Poker im Internet, Zusammenfassung und weitere neue Strategien

Die überwiegende Mehrzahl von Pokerspielern lebt mit regelmäßigen Verlusten. Eine deutliche Minderheit hält sich übers Jahr ausgeglichen und widmet sich somit einem Hobby, das zumindest keine Unkosten verursacht. Ein wirklich kleiner Prozentsatz erzielt regelmäßige Gewinne!

Bücher zum Thema zu lesen ist in jedem Fall eine enorme Hilfe, aber niemals als Garantie zu verstehen, auch sofort zu den besten Spielern zu zählen. Unglaublich sind die Erklärungen, Verdächtigungen, Vermutungen von Verlierern, die sich mit dem Spiel vertraut glauben und trotzdem regelmäßige Verluste hinnehmen.

Eine diesbezüglich weit verbreitete Behauptung ist, dass ein guter Spieler, der mit allen Feinheiten der Kunst vertraut ist, auf locker gespielten Tischen, auf denen die Mehrzahl der Teilnehmer planlos – und somit undurchschaubar – Einsätze platziert, um seinen Vorteil gebracht wird, ja sogar zwingend in die Verlustzone gerät, da er selbst aus Vernunftgründen passt, wenn sich die Chance nicht rechnet, während andere bis zum Ende im Spiel bleiben und jede Begegnung von irgendeinem Glückskind gewonnen wird.

Diese Behauptung, Ausrede, das Sich-Eingestehen der eigenen Schwäche umgehend, ist natürlich blanker Unsinn; andernfalls es zielführend sein müsste, absichtlich gegen das eigene Konzept zu spielen, würde die schlechte Spielweise wirklich zum Erfolg führen!

Derartige Behauptungen werden von Spieler aufgestellt, die zwar mit den allgemeinen Grundsätzen von Hold’em vertraut sind, aber nie wirklich zu verstehen gelernt haben, diese auch zum eigenen Vorteil einzusetzen. Verlieren sie an einem Tisch mit guten Spielern, meist mit höheren Einsätzen, dann nehmen sie diesen Verlust mit gewisser Gelassenheit hin, sich des Mangels der eigenen Erfahrung hierbei bewusst. Gelingt es ihnen aber nicht, an einem Tisch zu gewinnen, an dem ein Haufen von blutigen Anfängern, gegen jede Regel der Kunst, wild aufeinander einschlägt, und er selbst, der sich besser Glaubende, sieht dabei seinen eigenen Stack dahinschmelzen, dann kann es doch nicht an seinem mangelnden Geschick liegen, wenn die Gegner doch offensichtlich über noch weniger davon verfügen. Wie sagte doch Robert Rühl, ehemaliger Eishockeyprofi, so gern und oft zu den Stammgästen in seinem kleinen Cafe in der Josefstadt in Wien: „Nicht das Schlechte ist schlecht, sondern das Mittelmäßige; denn man könnte es für gut halten!“

Jedem Pokerspieler, auch den weitbesten, passiert es, dass er verliert. Favoriten der Weltmeisterschaft werden von Neulingen am ersten Tag aus dem Turnier geworfen. Und trotzdem setzt sich der gute Spieler am Ende immer wieder durch! In jedem einzelnen Spiel entscheidet der Fall der Karten – in 1.000 Spielen entscheidet das Geschick!

