Falschspieler und Betrüger im Texas Holdem Poker – hilfreiche Information

Ich weiß nicht, weshalb so viele Menschen beim Karten spielen betrügen. Vermutlich geht es ihnen ums Geld. Vielleicht wollen manche auch nur herausfinden, ob sie dazu in der Lage sind. Ich weiß nur, weshalb ich zum Falschspieler wurde. Ich war damals ein notgeiler Vierzehnjähriger und drauf und dran, bei einer ausufernden Partie Strip-Poker zu verlieren. Not macht bekanntlich erfinderisch, und so war es auch bei mir. Als ich nackt bis auf meine weiße Unterhose und eine Socke die Karten für das nächste Spiel mischte, hatte ich plötzlich eine innere Eingebung. Mir fiel auf, dass die anderen sich nur für die Geschehnisse am Spieltisch interessierten und gar nicht darauf achteten, was ich mit den Karten anstellte. Damit hatte ich die erste Lektion in Falschspiel gelernt: Abgelenkte Spieler sind der Schlüssel für jeden Kartentrick.

Damals wusste ich noch nichts von den Manipulationstechniken, die mir später nach und nach vertraut wurden; ich hatte keine Ahnung, wie man Karten palmierte, falsch mischte oder ein Riffelmischen simulierte. Ich betrog einfach mit einem bisschen gesunden Menschenverstand. Wir waren zu sechst (drei Jungs, drei Mädchen), und da ich der Geber war, wusste ich, dass ich die sechste Karte von oben erhalten würde. Also guckte ich mir beim Mischen so viele Karten wie möglich an, bis ich schließlich eine Zwei erspähte. Dann hob ich den Stapel so ab, dass die Zwei oben lag und legte fünf Karten darüber. Danach kündigte ich ein Spiel Five Card Draw an und erklärte die Zweier zu wilden Karten. Im Nu lag ein ganzer Berg Kleidungsstücke vor mir. Soweit ich den Gesprächen, die ich mit Kartenzinkern und Deckmanipulatoren führte, entnehmen konnte, gibt es keine reguläre Lehrmethode, um Falschspieler zu werden.

Es gibt ein paar Bücher, und manchmal werden Seminare angeboten, in denen es zwar meistens darum geht, Falschspieler zu enttarnen, die aber auch beim Erlernen einiger Tricks helfen. Doch soweit ich weiß, hat kein Falschspieler einen Kurs besucht, um seine Technik zu perfektionieren. Fingerfertigkeit erwirbt man allein durch regelmäßiges Üben. Man muss jede freie Minute – sei es beim Warten an der Bushaltestelle oder beim Fernsehen – dazu nutzen, seine Geschicklichkeit zu verbessern. Der vielleicht größte Kartenmanipulator, den es je gegeben hat, heißt Darwin Ortiz. Darwin übt nach eigenen Angaben seit dem frühen Teenageralter zirka vierzig Stunden pro Woche, wie man die Karten manipuliert. Abheben, geben, Karten aufspüren, mischen … Er brach sogar sein Jurastudium ab, um mehr Zeit zu haben, seine manuelle Geschicklichkeit zu verbessern.

Er kann so gut wie alles mit den Karten anstellen.
Bemerkenswerterweise ist Mr. Ortiz kein Falschspieler. Er ist von Beruf Seminarleiter und bringt Casinos und privaten Sicherheitsdiensten bei, wie man Spielunregelmäßigkeiten aufdeckt. Es gibt jedoch nur sehr wenige Zeitgenossen, bei denen fulminante Geschicklichkeit mit einem guten Gewissen gepaart ist. Denn eins steht fest: Falsch spielen ist ein blühendes Gewerbe. Falls Sie in Ihrem Leben schon mit mehr als fünf Personen gepokert haben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass mindestens ein Gauner darunter war. Jeder hat schon mal betrogen, und wenn es nur darum ging, die unterste Karte im Deck zu erspähen.

