Immer sechs Richtige im Lotto und das Lottopersonal

Das Totalisator ist eine Versicherung, die sich immer aus-zahlt – für die Veranstalter. Wenn Otto Lotto mit seinen Freunden würfelt, kann ihn das Glück ganz schön verlassen. Angenommen, er und seine fünf Freunde spielen jeweils die nächste Bierrunde aus. Wessen Zahl fällt, der muss die Rechnung der ganzen Runde übernehmen. Im Jahresdurchschnitt wird jeder etwa gleich oft bezahlen. Aber an einem Abend fällt ständig Ottos Zahl. Das kann teuer werden.

Nicht so beim Lotto. Das Totalisatorprinzip macht Toto und Lotto zu einer sicheren Bank. Denn die Höhe der Gewinne richtet sich nach den Einsätzen. Die Hälfte der Einsätze wird ausbezahlt. Gibt es viele Gewinner, bekommt keiner den vollen Höchstgewinn, sondern jeder nur einen Anteil davon. Ein unternehmerisches Risiko besteht in keiner Weise. Wenn Otto Lotto seinen Spielschein abliefert, spielt er nicht wie etwa beim Roulette gegen das Unternehmen, das nur die Infrastruktur zur Verfügung stellt. Nein, er spielt gegen die Mitspieler. Der Verwaltungsaufwand wird, wie am Beispiel Rheinland-Pfalz aufgezeigt, mehr als ausreichend durch feste Prozentsätze abgedeckt, die – falls nötig – angepaßt, also aufgestockt werden. Neben geringen Anreizen zur kostenmäßigen Effizienzkontrolle führt dies zu einer Ausrichtung an Partikularinteressen von Parteien und Lobbyisten. Statt den Ablauf effizient und kostensparend zu gestalten, genügt es den Lottomanagern, ihr Augenmerk auf die Verteilung garantiert hereinfließender Gelder zu richten.

Das beginnt mit den Gehältern für die Geschäftsführer, deren Höhe nicht nur in Baden-Württemberg inzwischen gehütet wird wie ein Staatsgeheimnis. Wenn die Opposition in den Landtagen Näheres in Erfahrung bringen möchte, wird meist gemauert. Das Plenarprotokoll PIPr 11/127 des nordrhein-westfälischen Landtags vom 20. April 1994 gibt beispielhaft und auf amüsante Weise wieder, wie da Geheimniskrämerei betrieben wird: Der Abgeordnete Daniel Kreutz, mit Bündnis 90/Die Grünen seinerzeit noch nicht in der Regierungsverantwortung, fragte Finanzminister Heinz Schleußer (SPD):

Herr Minister, können Sie bestätigen, dass die beiden Geschäftsführer von WestLotto, also Herr Schwefer und Herr Maedge, jeweils rund 400 000 € Jahresgehalt beziehen plus Dienstwagen der Dreiliterklasse und Fahrer?
Der Finanzminister antwortete kurz angebunden: Nein.

Kreutz’ Kollege Manfred Busch hakte nach: Herr Minister, ist es richtig, dass die Treuarbeit, die offenbar die wesentliche Kontrolle der Lottogesellschaften durchführt, nicht die Aufgabe hat, die Gehälter der leitenden An-gestellten zu prüfen?

Schleußer antwortete: Die Treuarbeit überprüft alle wesentlichen Punkte dieser Gesellschaft.

Auf eine weitere Nachfrage hin wich Schleußer einer Antwort aus, indem er erklärte, es würden ausschließlich vertraglich vereinbarte Gehälter und Zuwendungen gezahlt. Weil das eine Selbstverständlichkeit ist, wurde gefragt, ob der Minister denn sagen könne, wie hoch die Gehälter sind. Schleußer: Ich bin dafür, dass Sie die Betreffenden oder ggf. die Gesellschaft fragen.