Wenn immer ein Pokerspieler, der Profi ebenso wie der Lernende, Verluste erleidet, dann analysiert er, wie es zu diesen Verlusten gekommen ist. War es wirklich der Fall der Karten, der jeder Wahrscheinlichkeit widersprochen hat? Habe ich vielleicht zu locker gespielt, bin zu oft und riskant mitgegangen? Habe ich versucht, Calling Stations aus dem Pot zu bluffen? Habe ich scheinbar zielloses Erhöhen von Maniacs nicht durchschaut? Habe ich meine guten Karten durch offensichtlich aggressives Spiel verraten und meine Gegner dadurch aus dem Pot getrieben?
All diese und viele andere Fragen tauchen auf! Und eine ganz besonders wichtige: War ich auch in der entsprechenden Verfassung, um wirklich mein Bestes zu geben?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung:
Es hatte sich einmal über einige Tage hinweg ergeben, dass ich meine Frau morgens um 5.00 Uhr zu ihrer kranken Mutter bringen musste. Den Rest des Tages konnte ich mir beliebig einteilen. Also, gegen 7.00 Uhr war ich wieder im Bett, musste aber gegen Mittag wieder aufstehen, um meinem zuckerkranken Kater die Insulinspritze zu verabreichen. Noch ein paar Stunden Schlaf am frühen Abend, um Mitternacht jedoch kriegte Hermann, der Kater, wieder seine Spritze. Danach konnte ich nicht mehr einschlafen, und somit verbrachte ich die verbleibenden Nachtstunden, nebenbei auf die Übermüdung meiner Gegner rechnend, vor dem Computer und spielte Poker.

Nacht für Nacht musste ich Verluste hinnehmen! Ich sah keine Fehler in meinem Spiel – also, es musste sich eben um eine dieser unvermeidlichen Pechsträhnen handeln!

Nach einigen Wochen passierte das Gleiche wieder! Frau zur Schwiegermutter chauffieren, dem Kater Insulin verabreichen, meine Schlafgewohnheiten dabei auf den Kopf gestellt. Nachdem ich zu diesem Zeitpunkt aber einen Text zu überarbeiten hatte, wollte ich die Nachtstunden für diese Arbeit nutzen! Ich wollte, doch ich konnte nicht!

Es ist mir einfach nicht gelungen, mich entsprechend auf das Geschriebene zu konzentrieren. Während ich einen Satz überarbeitete, vergaß ich den vorangegangenen. Nach drei Sätzen wusste ich nicht mehr, in welchem Poker-Artikel ich war. Wenn immer ich einen korrigierten Satz wieder las, sträubten sich mir die Haare, der unglaublich schlechten Formulierung wegen, und trotzdem fiel mir keine bessere ein. Völlig aus dem gewohnten Schlafrhythmus geworfen, litt ich unter extremen Müdigkeitserscheinungen.

Und davor war ich als erfahrener Pokerspieler überheblich genug zu glauben, dass meine Verfassung schon dafür ausreichen werde, diese Schwächlinge, die sich nach ein paar Dosen Bier, lange nach Mitternacht, noch dem Pokerspiel widmen, locker zerschmettern zu können!
An vorangegangener Stelle habe ich ein verfügbares Kapital von etwa 1.000 kleinen Einsätzen (Big Blinds) empfohlen. Gleiten Sie 500 Einsätze in die Verlustzone, dann sollten die Warnlichter aufleuchten. Unterbrechen Sie Ihr Spiel, analysieren Sie es, überdenken Sie es, lesen Sie nach, stellen Sie Ihre Konfrontationen in Foren zur Diskussion, lassen Sie sich beraten!

Umso deutlicher müssen Sie sich die Frage nach Ihren eigenen Qualitäten als Pokerspieler natürlich stellen, sollten Sie Ihr gesamtes Anfangskapital von 1.000 Stück in den Sand gesetzt haben! Nun, wir wollen hoffen, dass es so weit nicht kommen wird. Als analytischer, gewinnorientierter Spieler, der sich dem Studium der Thematik ebenso widmet wie der Selbstbeobachtung, müsste es im ungünstigsten Fall zumindest gelingen, sich ausgeglichen zu halten; und mit Hilfe der gesammelten Erfahrung werden Sie sich letztendlich auch Schritt um Schritt verbessern!