Diese Enthüllung dürfte niemanden überraschen, denn das Pokern wurde bekanntlich von Falschspielern erfunden. Viele Historiker sehen das Spiel, das europäische Einwanderer Anfang des 19. Jahrhunderts auf Dampfern und Segelschiffen mit in unser Land brachten, als multikulturelles Paradebeispiel, das auf einzigartige Weise die amerikanische Geschichte widerspiegelt. Das mag zum Feil richtig sein, aber die eigentlichen Erfinder hatten nichts mit ihren schwer arbeitenden europäischen Vorfahren gemein, auf deren geschundenen Rücken unser Fand aufgebaut wurde. Poker wurde in den verräucherten Saloons des Südens von Trinkern, Dieben und Revolverhelden erfunden. Spielkarten, wie wir sie heute kennen, wurden wahrscheinlich um 1795 von den Spaniern nach Amerika gebracht. Die früheste Vorform des modernen Poker – und darüber lässt sich streiten – soll angeblich Ende der 20er Jahre des 19.

Jahrhunderts in New Orleans entstanden sein, als persische Händler die Pioniere mit dem Kartenspiel Äs bekannt machten. Der Legende nach kündigten die französischen Siedler, die das Spiel spielten, ihre Einsätze mit dem Wort poque (bieten) an. Einige Kartenspielhistoriker vertreten die These, Äs basiere auf den Regeln des aus Deutschland stammenden Kartenspiels Poch. Poque und Äs verschmolzen zu pokas. Über diese Fakten lässt sich reiflich spekulieren, denn in den mindestens zehn Pokerbüchern, die ich zu diesem Thema las, fand ich, was die Chronologie betrifft, leicht voneinander abweichende Versionen. Als gesichert kann gelten, dass sich das Spiel entlang der Flüsse, Eisenbahnschienen und Planwagenrouten im ganzen Land verbreitete. Denkt man sich zu pokas den Tonfall der Yankees und ein paar kräftige Schlucke Whisky hinzu, lässt sich leicht nachvollziehen, wie aus dem Spiel, das in den Kneipen von Baltimore bis Bangor gespielt wurde, Poker wurde.

Ab 1840 hatte das Spiel mit zweiundfünfzig Karten das ursprüngliche Deck aus zweiundzwanzig oder zweiunddreißig abgelöst, das die Händler mitgebracht hatten. Einige Jahre später wurde der Fünf-Karten-Flush eingeführt. Die größten Veränderungen gab es während des Bürgerkriegs. Die Situation der zigtausend amerikanischen Soldaten, die manchmal monatelang tatenlos herumsaßen, war wie geschaffen, zahllose neue Pokervarianten zu erfinden. Man spielte nun mit offenen Karten (wie beim Stud Poker), Straights (die damals einen Flush schlugen) und Kartentausch. Der Joker tauchte erstmals um 1875 auf. Alle Kniffe und Veränderungen, die später hinzukamen, wie zum Beispiel der Straight Flush, der Jackpot, der Mindestwert und zusätzliche Kartenkombinationen, waren individuelle Erfindungen.

Historiker schätzen, dass es unter den 50 000 Spielern, die sich in den Anfangsjahren des Poker in New Orleans und auf den Raddampfern des Mississippi herumtrieben, höchstens sieben ehrliche gab. Oft waren der Kapitän oder die Teilnehmer selbst verantwortlich, dass das Spiel fair ablief. Es gibt unzählige Geschichten über Raddampferkapitäne, die Falschspieler in den Mississippi warfen, und mutige Passagiere. So soll James Bowie, der Held von Alamo, einem jungen Mitreisenden zu Hilfe gekommen sein, der gerade um fünfzigtausend Dollar geprellt worden war. Als Bowie den Betrug aufdeckte, zückte er sein heute berühmtes Bowie-Messer. Nach Meinung der Historiker kommen jedoch auf jede dieser Geschichten zehn korrupte Kapitäne und Passagiere. Damals war das Falschspielen eine sehr plumpe Angelegenheit. Gezinkte Karten, das Lieblingsmittel aller Falschspieler, waren gegen Mitte des 19.

Jahrhunderts so weit verbreitet, dass die großen Spielkartenhersteller ihre gezinkten Päckchen auf ein und denselben Reklametafeln bewarben wie die sauberen. Gezinkte Karten waren deshalb so beliebt, weil man für ihren Einsatz kein besonderes Geschick benötigte. Fast jeder konnte damit betrügen; schwierig war nur, das Deck ins Spiel einzuschmuggeln. Jimmy Altman, ein Gelegenheitsspieler aus Nevada, war angeblich der Einzige, dem es gelang, Bugsy Siegels berühmtem Flamingo ein schmutziges Deck unterzujubeln. Altman führte seinen Betrug mit drei Komplizen aus. Zuerst betrat ein unbekannter Herr den Souvenirladen des Flamingo und kaufte alle Kartenspiele auf. Ungefähr eine Stunde später betrat Mr. Altman den Laden und verlangte nach einem Kartenspiel. Der Verkäufer konnte seinen Wunsch natürlich nicht erfüllen.

