeiden wollen, ist natürlich die Konfrontation mit einem Taschenpaar, das höher ist als unser eigenes bzw. höher als eine der beiden Karten, die wir im Bunker halten. Ein Mitgehen mit A – J oder gar A – 10 wäre somit nur dann gerechtfertigt, wenn wir von einem niedrigen Taschenpaar unseres Gegners ausgehen (oder einer Kombination ohne Ass). Das ist aber kaum, wenn überhaupt, einzuschätzen. Zwar können wir rechnerisch davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Paar zwischen 9-9 und 2-2 (neun Möglichkeiten) höher ist als zwischen A – A und 10 – 10 (fünf Möglichkeiten), doch wissen wir nicht, ob die Erhöhung nicht mit A – K oder A – Q vorgenommen worden ist.
Wenn wir die Möglichkeit eines Bluffs vorläufig außer Acht lassen, so rechnet sich ein eher riskantes Mitgehen gegenüber einem hohen Einsatz dann, wenn von anderen Spielern Einsätze bereits geleistet worden sind, die nach dieser Erhöhung gepasst haben.
Ein Rechenbeispiel:
Wir sitzen in später Position mit A♣ – 10♥. Vier Spieler vor uns gehen mit – nehmen wir $ 2 für dieses Beispiel -, und so auch wir. Small Blind erhöht auf $ 20! Alle Spieler vor uns passen. Es liegen $ 32 im Pot. $ 18 haben wir zu erbringen, also ist der Pot um 77,8% höher als unser neuer Einsatz! Nachdem ursprünglich alle Spieler nur den Basiseinsatz in Flöhe des Big Blind erbracht haben, also kein Spieler eine Erhöhung vorgenommen hat, konnte Small Blind von eher schwachen bzw. Kaufkarten seitens seiner Opponenten ausgehen. Somit hätte er durchaus Anlass, mit einem niedrigen Taschenpaar anzugreifen. Wenn wir somit berücksichtigen, dass wir mit unseren A♣ – 10♥ nur gegen A – K, A – Q, A – J und einem Taschenpaar von 10 – 10 aufwärts unterlegen wären, der Pot hingegen um 77,8% höher ist als unser Einsatz, dann hätten wir in diesem Fall Anlass mitzugehen.
Wären unsere Karten jedoch A♠ – 3♠, wären wir in wesentlich mehr Fällen unterlegen! Ein Mitgehen wäre in diesem Fall nur dann angebracht, wenn wir berechtigten Anlass zur Annahme hätten, dass unser Gegner mit völlig wertlosen Karten bluffte.
Sie sehen, dass die Position hier noch wichtiger ist als an den trockensten limitierten Tischen!
Wenn Sie in früher Position sitzen und haben schwache Karten, ein sehr niedriges Paar oder einfarbig verbundene Karten, von schwächeren natürlich gar nicht zu reden, dann ist es wohl am besten, sofort zu passen. In später Position können Sie mit diesen Karten, falls es mehrere Einsätze im Pot gibt und keine Erhöhung vorgenommen worden ist, natürlich ebenso mitgehen wie am limitierten Tisch (oder aus strategischen Gründen erhöhen, wenn Ihre Spielerfahrung es erlaubt).
Verfügen Sie über ein Taschenpaar in später Position, dann eröffnen sich zwei Möglichkeiten. Sind genügend Spieler im Pot, dass sich die Quoten im Verhältnis zur Chance, einen Drilling zu floppen (8 zu 1), rechnen, dann können Sie schlicht mitgehen und den Flop abwarten. Fällt die dritte Karte zum Paar nicht, dann lohnt sich natürlich meist kein weiterer Einsatz, es sei denn, der Flop besteht aus Karten, niedriger als Ihr Taschenpaar.
