Feste feiern im Unternehmen von den Lotto und Glücksspielen

Im Juli 1995 gingen dem Rechnungshof Rheinland-Pfalz, der SPD-Fraktion und dem Finanzministerium anonyme Briefe zu. Sie enthielten schwere Vorwürfe gegen führende Lottomanager. Der Schreiber berichtete von einer Reise des Verwaltungsrats, einem Ausflug mit Frauen, nach Wien.

Es gebe wohl kaum eine Reise, wo die Damen nicht auf Kosten des Lottos oder anderer Firmen mitfuhren: Amerika, Südafrika… Ein großer Teil der Kosten sei über Rubbelautomaten finanziert worden. Die Nebenkosten seien in Wien so hoch ausgefallen, dass die Rechnungen eine Firma übernahm, die der Lotteriegesellschaft solche Spielgeräte lieferte. Lotto sei dafür eine Rechnung über mehrere Rubbelautomaten gegeben worden. Der Schreiber nannte die Namen des Geschäftsführers, eines Prokuristen und eines Sportfunktionärs, die das untereinander abgestimmt hätten. Damit nicht genug: Bei der Neuvergabe von Druck- und auch Speditionsaufträgen sollen dreimal sechsstellige Schmiergelder geflossen sein. Die Firmen lieferten heute um 15 bis 25 Prozent teurere Waren und Dienstleistungen. Auch beim Bau der neuen, luxuriösen Lottozentrale sollen erhebliche Geldbeträge im Spiel gewesen sein. Sogar die Rabatte beim Autokauf seien privatisiert worden. Rechnungshofchef Wolfgang Brix konnte diese Vorwürfe nie verifizieren. Finanzstaatssekretär Thilo Sarrazin erinnert sich heute, dass die Vorgänge nicht mehr hinreichend rekonstruierbar waren. Die haben wie die Weltmeister Vorgänge beseitigt. In der Rechnungsprüfungskommission konnte er immerhin mitteilen, das Unternehmen habe in einer Stellungnahme eingeräumt, dass man nicht alle Fakten bestreite, die in dem anonymen Schreiben enthalten seien. Sie müssten allerdings anders interpretiert werden.

Wolfgang Brix und seine Mitarbeiter konnten dafür andere Beispiele für Verschwendung nachweisen: Zum 70. Geburtstag eines Verwaltungsratsmitglieds machten die Lottomanager 17 000 € locker: für Musik, Fotos, Schachcomputer und Bewirtung in einem Nobelhotel. Einem anderen Jubilar schenkten Weiler & Co. zum 60. Geburtstag einen Farbfernseher für 1000 €. Ungefähr 550 000 € gab die Gesellschaft von 1989 bis 1993 für Bewirtung von Gästen und Gremienmitgliedern aus, wobei die Einzelrechnungen dem Rechnungshof unvertretbar hoch erschienen. Auslandsreisen wurden häufig zu kleinen Betriebsausflügen mit einer unnötig großen Zahl von Teilnehmern. Die Geschäftsführung hielt solche Ausgaben für angemessen, berichtete der Rechnungshof pflichtgemäß, wollte sich dieser Einschätzung allerdings nicht anschließen. Er stellte fest: Jedes unwirtschaftliche Verhalten der Gesellschaft schmälert ihre Gewinnausschüttung an die drei Sportbünde sowie an das Land und verkürzt damit zugleich die institutionelle Förderung des LSB [Landessportbunds, P. K.] aus dem Landeshaushalt.

Alle Lotteriemanager haben offenbar die Neigung, gern und viel zu reisen. Gut, dass es internationale Zusammenschlüsse auch beim Lotto gibt, die zu Konferenzen rund um die Welt laden. Das muss man ja nicht gleich allen auf die Nase binden. Die nächste Sitzung der Europasektion, meldete der Geschäftsbericht 1994 der Bremer Toto und Lotto GmbH deshalb dürr, findet im Rahmen der INTER- TOTO-Direktorenkonferenz 1995 statt. Bei den bisherigen Treffen war der Ort der Veranstaltung stets genannt: 1993 Kopenhagen, 1997 Berlin. Für 1995 fehlte der Veranstaltungsort. Vermutlich wollten die Lottomanager nach den letzten Skandalen nicht noch weiter Öl ins Feuer gießen und keinerlei Neid bei den Tippern aufkommen lassen. Denn die europäischen Lottochefs versammelten sich 1995 im australischen Perth.

Auch im hessischen Lottoskandal ging es um die Frage, ob die Lottomanager zu viel gereist seien und dies den Straftat-bestand der Veruntreuung erfülle. Im Juli 1993 etwa flogen 25 Annahmestellenleiter mit dem Geschäftsführer nach New York. Auch diese Kosten von 415 000 € verkürzten den Überschuss. Im Falle des Geschäftsführers Dumschat wurde das Ermittlungsverfahren schließlich eingestellt – gegen eine Zahlung Dumschats von 30 000 € an die Lotterie-Treuhandgesellschaft mbH Hessen. Auch sonst zeigten sich die Manager in Wiesbaden großzügig, etwa im Dezember 1993, als die Teilnehmer der Kultusministerkonferenz geschlossen das Frankfurter Variete Tigerpalast besuchen durften. Die Bewirtungskosten, immerhin 30000 €, sollte auf eine Bitte des damaligen Kultusministers Hartmut Holzapfel die hessische Lotteriegesellschaft übernehmen.

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