Altman ging nach oben und setzte sich an den Spieltisch. Als die Karten für das erste Spiel gegeben wurden, betrat Altmans zweiter Komplize den Souvenirladen und verlangte ebenfalls ein Kartenspiel. Als er zu hören bekam, dass alle Kartenspiele ausverkauft seien, wurde er sehr zornig und begann zu pöbeln. Der Ladenbesitzer entschuldigte sich vielmals und versicherte ihm hoch und heilig, die missliche Situation so bald wie möglich zu beheben. Nach einer Stunde am Spieltisch unterzog Altman die Karten einer genauen Prüfung. Er sprach keinerlei Anschuldigungen aus, sondern sorgte nur dafür, dass die anderen Spieler sein Misstrauen bemerkten. Während dessen betrat der dritte Komplize den Souvenirladen, überreichte dem Mann am Tresen seine Visitenkarte und stellte sich als Vertreter für Spielkarten vor. Der Ladenbesitzer war so erleichtert, dass er dem Vertreter den gesamten Vorrat abkaufte. Natürlich waren alle Päckchen manipuliert.

Als die anderen Spieler Altmans kritische Blicke bemerkten, fingen einige ebenfalls an, die Karten zu untersuchen. Schließlich erkundigte sich Altman, ob er ein neues Deck haben könne. Als ein frisches ausgepackt wurde, fragte Altman höflich, ob nicht jemand rasch hinunter in den Hotelshop gehen und dort einige Karten spiele besorgen könne. Die anderen Spieler waren einverstanden, und Altman strich am Ende fast eine Million Dollar Gewinn ein. Es gibt eine weitere Möglichkeit, gezinkte Decks ins Spiel zu mogeln: Man zinkt sie während des Spiels. Manche der so genannten Handwerker haben Hände wie Multifunktionswerkzeuge. Einer ihrer Fingernägel ist oft so scharf, dass sie damit Haut durchtrennen könnten. Meistens werden wichtige Karten mit kleinen Knicken oder Punkten versehen.

Viele Falschspieler schleifen ihre Daumen und Zeigefinger mit Schmirgelpapier ab, um sie tastempfindlicher zu machen. Diese Methode erlaubt es ihnen, die Markierungen beim Geben zu lesen wie Blindenschrift. Es heißt, ein guter Betrug zeichne sich dadurch aus, dass der Betrüger längst über alle Berge ist, wenn das arme Opfer den Betrug bemerkt. Ein genialer Betrug zeichnet sich hingegen dadurch aus, dass der Betrüger bleibt, wo er ist, weil das arme Opfer nie dahinter kommen wird, weshalb es verliert. Aber gezinkte Karten bergen ein Problem. Man muss sie aus dem Spiel verschwinden lassen, nachdem man gewonnen hat. Ein Handwerker, der ein paar fette Gewinne eingestrichen hat, weist oft von selbst auf die fehlerhaften Karten hin, und zwar in der Regel, nachdem ein anderer Spieler einen gut gemästeten Pot kassiert hat. So erweckt er den Anschein des ehrenwerten Bürgers, während der Verdacht auf den Spieler fällt, der gerade gewonnen hat.

Ein gewiefter Schwindler hat außerdem für jede Situation ein Arsenal an Ausreden und empörten Ausrufen in petto. Einmal fand ich bei meiner Studentenrunde gezinkte Karten. Von den sieben Leuten am Tisch hatten sechs fast das ganze Jahr über zusammengespielt. Der Verdacht fiel automatisch auf den Neuling. Bevor ich überhaupt Gelegenheit hatte, ihn zu beschuldigen, rief er: Klar, es ist immer am einfachsten, dem Neuen die Schuld zuzuschieben. Aber ist es wirklich das erste Mal, dass du geknickte Karten siehst? Die Antwort darauf lautet immer Nein. Karten kriegen ständig Knicke. Sein kleines Ablenkungsmanöver funktionierte perfekt, denn plötzlich begannen sechs Freunde darüber nachzudenken, wie oft wir bisher mitten im Spiel die Karten auswechseln mussten, weil eine einen Knick oder eine kleine Delle hatte. Er wirkte so überzeugend, dass wir ihn weiter mitspielen ließen, bis er einige Wochen später verschwand.

