Das Spielstil-Raster richtig verstehen Teil II – wichtigste Pokerstrategien lernen

Das Spielstil-Raster richtig verstehen Teil I

Extremer Spielstil 9,1: Die Calling Station (überaus loose und passiv). Die Calling Station ist jedermanns Liebling-von deren Ehepartner einmal abgesehen. Sie verlieren nahezu immer, weil sie um fast jeden Pot mitspielen, jede Bet callen, aber selten betten oder raisen und niemals bluffen. Die anderen Spieler erkennen das schnell, woraus die ungünstigste Kombination entsteht: Die Calling Station lässt Action zu, bekommt aber selbst keine. Hat sie eine Gewinnerhand und raist, gehen die guten Spieler in Deckung.

Viele Calling Stations lassen die Fähigkeit der Handanalyse oder Vertrauen in ihr Urteilsvermögen vermissen – oder beides. Vielleicht versuchen sie noch nicht einmal, die gegnerischen Karten zu analysieren. Außerdem können sie das nicht gut genug und haben auch nicht das nötige Selbstvertrauen in ihre Entscheidungen. Einige von ihnen haben so viel Angst, aus der Hand geblufft zu werden oder die Dummheit zu begehen, eine Gewinnerhand zu folden, dass sie einfach callen und callen und callen. Sie haben das sicher auch schon gehört: „Ich weiß, dass Du mich geschlagen hast, aber ich werde callen.“

Calling Stations spielen nicht um des Siegens willen. Sie wollen sich die Zeit vertreiben und unter Leute kommen. Das Casino fungiert als Vereinsheim, als Möglichkeit, Leute kennenzulernen, mit ihnen zu reden und sich die Zeit zu vertreiben. Viele von ihnen werden von ihrer Konflikt- und Wettbewerbsscheu beherrscht. Sie wollen einfach nur „höflich“ sein und das schließt Raises oder Bluffs aus. Einige von ihnen würden nicht einmal im Heads-Up mit einer unschlagbaren Hand betten, weil sie den Gegner nicht „übervorteilen“ möchten.

Extremer Spielstil 9,9: Der Maniac (überaus loose und aggres-siv). Maniacs raisen, reraisen und bringen sogar die letztmögliche Erhöhung mit Händen, die Sie wegwerfen würden. Sie verlieren mehr Geld-und verlieren es auch schneller-als nahezu jeder andere, können Ihnen aber durchaus den gesamten Stack abnehmen und den Tisch gelegentlich als klarer Sieger verlassen. Deren Wildheit verdreht die dem Spiel zugrunde liegende Logik: Hände, die in einer normalen Partie Sinn ergeben, sind auf einmal wegen der hohen Kosten unwirtschaftlich. Handanalyse ist nahezu unmöglich, weil der Maniac Schrott wie Gold behandelt. Andere Spieler ziehen entweder ihre Anforderungen an oder drehen durch. Und einige von denen wissen überhaupt nicht mehr, was sie tun sollen: In der einen Minute folden sie die Gewinnerhand und in der nächsten raisen sie aus purer Frustration. Maniacs sind der Action geradezu verfallen. Sie brauchen sie wie ein Junkie seinen Schuss – und sie bezahlen teuer dafür. Sie bekommen mit ihren Gewinnerhänden gewaltige Action, lassen aber umgekehrt auch mit ihren Schrotthänden zu viel Action zu. Das unvermeidliche Ergebnis sind riesige Verluste.

Extremer Spielstil 1,9: Der Stone Killer (überaus tight und aggressiv). Das sind die Spieler, die Sie nicht schlagen können. Sie spielen nichts anderes als gewinnbringende Hände und das auf die profitabelste Weise. Nahezu alle weitbesten Profis sind „Stone Killer“ – oder jedenfalls fast. Sie kommen nicht, um zu spielen. Sie kommen, um zu gewinnen. Poker dient nicht der Entspannung; für diese Spieler ist Poker Lebensunterhalt, „Nebenerwerb“ oder persönliches Versuchsfeld. Sie genießen es, aber sie spielen wegen des Geldes und Wettbewerbs, nicht wegen der zwanglosen Zerstreuung. Sie haben kein Interesse an Gesellschaft und wollen sich auch nicht die Zeit vertreiben. Sie haben auch keine Angst vor dem Risiko und sind ihm auch nicht verfallen; Risiken sind Teil des Spiels, die abgewogen und kontrolliert werden sollten. Sind sie nicht im Vorteil, folden sie. Liegen sie vorn, attackieren sie gnadenlos (wenn es angebracht ist).

