Mehr über die Angestellte und die Bezirksstellen im Lotto

Divide et impera, teile und herrsche! Kluge Regenten wissen schon lange, dass man dem Fußvolk etwas abgeben muss vom Reichtum, damit es stille hält. In Stuttgart genehmigte der Aufsichtsrat schon 1985 den Lottoprokuristen zum Gehalt eine zwanzigprozentige Zulage. Heute profitieren nicht nur die oberen Chargen. Offenbar dürfen sich inzwischen alle Lottobeschäftigten zu den Glückspilzen zählen. Schließlich sorgen die Tipper für einen stetigen, nie versiegenden Geldfluß.

Dass die Gehälter in Stuttgart die Angestellten durchaus zufriedenstellen können, haben wir gesehen. Die Stuttgarter Landesbezirksleitung der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) entdeckte 1998 eine neue Möglichkeit, wie sie ihren Mitgliedern mehr Geld aus den Lottoeinsätzen zukommen lassen kann: Überall, und so auch in Stuttgart, stand der 50. Geburtstag der Lottogesellschaft an. Die Arbeitnehmervertreter meinten deshalb: Keine Frage: Zum 50sten Jubiläumsjahr sollen auch die Arbeitnehmer etwas bekommen… Auch? Wer bekommt da noch was? Die Gewerkschafter jedenfalls forderten neben Lohnerhöhungen von vier Prozent eine einmalige Jubiläumszahlung von € 1200,- (auf Vollzeitbasis). In ihrer Tarifinfo für die Beschäftigten der Staatlichen Toto- Lotto GmbH, Stuttgart vom März 1998 konnte die Gewerkschaft ihren Mitgliedern erfreuliche Neuigkeiten melden. Es scheint eine gewisse Bereitschaft vorhanden zu sein, auf diese Forderung einzugehen, wobei neben dem Betrag die Frage offen blieb: Alle das gleiche oder gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit?

Sicher aber war: Es gibt etwas zusätzlich. Auch in Rheinland-Pfalz schüttete die Geschäftsleitung das Lottofüllhorn über den Angestellten aus. Der Haustarifvertrag, abgeschlossen mit der HBV, sicherte den Mitarbeitern nicht nur ein 13. und ein 14. Monatsgehalt. Ihr durchschnittliches Salär erhöhte sich in vier Jahren von 4872 auf 6010 € im Jahr 1993. Damit lagen die Lottoangestellten deutlich über dem ohnehin schon ganz stattlichen Bankentarif: Die niedrigste Vergütungsgruppe lag 22 Prozent darüber, die höchste sogar 41 Prozent. Jeder fünfte der 100 Vollzeitmitarbeiter verdiente etwa so viel wie ein Abteilungsleiter in einem Ministerium oder ein Oberbürgermeister in einer mittelgroßen Stadt. Außerdem besteht eine gute betriebliche Zusatzaltersversicherung für alle Mitarbeiter. Und natürlich sind die Betriebszeiten auf die Minute einzuhalten. Wer freitags um 14 Uhr anruft, hat Pech: Guten Tag, hier ist der automatische Anrufbeantworter der Lotterie-Treuhandgesellschaft mbH Hessen. Sie erreichen uns während der Geschäftszeiten Montag bis Donnerstag, sieben Uhr fünfzehn bis sechzehn Uhr, und Freitag, sieben Uhr fünfzehn bis zwölf Uhr fünfzehn. Immerhin kann man eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen.

Auch der Osten ist offenbar bei der Vergütung der Ange-stellten ausgesprochen großzügig. Hans Wondracek, Vertreter der HBV, freut sich, dass wir einen guten Tarifabschluss hingekriegt haben. Wir machen uns auf den Weg Richtung Baden-Württemberg, wo die besten Gehälter bezahlt werden.
Setzt man die Personalkosten ins Verhältnis zu den Um-sätzen, ergeben sich deutliche Unterschiede:

Personalkosten und Umsatz 1996 in tausend €
Land Personal­ Umsatz (mit Anteil der Per­
kosten (mit Bearbeitungs­ sonalkosten am
Sozialabgabe) gebühr) Umsatz in %
Saarland 11900 199300 5,97
Bremen 4 606 111767 4,12
Mecklenburg-Vorp. 3 895 113114 3,44
Thüringen 5734 170 831 3,36
Berlin 17548 551394 3,18
Hamburg 10636 351797 3,02
Rheinland-Pfalz 20260 672215 3,01
Sachsen-Anhalt 5 807 208425 2,79
Brandenburg 4 711 184000 2,56
Sachsen 6727 375 291 1,79
Hessen 17395 1008300 1,73
Schleswig-Holstein 7779 479230 1,62
Nordrhein-Westfalen 49526 3 098799 1,60
Niedersachsen 18 876 1290179 1,46
Baden-Württemberg 22050 1666 267 1,32
Bayern ca. 19 000 1917000 0,99

Natürlich sind kleinere Einheiten bei dieser Berechnung benachteiligt, denn die unvermeidbaren Fixkosten schlagen bei ihnen stärker zu Buche. Dennoch lassen sich einzelne Gesellschaften vergleichen: Auffällig sind die exorbitant hohen Personalkosten in Bremen und im Saarland. Das wundert nicht, denn mit 148 beschäftigt die Saarland- Sporttoto GmbH so viele Vollzeitangestellte wie die Schwester in Baden-Württemberg, die aber den achtfachen Umsatz erzielt.94 Sachsen-Anhalt, vom Umsatz her mit dem Saarland vergleichbar, kommt mit weniger als der Hälfte der festangestellten Vollzeitkräfte aus. Bremen hat nur den halben Umsatz im Vergleich zu Sachsen-Anhalt, aber fast gleich hohe Personalkosten und zwei Geschäftsführer, während etwa eine größere Gesellschaft wie die Sachsens sich mit einem begnügt.

Auch WestLotto müsste angesichts seines Umsatzes (ein Drittel der bundesweiten Einsätze) besser dastehen. 1,6 Prozent der Einsätze gehen in Münster fürs Personal drauf. Im Geschäftsbericht 1995 lobte die Geschäftsführung die Beschäftigten ausdrücklich als engagiert, zuverlässig und schnell. Weil man von Lob allein nicht leben kann, hieß es noch: Dafür beteiligte das Haus seine Mitarbeiter stets am Geschäftsergebnis. Auch diejenigen, die vor Ort das Produkt zu verkaufen haben, werden nicht vergessen: Auch die Vertriebspartner des WestLotto partizipieren angemessen am Erfolg des Unternehmens. Im Blockvergleich liegen sie mit ihrem Provisionseinkommen an der Spitze.

So lobte auch Bayerns damaliger Finanzminister Georg von Waldenfels vor mehr als 1000 bayerischen Annahme-stellenleitern die Großzügigkeit seiner Verwaltung. Die Annahmestellen beschwerten sich, weil ihre Provision von einst 7,8 Prozent nun sogar auf 7,5 Prozent sinken solle. Waldenfels dagegen meinte, die Provision liege damit in Bayern noch immer um über einen Prozentpunkt höher als in anderen Bundesländern.

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