Ich weiß nicht, was geschehen wäre, wenn wir ihn auf frischer Tat ertappt hätten. Wahrscheinlich hätten wir ein bisschen auf Macho gemacht und eine harmlose Rempelei angefangen, bis ein Außenstehender uns getrennt hätte. Meine Freunde und ich sind nämlich kultivierte Menschen und obendrein ziemliche Weicheier, was wohl auch der Grund war, weshalb der Kerl sich unsere Runde ausgesucht hatte. Wird man dagegen in einem Casino oder Club erwischt, kommt man längst nicht so ungeschoren davon. Ich habe schon miterlebt, wie ein Gast 6000 Dollar Strafe zahlen musste, weil er einen 100-Dollar-Chip aus dem Pot stibitzt hatte. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass Spieler zusammengeschlagen wurden, nur weil ein Verdacht gegen sie bestand. Im Wilden Westen hatte das Falschspielen viel fatalere Folgen. Die indianische Pokerlegende Poker Tom hatte angeblich einen kalifornischen Kaufmann namens Ah Tia um zweitausend Dollar geprellt. Zwei Tage später soll Ah Tia bei einem Volksfest Poker Toms Stammesmitgliedern einen selbst gekochten Eintopf vorgesetzt haben, der die sterblichen Überreste des Pokerspielers enthielt.

Falsche Würfel und gezinkte Karten sind die dümmste Art zu betrügen, die es gibt. Wer mit einer so erschlagenden Beweislast erwischt wird, kann sich nur schwerlich herausreden. Jede Diskussion erübrigt sich, wenn jemand Ihre Würfel aufbricht und ein Gewicht herausholt. Um ein gezinktes Deck beim Mischen zu identifizieren, braucht man es nur durchzublättern wie ein altmodisches Daumenkino. Die kleinen Unterschiede auf den Kartenrücken springen dabei sofort ins Auge. Fingerfertigkeit hinterlässt dagegen so gut wie keine Spuren. Ein anderer Spieler wird nur schwerlich beweisen können, dass Sie von unten gegeben oder beim Mischen manipuliert haben. Selbst wenn jemand Ihre Karte aufdeckt und zeigt, dass Sie sich selbst ein Ass gegeben haben, ist das kaum ein todsicherer Beweis. Viele Spieler geben sich selbst ein Ass, und die meisten tun es, ohne zu betrügen.

Wenn Sie standhaft leugnen, wird Ihnen in der Regel nichts geschehen, es sei denn, Sie sind so dämlich wie ich. Als ich noch in Connecticut studierte, arbeitete ich zweimal pro Woche als Barmann im Cardinal Pub. Sonntags machte mein Chef die Bar frühzeitig dicht und lud ein paar Freunde zu einer Partie Poker ein. Anfangs durfte ich die Spieler nur bedienen, aber als die Runde eines Abends unterbesetzt war, fragte er mich, ob ich nicht einspringen wolle. Die ersten Male zeigte ich mich von meiner besten Seite, doch schon bald fing ich an zu betrügen. Da es keine Cutting-Card gab (das ist die schwarze Plastikkarte, die unter dem Deck liegt), war es ein Leichtes, von unten zu geben. Ein Falschspieler kann nicht immer betrügen. Er muss sich die besten Gelegenheiten aussuchen. Ich beschränkte mich auf dreimal pro Abend. Das reichte vollkommen aus, um den Tisch als stetiger Gewinner zu verlassen.

Nach ungefähr zwei Monaten geriet ich in die Bredouille. Es war schon spät, und die meisten von uns waren ziemlich betrunken. Ich war dran mit Geben und erspähte beim Mischen ein Ass, das ich unter das Deck legte. Ich machte einen Slip Cut (ich hob den Stapel so ab, dass die unterste Karte unten blieb) und fing an zu geben. Dabei merkte ich, dass mein Chef mich anstarrte. Er hatte mich ertappt. In meiner Volltrunkenheit war mir jegliche Vorsicht abhanden gekommen. Er saß schweigend da und machte ein fassungsloses Gesicht. Ich passte sofort, aber bevor ich meine Karten wieder untermischen konnte, nahm er sie mir ab und untersuchte sie eingehend. Er nickte, als hätte sich sein Verdacht bestätigt, brache die Sache aber erst zur Sprache, als wir die Bar abschlossen.
Ich möchte nicht, dass du weiter mitspielst, sagte er im Vorbeigehen.