Das genügte den Abgeordneten noch immer nicht. Ob er denn die Gehälter kenne. Auch dann, wenn ich sie kennen würde, würde ich sie hier nicht plenar darstellen. Weil damit die Frage nicht beantwortet worden war, gab es noch zwei Nachfragen. Schließlich erklärte der Minister, was er gesagt habe, sei nach meinem Dafürhalten eine ausreichende Antwort. Landtagspräsidentin Ingeborg Friebe sprang dem bedrängten Minister bei. Sie erklärte die Frage für beantwortet und rief die nächste mündliche Anfrage auf.

Daniel Kreutz und Manfred Busch erinnern sich: Die Zahl von 400 000 € sei damals in der WestLB kursiert. Eine Bestätigung konnten sie dafür allerdings nicht erhalten. Die Lottogesellschaft, das sei ein richtiger Sumpf, hat Manfred Busch festgestellt, die habe sich allseitig interessengeleitet abgeschottet.

Um so mehr, als in Nordrhein-Westfalen nicht einmal der Rechnungshof ein Prüfrecht hat, weil die Westdeutsche Landesbank (WestLB) und ihre Beteiligungsunternehmen nach Paragraph 112 Absatz 2 der Landeshaushaltsordnung auszunehmen sind. Die einzige Information, die Rückschlüsse darauf zulässt, dass ein Lottogeschäftsführer auch in Nordrhein-Westfalen nicht im Armenhaus landet, stammt von der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. Dort wird seit April 1997 ein Ermittlungsverfahren gegen Theodor Schwefer wegen möglicher Steuerhinterziehung geführt. Bei Ermittlungen gegen die Westdeutsche Landesbank wurde offenbar ein Schweizer Konto Schwefers entdeckt, das Einlagen in Millionenhöhe aufweisen soll.

Auch in den anderen Glücksspielgesellschaften dürfen sich die Geschäftsführer über attraktive Gehälter freuen. Die Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB) zahlte 1995 für ihre zwei Vorstandsmitglieder 571304,48 € Bezüge einschl. Nebenleistungen und Beihilfen, im Jahr darauf 543 498,87 €.

Die Geschäftsberichte der Toto-Lotto Niedersachsen GmbH weisen 1993 und 1994 für zwei Chefs Bezüge in Höhe von 612553,95 sowie 627273,12 € aus – einschließlich Aufwendungen für Altersversorgung u.a.. Auch damals war Reinhard Scheibe schon Geschäftsführer, aber für heute kann sein Pressesprecher Herbert John diese Gehälter nicht bestätigen. Weshalb sein Chef auf mehrere zehntausend € verzichten sollte, konnte John auch nicht sagen.

Die Toto-Lotto Niedersachsen GmbH belegt in ihrem Geschäftsbericht außerdem Sonderzahlungen für Mitarbeiter und Geschäftsleitung in Höhe von 1,257 Millionen €. Die Frage, wie sich diese Sonderzahlung verteilt, blieb unbeantwortet.

Bremens langjähriger Lotteriechef Horst Stäcker und sein Mitgeschäftsführer Harald Schnabel verdienten 1991 zusammen genau 441244,24 €. Nach dem Ausscheiden von Schnabel waren es 1993 immer noch 403 313,82 €, die an Stäcker und Gert W. Bussenius gingen. Das Bemerkenswerte daran: Die umsatzschwächste Lotteriegesellschaft der Bundesrepublik leistet sich bis heute zwei Geschäftsführer.

