Naturschutz, da habt ihr 300000 EUR vom Lotto gewonnen

Die Stiftung Umwelt und Naturschutz in Magdeburg konnte ihr Glück gar nicht fassen: Plötzlich schüttete Lotto sein Füllhorn über den Naturschützern aus. Der Abteilungsleiter im Umweltministerium und stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, Ulrich Koehler, erinnert sich: Plötzlich tauchte Toto-Lotto auf und sagte: Da habt ihr 300000 €. Der überraschende Geldsegen kam, weil das Lotteriegesetz vorsieht, dass auch der Naturschutz aus den Zweckerträgen bedient werden muss, genauer: aus der Losbrieflotterie. Wohin mit dem Geld? Da kam es gerade recht, dass eine alte Dame aus Essen 1996 verstarb und die 18 Erben ihr Haus in der Steubenallee 2 zum Verkauf anboten, in dem ohnehin schon eine Handvoll Um-weltverbände residierten. Die Stiftung griff zu. Für rund 400 000 € erwarb sie das baufällige Haus, die Renovierung kostete noch einmal so viel. Heute haben dank Hunderttausenden von Loskäufern sieben Umweltverbände zwar eine mietgünstige Heimstatt und die Stiftung sogar laufende Mieteinnahmen, aber bis 1998 konnte die Stiftung kein einziges Projekt fördern, weil kein Geld da war. Eigentlich sollen mit den Zweckerträgen kleinere Projekte mit bis /u 10000 € unterstützt werden. Die Erträge aus der Losbrieflotterie ZipZap, die im April 1997 mangels Umsatz eingestellt wurde, können die Tipper heute nicht in der Natur, sondern im Umwelthaus betrachten. Dass Lottomittel an Stiftungen vergeben werden, um einen Kapitalstock zu erichten, nimmt überhand. Dass die Magdeburger sich eine Immobilie anschaffen durften, ist eine Variante. Die häufigere ist es aber, Stiftungskapital anzuhäufen und die in der Zukunft anfallenden Zinsen für die eigentlichen Zwecke oder die Verwaltung zu gebrauchen.

Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein hat die Aufgabe übernommen, für den Naturschutz besonders geeignete Grundstücke anzukaufen. Rund 12 000 Hektar Land, ein Prozent Schleswig-Holsteins, hat die Stiftung in den 20 Jahren ihres Bestehens übernommen und rund 120 Millionen € investiert. Insgesamt gehört ihr derzeit schon ein Zehntel der Fläche des nördlichsten Bundeslandes. In den Räumen des Geschäftsführers, Walter Hemmerling, hangt eine große Landkarte, darauf viele markierte Flächen. 15 Prozent sind das Ziel, erläutert Hemmerling. Angekauft wurde zunächst aus Haushaltsmitteln des Landes. Mit zunehmend knapperen Landeskassen wurde dann auch auf Lotto zurückgegriffen, meint Hemmerling. Im Prinzip wäre dagegen nichts zu sagen, denn die in Schleswig-Holstein gültige Verordnung über die Genehmigung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen vom 6. März 1937 genehmigt Lotterien, wenn ihr Ertrag Zwecken zugute kommt, die allgemeiner Billigung sicher sind. Ein Gummiparagraph zwar, mit dem ein charismatischer Diktatur auch einen Krieg hätte finanzieren können, aber gültig.

Bis 1997 war die in Kiel beheimatete Stiftung Naturschütz Schleswig-Holstein im Umweltministerium untergebracht und wurde von einem Beamten geleitet. Heute residiert sie im dritten Stockwerk eines neuen Klinkerbaus direkt am Hafen. Hemmerling war zuvor beim Landesamt für Natur und Umwelt (Lanu) beschäftigt. Den Vorstand beruft die Landesregierung nach Wahl durch den Stiftungsrat. Diesem sitzt laut Satzung der Staatssekretär im Umweltministerium vor, derzeit Henriette Berg. Das Ministerium überprüft auch den Haushalt der Stiftung. Bei der Verwaltung ihrer Ländereien unterstützt die Schleswig-Holsteinische Landgesellschaft mbH die Stiftung. Sie sitzt wie die Stiftung in der Fabrikstraße 7 zu Kiel. Die Landgesellschaft gehört zu knapp 60 Prozent dem Land, zu 25,5 Prozent dem Bund und zu kleinen Teilen einigen Banken und den Kommunen. Inzwischen ist sie Teil eines Konzerns geworden, der Landesentwicklungsgesellschaft Schleswig-Holstein. Die angekauften Grundstücke gehen in den Besitz der Stiftung.

Dass das Land sich so stark für den Naturschutz einsetzt, ist lobenswert, und so kann Hemmerling auch ohne Scheu sagen: Ja, wir sind ein Instrument der Landesregierung. Doch Hemmerling und seine Kollegen streben mehr Unabhängigkeit an. Der Landesregierung scheint das nicht unrecht zu sein. Die Stiftung erhält aus dem Zweckertrag des Spiels 77 jährlich 1,5 Millionen €. Bisher wurde das Geld überwiegend zum Ankauf der Flächen verwendet, in den nächsten drei Jahren soll damit das Stiftungskapital, bislang zehn Millionen €, aufgestockt werden. Aus den Zinsen, freut sich Hemmerling, sollen dann künftig unsere Verwaltungskosten bestritten werden.

Das Ansammeln von Kapital ist nach dem Lotteriegesetz nicht zulässig, wird gleichwohl auch in anderen Bundesländern immer beliebter. Lotteriemittel sind nach der Lotterieverordnung von 1937, die mangels eines landeseigenen Lotteriegesetzes in Schleswig-Holstein gültig ist, unmittelbar für begünstigte Zwecke zu verwenden. Aufgrund dieser eindeutigen Zweckbindung, so der Rechnungshof, kommt eine Thesaurierung der Mittel und eine auf Kapitalerträge begrenzte Verwendung bei der jeweiligen Stiftung zugunsten des Landes nicht in Betracht.

Es erübrigt sich zu sagen: Die erworbenen Grundstücke lallen im Fall einer Auflösung der Stiftung dem Land zu und gehören de facto diesem. Gleichermaßen gehen die von der schleswig-holsteinischen Kunststiftung angekauften Kunstwerke in den Besitz des Landes über. So bereichert sich auch Schleswig-Holstein auf undurchsichtige Weise an den Spieleinsätzen der Tipper.

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