Zuerst wollte ich ihn nach dem Grund fragen und alle Anschuldigungen von mir weisen. Aber mein Chef war ein anständiger, fleißiger Mann, und da ich ihn nicht weiter beleidigen wollte, antwortete ich nur, dass ich verstanden hätte. Er gab mir zwei Wochen Zeit, mir einen anderen Job zu suchen. Ich bot ihm an, die letzte Woche umsonst zu arbeiten, aber er lehnte ab. Du brauchst bestimmt das Geld. Das Schlimme war, dass ich das Geld eigentlich nicht brauchte. Ich war von den Studiengebühren befreit, arbeitete nebenbei im Observatorium und in der Bar und hatte erst vor kurzem ein anständiges Sümmchen geerbt. Ich betrog nur, weil es ging. Nach diesem Vorfall manipulierte ich nur noch zum Spaß.

Erfolgreiches Falschspiel bedarf mehr als physischer Fähigkeiten. Reine Geschicklichkeit reicht nicht aus. Mentale Fähigkeiten wie Konzentrationsstärke und Zielstrebigkeit spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Der mentale Aspekt war eindeutig meine schwache Seite. Man muss schon ein arger Dilettant sein, um so erwischt zu werden wie ich. Es gibt aber durchaus Falschspieler, die sich noch dilettantischer anstellen, zum Beispiel, indem sie ein falsches Blatt ansagen. Sie rufen Flush, legen vier Pik auf den Tisch und verstecken dahinter die fünfte Karte (ein Kreuz). Dann versuchen sie, den Pot einzusacken, bevor die anderen etwas merken. Wenn sie erwischt werden, entschuldigen sie sich und behaupten, sie hätten sich verguckt.

Pis gibt eine weitere beliebte Methode, um auf primitivem Niveau zu betrügen. Man bescheißt den Pot. Ein Spieler wirft Chips für acht Dollar in den Pot, obwohl der geforderte Einsatz zehn ist. Wer merkt schon, wie viel er gesetzt hat, wenn die Chips erst mal bei den anderen liegen? Hochqualifizierte Handwerker haben für derlei unelegante Tricks nur Verachtung übrig. Ein großer Falschspieler wird Betrug schreien, wenn jemand den Pot bescheißt, während er die Manipulation des Decks, die ein hohes Maß an Geschicklichkeit erfordert, als ganz normalen Teil des Spiels empfindet. Gewiefte Falschspieler glauben, ihre Raffinesse mache ihr Tun weniger mies und ungeheuerlich. Das hat mir nie ganz eingeleuchtet. Diebstahl bleibt Diebstahl. Mein Freund Eric rechtfertigt seine Tändeleien mit Prostituierten jedes Mal damit, was für eine tolle Frau sie gewesen sei. Na und? Er schläft trotzdem mit einer Nutte.

Große Falschspieler haben gegenüber Minderbegabten wie mir einen Riesenvorteil: Sie müssen viel seltener betrügen. Sie manipulieren die Karten so überlegen, dass sie viel Gewinn versprechendere Umstände herbeiführen können. Ich kann nur beim Geben betrügen und nur eine Karte auf einmal platzieren. Das heißt, ich kann mir pro Runde eine wilde Karte oder ein Ass zuschanzen. Das ist zwar ein Vorteil, aber keineswegs eine Profitgarantie. Um meine begrenzten Möglichkeiten so Gewinn bringend einzusetzen, dass es den Zeitaufwand und das Risiko, meinen guten Ruf zu verlieren, rechtfertigen würde, müsste ich die Karten mit jedem Geben manipulieren. Ein gewiefter Falschspieler, der eine ganze Kartenserie platzieren kann, braucht das nur zwei- bis dreimal am Abend zu tun. Das sind zwei bis drei nahezu hundertprozentige Gewinngarantien, die als Spielvorteil ausreichen sollten.

Meisten Kartenbetrüger besitzen nicht nur ein phänomenales Fingerspitzengefühl, sondern sind obendrein auch gute Spieler. Ihr Spiel mag etwas unorthodox und allzu aggressiv sein, aber das können sie sich auch leisten. Schließlich dürfen sie davon ausgehen, dass sie bessere Karten erhalten als die anderen. Und wenn sie im schlimmsten Fall mächtig baden gehen, manipulieren sie einfach wieder, wenn sie das nächste Mal mit Geben dran sind, und machen so ihre Verluste wett.