Eine ganz eigenwillige Regelung, deren Dickicht nur schwer zu durchdringen ist, besteht in Schleswig-Holstein. Aus grundsätzlichen Erwägungen, bedauerte der Leiter der Stabsstelle bei der NordwestLotto Staatliche Lotterie des Landes Schleswig-Holstein (NordwestLotto), Klaus Scharrenberg, könne man die von Ihnen gewünschten Informationen nicht zur Verfügung stellen. Weil NordwestLotto Schleswig-Holstein ein Unternehmen und Sondervermögen des Landes sei, gebe es auch keinen Geschäftsbericht. Aber, meint Scharrenberg sicher sein zu dürfen, wir in Schleswig-Holstein haben absolut eine reine Weste. Das habe auch der Rechnungshof überprüft. Dass der Rechnungshof geprüft hat, trifft zu. Allerdings hat der Behörde nicht alles gefallen, was sie in Kiel gefunden hat.

Zunächst lässt sich in Deutschlands Norden unnötigerweise ein Landesunternehmen aus Lotteriemitteln alimentieren. In Schleswig-Holstein sind die beiden Geschäftsführer der NordwestLotto Angestellte der Landesbank, die als Geschäftsbesorger fungiert. Dieser werden die Gehälter der Lottomanager erstattet. Der Wirtschaftsplan 1996 nennt für 1995 unter Personalkostenerstattung an die Landesbank 713 600 €, für die beiden folgenden Jahre werden Summen genannt, die knapp unter 700 000 € liegen. Für die beiden Geschäftsführer sind 1997 zusammen rund 428 000 € veranschlagt – einschließlich sozialer und sonstiger Leistungen. Die Differenz erklärt sich, weil der Posten auch Versorgungsleistungen an zwei ehemalige Geschäftsführer sowie 15 Prozent Mehrwertsteuer enthält. Zu ihrem vergleichsweise bescheidenen Gehalt beziehen die beiden für ein zweites Amt als Geschäftsführer der Lottoverwaltungs-gesellschaft zusammen zusätzlich 28 800 €.

Außerdem erhält die Landesbank jährlich 375 000 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Bei Kündigung dieses Vertrags würden nach Meinung des Rechnungshofs 300 000 € eingespart werden, die als Zweckerträge für gemeinnützige Zwecke verwendet werden könnten – wenn dies denn so Praxis wäre in Schleswig-Holstein. Die Kosten für die Beratungstätigkeit der Landesbank könnten entfallen, weil diese Aufgaben auch NordwestLotto selbst übernehmen könnte – kostenneutral. Der Rat des Rechnungshofs blieb unbeachtet. Bis heute hat sich nichts geändert.

Attraktiv sind die Lottochefposten auch wegen der großzügigen Pensionsregelungen. Der Posten Gesamtbezüge früherer Mitglieder der Geschäftsführung und Zahlungen für die Hinterbliebenen der Geschäftsführung schlägt bei jeder der 16 Gesellschaften jährlich mit sechsstelligen Beträgen zu Buche. Die Saarland-Sporttoto GmbH (Saartoto) bezahlte 1992 mehr als eine halbe Million €, 1993 noch 476 000 €, 1996 kassierten die Pensionäre immerhin noch 291000 €. Der Geschäftsbericht der hessischen Lottozentrale wies 1996 lfd. Pensionen von fast einer halben Million € aus. Einem vorzeitig aus-scheidenden Geschäftsführer hatte man sogar einen Ausgleichsbetrag zukommen lassen, der neben den Tantiemen und dem Ausgleich zwischen aktivem und Ruhegehalt auch einen Ausgleich für die entgangene Nutzung eines Dienstwagens für private Zwecke enthält.

Auch Horst Stäcker wurde, als er im April 1996 die Bremer Toto und Lotto GmbH verließ, der Gang in die Rente ordentlich versüßt: Zwei Monatsgehälter bekam er als Treueprämie ausgezahlt, für das laufende Jahr ein Drittel des 13. und 14. Monatsgehalts. Weil er seinen Dienstwagen so mochte, hat er diesen gleich auch noch übernommen – zum DAT-Schätzpreis. Das hatte alles seine Richtigkeit, denn die Tarife, die die Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen für ihre Kollegen in den Lottozentralen herausgeschlagen hat, sind überdurchschnittlich hoch.

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