Die zweite Möglichkeit wäre ein hoher Einsatz – bis zum Ali-in. Sie wissen, Ihre Chance ist rund 50%, wenn wir die beschränkte Gefahr einer Konfrontation mit einem höheren Taschenpaar beiseite lassen. Nun besteht die Möglichkeit, dass alle passen, und Sie verdienen die bereits erbrachten Einsätze ohne weiteres Risiko. Es kommt natürlich auf die Höhe Ihres Stacks und auf den des möglichen Opponenten an. Spieler mit niedrigem Restbudget am Tisch neigen naturgemäß eher zu erhöhtem Risiko, was bei Spielern, die sich ihren erwirtschafteten Gewinn erhalten möchten, eher nicht der Fall ist.
All-ins wirken immer abschreckend! Auch wenn ein Spieler davon überzeugt sein sollte, dass der Einsatz auf einem Bluff beruht, nur wenn die eigenen Karten deutliche Überlegenheit versprechen, lässt man sich üblicherweise auf dieses Risiko ein. Auch wenn die eigenen Anfangskarten im Potenzial wesentlich höher stehen sollten als die des Gegners, so passiert es trotzdem leicht, dass der Fall der Gemeinschaftskarten dem Bluffer eine seiner beiden niedrigen Karten paart. Gewiss, ein hohes Paar oder A-K laden dazu ein, doch wie oft finden sich solche Karten wirklich am ganzen Tisch? A – Q oder gar A – J werden bereits fraglich, könnte der Bluffer letztendlich doch auch K – 2 oder Ähnliches in der Hand halten.
Ob es richtig kalkuliert sein mag, sich durch die Höhe des Einsatzes ab- schrecken zu lassen, ist natürlich eine andere Frage. Werfen wir wieder einmal einen Blick auf die Ergebnisse der Simulation.
A♥ – 10♦ gewinnt gegen K♠ – 3♠ in 65% aller Fälle!
K♣ – Q♣ gewinnt gegen 6♦ – 5♦ in 61% aller Fälle!
Q♠ – J♠ gewinnt gegen 2♣ – 7♥ in 70% aller Fälle!
In allen genannten Beispielen sind die ersten Karten immer deutlich die besseren und führen in der gegebenen Situation, langfristig gesehen, zum Gewinn. Der abschreckende Effekt des AU-in, dass Spieler sich oft bewusst aus dem Pot bluffen lassen, ist ein psychologischer und hängt sicher in erster Linie von der allgemeinen Kapitalverfügbarkeit ab.
Stu Ungar, der einzige Spieler, der, neben Johnny Moss, dreimal die Weltmeisterschaft in Las Vegas gewonnen hat, setzte während des Turniers 1997 (sein letzter Sieg) siebenmal hintereinander seinen ganzen Stack. Es war natürlich für alle offensichtlich, dass er bluffte! Kein Spieler hat so oft hintereinander derart gute Karten, die einen solchen Gewalteinsatz rechtfertigen würden! Trotzdem hat sich, in diesen sieben Spielen, kein Einziger gefunden, der mitgegangen wäre!
Selten finden wir uns in der Situation, dass mehr als ein Spieler bei sehr hohen Einsätzen mitgeht. Und genau das ist auch die Absicht!
Halten Sie ein hohes Paar, zwischen 9-9 und Q-Q, dann ist es von großer Wichtigkeit, das Feld zu verkleinern; verlieren diese Paare doch enorm an Wert, sobald zumindest eine einzige höhere am Tisch liegt, insbesondere gegen mehrere Gegner. Verschrecken Sie durch Ihren Einsatz alle Spieler, dann haben Sie immerhin einige kleine Einsätze, ohne weiteres Risiko, gewonnen. Anders ist es im Falle von A – A und K-K! Ungeachtet der Position möchten Sie zwar auch das Feld verkleinern, doch in keinem Fall möchten Sie bewirken, dass alle Spieler passen. Je nach Tisch und Einsatzfreude der Gegner empfiehlt sich hier eine vorsichtige Erhöhung. Den saftigen Gewinn holen Sie sich während der nächsten Einsatzrunden!