Ein meisterhafter Falschspieler manipuliert das Deck nur einmal pro Abend. Mehr hat er gar nicht nötig. Seine Souveränität ermöglicht ihm nicht nur, sich selbst tolle Karten zuzuschanzen, sondern auch anderen Spielern hohe Blätter zu geben und sie so zu verschaukeln. Gibt er zwei anderen Spielern ein Full House und sich selbst einen Vierling, garantiert ihm das nicht nur den Sieg, sondern auch eine fette Gewinnsumme.

Das Manipulieren eines Kartendecks besteht im Wesentlichen aus vier Schritten. Der erste und nahe liegendste Schritt ist, den richtigen Zeitpunkt festzulegen. Sie müssen Zugriff auf die Karten haben. Sowie das der Fall ist, folgt die zweite Herausforderung: Sie müssen die Karten im Deck aufspüren, die nützlich für Sie sind. Das ist bei Spielen wie Stud oder Hold’em, wo im Board viele offene Karten liegen, relativ einfach. Nach dem Spiel kehren Sie einfach die gepassten Blätter zusammen. Diese lassen Sie entweder unberührt und merken sich die Reihenfolge, oder Sie ordnen sie so, wie es für Ihre Zwecke am günstigsten ist. Das Durchsuchen der gepassten Blätter nach bestimmten Karten nennt man Kaninchenjagd, und so man- i her Betrüger fliegt schnell dabei auf. Haben Sie es allerdings mit einem Falschspieler zu tun, der sein Handwerk versteht, werden Sie gar nicht bemerken, dass er die Karten ordnet. Für Sie wird es aussehen, als schaufle er sie ganz normal zusammen.

Ein Spieler, der die Reihenfolge der Karten kennt, ist bereits im Vorteil und braucht diese weder neu zu ordnen noch die Reihenfolge zu manipulieren, in der sie gegeben werden. Sammelt er beispielsweise nach einem Spiel Texas Hold’em die fünf offenen Gemeinschaftskarten ein, legt sie zuoberst aufs Deck und tut anschließend so, als würde er mischen und abheben, kennt er bereits das halbe Blatt der ersten fünf Spieler. Das ist ein Riesenvorteil. Sollte es mit dem fingierten Abheben nicht klappen, weil ein anderer Spieler abhebt, weiß er zumindest, dass die fünf Karten so tief im Stapel vergraben sind, dass sie nicht ins Spiel kommen. Wenn er also zwei Damen im Stapel vergraben hat und eine in der Hand hält, weiß er, dass er keine großen Chancen hat, sein Blatt zu verbessern, und passt. Er hat zwar den Pot nicht gewonnen, aber sein Falschspiel hat ihn höchstwahrscheinlich vor einer Niederlage bewahrt. Find das ist genauso viel wert.

Mit dem Aufspüren der Karten im Deck ist die Arbeit des Handwerkers noch nicht getan. Das ist die leichtere Übung. Sobald er herausgefunden hat, welche Karten wo liegen, muss er sie so im Deck unterbringen, dass er sich selbst oder einem Komplizen ein vollständiges Blatt gibt. Und dann gilt es noch, das Abheben zu überstehen. Die einfachste Technik, um das Mischen der Karten zu fingieren, heißt falsches Überhandmischen. Dazu nimmt man das Deck in eine Hand, zieht mehrmals aus der Mitte einen Stoß Karten heraus und mischt sie nach unten. Die oberen Karten bleiben dabei unberührt. Hat der Handwerker vorher drei Fünfen obenauf gelegt, liegen sie auch nach dem Mischen noch dort.

Wenn Sie sich diese Methode bildlich vor Augen führen, werden Sie einsehen, dass sie ziemlich leicht zu durchschauen ist. Es handelt sich um eine sehr laienhafte Technik, um Karten zu packen. Sie lässt sich nur unbemerkt durchführen, wenn die anderen Spieler entweder sehr freundliche Gemüter oder sehr betrunken sind. Eine weitere Technik heißt schlicht und einfach Falschmischen. Dazu teilt man das Deck in zwei Stapel und fügt sie wieder zusammen. Aber anstatt die Karten dabei zu mischen, schiebt der Falschspieler den einen Stapel durch den anderen hindurch und bringt die Karten so in die alte Reihenfolge zurück. Dieser Trick ist wesentlich schwieriger zu erkennen. Stellt man sich geschickt an, wird man dabei so gut wie nie erwischt. Der Trick ist selbst dann schwer auszumachen, wenn man konzentriert auf das Deck starrt.