Nicht oft genug kann es wiederholt werden, dass der Schlüssel zum erfolgreichen Spiel in der richtigen Bewertung der Anfangskarten liegt. Auch wenn die Gegner am Tisch auf jeden Müll einsetzen, auch wenn wir mehrmals mit grausigen Karten gewonnen hätten, wären wir gerade in diesem Spiel mitgegangen, wir bleiben unserer Linie treu; wir spielen nur das chancenreichste Blatt. Und sitzen wir über lange Zeiträume hinweg gelangweilt am Tisch, dann sollten wir uns immer vor Augen halten, dass es gewiss immer besser ist, Zeit zu verschwenden als Einsätze, andernfalls wir beides zusammen verschwenden würden.

Im Internet spielend, bieten viele Webseiten Statistiken zur jeweiligen Spielweise an. Hier wird aufgezeigt, wie hoch der Prozentsatz der gewonnenen Spiele ist; wie oft gepasst, gecheckt, mitgegangen, erhöht worden ist; und auch, wie viele Flops gesehen wurden. Spielen wir vernünftig, so sollte dieser Prozentsatz am Zehnertisch bei etwa 30% und am Sechsertisch bei rund 50% liegen. Über kurze Zeitspannen hinweg kann es natürlich Vorkommen, dass wir mehrmals hintereinander Spitzenkarten zugeteilt bekommen. Über mehrere Spielstunden hinweg gleicht sich das aber so gut wie immer aus.

Es ist nicht notwendig, die Outs und die Potquoten in ihrem exakten Prozentsatz in Vergleich zu stellen. Natürlich reichen annähernde Werte hier immer aus! Wir sollten uns aber niemals dazu motivieren lassen, diese Werte zu beschönigen, um Gründe für ein ungerechtfertigtes Mitgehen zu finden. Wenn wir am River eine bestimmte Kartenfarbe brauchen, und es befinden sich noch neun passende Karten im Restpaket von 46, dann ist die Chance auf einen Kauf knapp 20%! Auch wenn die Verlockung noch so groß sein sollte, auch wenn eine innere Stimme uns dazu raten sollte, wenn sich unser zu erbringender Einsatz nicht zumindest verfünffacht, dann müssen wir passen; andernfalls würden wir uns absichtlich in eine nachteilige Situation bringen!

Auch kurzfristig, gelegentlich, den Spieltrieb in sich erwachen zu lassen, zum Gambier zu werden, ist am Pokertisch nicht angebracht. Spekulieren wir auf Glück und Unwahrscheinlichkeiten, wird unser Basisnachteil am Pokertisch deutlich höher als in jedem Kasinospiel!

Wenn wir mit 2 – 2 im Bunker auch noch so sehr das brennende Gefühl erleben, dass eine dritte 2 mit Sicherheit im Flop auftauchen wird, dann sollten wir in jedem Fall bedenken, dass, wenn wir wirklich die Fähigkeit zum Wahrsagen hätten, wir damit eher den wöchentlichen Jackpot im Lotto knacken sollten!

Das Praktizieren im Internet um virtuelles Geld ergibt nur beschränkten Sinn. Sind wir völlig unerfahren, über kurze Zeitspannen hinweg, oder auch zur besseren Vertrautheit mit der jeweiligen Software, ist es immer ratsam. Seine Spielweise wirklich zu verbessern ist hier meist nicht möglich. Das Spiel der meisten Teilnehmer wird völlig unkontrolliert, wenn sich das Basisbudget jederzeit und in Sekundenschnelle erneuern lässt.

Zum Praktizieren ist es ratsamer, sich an Tischen mit Einsätzen von wenigen Cents zu erproben als um Spielgeld!

Auch bieten die meisten Webseiten Turniere mit einer Nenngebühr von $ 2 + 0,20 und aufwärts. Natürlich ist es nicht wirklich leicht, auch für erfahrene Spieler, sich in solchen Turnieren auf den Finaltisch zu spielen, finden sich doch meist mehrere hundert Teilnehmer. Trotzdem, hier lässt sich Erfahrung sammeln, die eigene Spielweise erproben, ohne sein Budget damit wirklich zu belasten.