Das Riffelmischen, auch amerikanisches Mischen genannt, ist die verbreitetste Mischtechnik. Dazu teilt man das Deck in zwei Hälften und legt sie so aneinander, dass die Kartenecken einander überlappen. Besitzt der Falschspieler genügend Geschick, dabei die Position einzelner Karten gezielt zu verändern, sehen die anderen Spieler ziemlich alt aus. Der Falschspieler merkt sich die Ausgangsposition der gewünschten Karten und bewegt sie dann ungehindert, indem er mitzählt, wie viele Karten oben auf gefallen sind. Bei dieser Mischweise wird Ihnen nie etwas Verdächtiges auffallen. Sollten Sie dennoch den Verdacht hegen, jemand habe das Deck manipuliert, können Sie sich nur schützen, indem Sie entweder sofort den Spieltisch verlassen oder dafür sorgen, dass vernünftig abgehoben wird. Teilen Sie das Deck einfach in zwei Stapel und bitten Sie einen anderen Spieler, den unteren Stapel zuoberst zu legen. Das nennt man sauberes Abheben.

Wer das Abheben auf leichte Art umgehen will, braucht einen Verbündeten. Der eine Spieler manipuliert das Deck und reicht die Karten an seinen Komplizen weiter. Der Komplize erweckt den Eindruck, als wolle er abheben, zieht aber nur eine Show ab. Wenn er die Karten zurückgibt, befinden sie sich in exakt derselben Reihenfolge, in die sein Partner sie vorher gebracht hat. Das Spiel im Team ist ohnehin ein großer Vorteil, denn es garantiert viel Aktion am Spieltisch, falls Sie ein gutes Blatt halten. Es gibt nichts Schrecklicheres, als ein gigantisches Blatt zu haben, und alle anderen Spieler passen. Partner werden ihre Einsätze immer wechselseitig erhöhen und den Pot anständig mästen, um so den ein oder anderen Möchtegern-Gewinner zu ködern.

Ein Partner bietet außerdem die Möglichkeit, Karten weiterzugeben. Während meines Studiums arbeitete ich locker mit einem Partner zusammen. Wir verständigten uns, indem wir unsere Chips nach einem verabredeten Code stapelten oder auf dem Tisch platzierten. Nehmen wir als Beispiel ein Spiel Draw Poker. Mein Partner tut so, als würde er seine Chips zählen und trägt die Stapel ab. Damit signalisiert er mir, welches Blatt erhält. Angenommen, er zeigt mir zwei Paare Acht und Neun an. Im Fall, dass ich eine dieser beiden Karten habe, blase ich ihm zwei Rauchringe zu. Dann weiß er, dass sein Full House unterwegs ist. Sobald er mit Karten tauschen dran ist, lege ich die Karte, die ich in meiner Hand verborgen halte, oben auf den Stapel und Teile sie aus.

Anschließend tausche ich meine Karten und passe schnell, bevor jemand merkt, dass ich eine Karte zu wenig auf der Hand habe. Dieser Trick funktioniert nur, wenn ich bis zum Kartentausch im Spiel bleibe. Das kostet mich natürlich Geld, aber was kratzt mich das? Mein Partner wird den Pot kassieren und ihn später mit mir teilen. Eine andere sehr beliebte Form des Falschspiels heißt von unten geben. Nehmen wir an, ein Betrüger hat das Deck manipuliert und drei Neuner nach unten gelegt. Fehlt ihm jetzt das nötige Geschick, die Karten beim Riffelmischen in die gewünschte Position zu bringen, muss er von unten geben. Während er sich zum Geben anschickt, zieht er die unterste Karte ein Stück heraus und wirft schnell einen Blick darauf, wobei die Dicke des Stapels dafür sorgt, dass seine Tat unentdeckt bleibt. Ist die Karte für ihn oder seinen Partner hilfreich, hebt er sie so lange auf, bis sie gebraucht wird. Handelt es sich um eine Niete, die keinem nützt, teilt er sie an dasjenige Blatt aus, das den Eindruck erweckt, es könne gefährlich werden.

Besonders geschickte Handwerker haben noch weit mehr drauf. Manche schaffen es sogar, die zweite Karte von oben zu geben; das nennt man deuce dealing. Gekonnt ausgeführt, ist dieser Trick kaum zu entdecken. Der Betrüger nimmt zunächst das Deck in die Hand und schiebt mit dem Daumen die beiden obersten Karten leicht über den Rand des Stapels. Dann schiebt er mit dem Zeigefinger der anderen Hand die zweite Karte vor, Ins sie ein wenig herausschaut. Diese Methode kann sehr professionell ausgeführt werden, birgt aber zwei entscheidende Schwachstellen. Die erste ist der Daumen, der absolut verräterisch ist. Bei regulären Spielen hebt der eine Weile in mich gegangen war, entschied ich mich, nicht länger in ihre Karten zu gucken, sondern ihr das Geld stattdessen peu ä peu abzunehmen.

Das Problem war, dass die Frau mir erstens weiter ihre Karten vor die Nase hielt und mich zweitens zweimal hintereinander besiegte. Also kiebitzte ich wieder. Was blieb mir anderes übrig? Schließlich hatte ich eine Pechsträhne. Nachdem ich einige Male den Pot kassiert hatte, bekam ich plötzlich schreckliche Gewissensbisse. Ich fragte mich, ob 40 Dollar Gewinn es wert waren, für alle Ewigkeit im Höllenfeuer zu schmoren. Also stand ich auf und ging. Wenn ich ehrlich bin, halte ich es bis heute für einen Fehler, dass ich damals vom Tisch aufstand. Jeder Profi wird Ihnen sagen, dass man einen so günstigen Platz niemals räumen darf. Und tatsächlich nahm sofort ein anderer Spieler meinen Platz ein und brachte die alte Dame statt meiner um ihr ganzes Geld. Betrachten Sie die Sache so: Die Frau hätte ihr gesamtes Buy-in ohnehin verloren, egal mit welchem Tischnachbarn. Sie dürfen sich von moralischen Zweifeln nicht ins Bockshorn jagen lassen. Zerbrechen Sie sich über so etwas nie den Kopf.

John Powell pokerte Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Raddampfern und gehörte vielleicht zu den vier ehrlichen Spielern, die es damals gab. Als er fünfzig Jahre alt war, lag sein Nettovermögen bei schätzungsweise 500 000 Dollar, eine gewaltige Summe für die damalige Zeit. Dabei war er sein ganzes Leben keiner anständigen Arbeit nachgegangen. Einmal spielte er in einem Saloon in New Orleans gegen einen jungen englischen Reisenden, dem er jeden Penny und dazu noch sein Gepäck abknöpfte. Der wohlerzogene Engländer gab Powell nach dem Spiel die Hand und ging hinauf auf sein Zimmer. Am nächsten Tag kam er zurück und begrüßte alle. Dann zog er vor den Augen Powells und der anderen Spieler eine Pistole und erschoss sich. Powell war durch diesen Vorfall so erschüttert, dass er der Witwe des jungen Mannes das Geld samt Gepäck schickte und ein ganzes Jahr mit dem Spielen aufhörte. Als er an den Spieltisch zurückkehrte, stellte er fest, dass er nicht mehr der Alte war, und nach drei Jahren war er völlig bankrott. Ein Gewissen kann für viele gute Spieler den Untergang bedeuten.

Man muss nicht notgedrungen betrügen, um zu gewinnen, obwohl selbst ein so wunderbarer Spieler wie Johnny Moss zugegeben hat, in seinen Anfangsjahren auf Teufel komm raus beschissen zu haben. Der Weltmeister Erik Seidel, ein wahrer Gentleman, ist wahrscheinlich noch nie auf den Gedanken gekommen, sich am Kartentisch skrupellos zu verhalten. Wäre er an meiner Stelle auf die nette alte Dame getroffen, hätte er sie wahrscheinlich darauf hingewiesen, dass er in ihre Karten gucken könne. Er hätte ihr geholfen, das Problem zu beheben, und sie im nächsten Spiel durch ein Check Raise vernichtet. Erik ist ein gnadenloser Spieler. Er würde niemals locker lassen, egal wie hilflos und unterlegen Sie wirken. Er ist ein echtes Raubtier. Aber das macht seinen Erfolg aus. Ich bezweifle, dass dieses Raubtier auch in mir steckt. Wahrscheinlich werde ich deshalb nie zu den ganz Großen gehören, so viel ich auch spiele.

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