Spielen wir in Turnieren mit höheren Einsätzen, so müssen wir uns natürlich darauf einstellen, dass wir möglicherweise über längere Zeiträume hinweg völlig ohne Gewinne verbleiben. Am regulären Tisch lässt sich sehr rasch eine gewisse Regelmäßigkeit bei den Einnahmen erkennen. Im Turnierspiel kann es durchaus passieren, dass wir zehnmal, zwanzigmal, dreißigmal in den Vorrunden ausscheiden, um dann doch endlich am Finaltisch zu sitzen, in den höheren Rängen abkassieren – und unsere Nenngebühr sich plötzlich vervielfacht, alle vorangegangenen Verluste neutralisierend und überholend.

Lassen wir in einer großen Zahl von Turnieren die überwiegende Mehrzahl der Gegner hinter uns, und es will uns einfach nicht gelingen, den Finaltisch zu erreichen, weil wir, so kurz vor dem Ziel, immer wieder gegen ein unschlagbares Blatt anrennen, dann ist es natürlich mehr als empfehlenswert, diese Entscheidungsbegegnungen zu analysieren; festzustellen, ob wir uns nicht, unserer Position wegen, von Übermut erfüllt, zu Leichtsinnigkeiten haben verleiten lassen. Auch hier ist das Besprechen der jeweiligen Situationen in Internetforen, zum Erkennen eigener Fehler, immer wieder äußerst hilfreich.

Ganz zum Abschluss möchte ich auch nochmals daran erinnern, dass sich finanzieller Druck niemals positiv auf unsere Spielweise auswirken kann. Weder wenn wir in der Situation sind, dass wir uns Verluste nicht leisten können, noch wenn wir unbedingt und dringend Geld brauchen und dieses am Pokertisch erwirtschaften möchten.

Am besten spielt es sich, wenn das jeweilige Kapital ausschließlich dem Spiel zur Verfügung steht. So wie ein heranwachsendes Kleinunternehmen vom Besitzer leicht in den Ruin gestürzt werden kann, entnimmt er dem Betrieb zu häufig Gelder für private Zwecke, so können wir auch unser Pokerkapital als wirtschaftliche Investition betrachten, dessen Profit wir erst dann abschöpfen, wenn das Kapital in Dimensionen gestiegen ist, dass auch vorübergehende Kursschwankungen zu keiner Gefährdung führen können.

In den nachfolgenden Tabellen können Sie sich mit den verschiedenen Wahrscheinlichkeiten in unterschiedlichen Spielphasen vertraut machen. Nehmen Sie sich dafür entsprechend Zeit. Vor allem in der Anfangsphase kann es niemals schaden, ausgedehnte Einblicke in diese Tabellen zu nehmen.

Nachdem sich im Internetpoker Englisch als internationale Sprache durchgesetzt hat, sollten Sie sich auch hier mit einigen notwendigen Begriffen vertraut machen. Sie finden am Ende des Buches eine Liste mit den gebräuchlichsten Ausdrücken.

Liebe Leserin, lieber Leser, Vorsicht ist nicht nur die Mutter der Porzellankiste, sie ist auch der Schlüssel zum erfolgreichen Pokerspiel. Übertriebene Vorsicht mag dem Maximieren des Gewinns gelegentlich im Wege stehen, doch bewahrt sie uns immer wieder vor unerwünschten Verlusten. Wenn immer Sie sich nicht völlig sicher sind, wie Sie sich am besten entscheiden sollten, dann wählen Sie die passive Variante – oft genug werden Sie auch feststellen, dass es im gegebenen Fall auch die beste war. Vergessen Sie nicht: Geduld ist die absolute Grundvoraussetzung im gewinnorientierten Pokerspiel!
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen!

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