Extremer Spielstil 5,5: Der Durchschnittsspieler. Der Durchschnittsspieler ist kein Vertreter eines extremen Spielstils, aber er sollte trotzdem Erwähnung finden. In der Tat macht er lediglich das, was Sie erwarten: Durchschnitt oder nahe daran bei beiden Bewertungen. Einige sind bei einer Kenngröße mit 3 oder 7 anzusiedeln, aber normalerweise liegen die Werte zwischen 4 und 6. Diese Spieler haben weder ausgeprägte Bedürfnisse noch Ängste. Ihre Motive sind gemischt, wenn nicht verworren. Sie hoffen auf Gewinne, haben Angst vor der Niederlage, wollen entspannen, sich die Zeit vertreiben, suchen Gesellschaft, bekommen ein wenig Spannung geboten und stellen sich der Herausforderung. Sie spielen ungefähr so viele Hände wie die anderen auch, raisen ungefähr genauso oft, reraisen gelegentlich und bringen selten die letzte Erhöhung.

Der Durchschnittsspieler unterscheidet sich von Partie zu Partie und die Definition für die eher extremen Spielstile sollte entsprechend angeglichen werden. Wenn zum Beispiel ungefähr die Hälfte der Spieler in einer Partie in der ersten Setzrunde (beim Stud) oder vor dem Flop (beim Hold’em oder Omaha) callt, dann ist auch der Durchschnittsspieler (bzgl. des loosen Spielverhaltens) jemand, der in dieser Häufigkeit callt. Je nachdem wie viele Spieler callen, müssen der Durchschnitt und alle anderen Bewertungen nach oben oder unten korrigiert werden. Das gleiche Prinzip kann auf die meisten menschlichen Eigenschaften angewendet werden. Zum Beispiel würde ein 1,90 m großer Mensch im Vergleich mit der Normalbevölkerung als „groß gewachsen“ bezeichnet werden, aber Basketballprofis gäben ihm vermutlich den Spitznamen „Zwerg“.

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Betrachten Sie die Abbildung IV. Sie ist nahezu identisch mit Abbildung III. Der einzige Unterschied besteht in der Hervorhebung der vier Ecken. Die dort dargestellten Spielertypen sind von denjenigen, die mit mindestens einem Wert in der Mitte stehen, abgesetzt. Jemand, dessen Spielstil Sie als loose mit einem Wert von 7 oder größer und als aggressiv mit einem Wert von 3 oder kleiner einschätzen, ist „loosepassiv“.
Ein Wert zwischen 4 und 6 bedeutet in diesem Fall Durchschnitt. Auf Spieler mit einem durchschnittlichen Wert wird nicht näher eingegangen, weil Sie sich diesen nicht sonderlich anpassen müssen.

Wir konzentrieren uns ausschließlich auf die Spielertypen in den Eckfeldern, weil Sie sich auf diese einstellen müssen. Je extremer die Bewertung eines Spielers ist, desto eher repräsentiert er den Rock, die Calling Station, den Maniac oder den Stone Killer, und desto stärker muss die Angleichung ausfallen. Die nachfolgenden Poker-Artikel bauen auf diesen vier Ecken auf. Darin gibt es jeweils zwei Abschnitte über den „tight-passiven“, „loose-aggressiven“ Spielertyp usw. Im ersten Abschnitt wird auf den jeweiligen Gegnertyp eingegangen und der zweite lautet dann: „Wenn Sie ein loose-passiver (oder entsprechend) Spieler sind.“

Der erste der beiden Abschnitte beginnt mit einer Beschreibung des jeweiligen Spielstils. Dann werden fünf Themen diskutiert:
1. Erkennungsmerkmale
2. Stärken
3. Schwächen
4. Herangehensweise an diesen Spielertyp
5. Verhalten in einer solchen Partie
Im zweiten Abschnitt werden ebenfalls fünf Themen behandelt:
1. Akzeptieren der Konsequenzen
2. Verständnis Ihrer Motive
3. Verbesserung Ihres Spiels
4. Auswahl der richtigen Partie
5. Umsetzung

Diese wiederkehrende Struktur gestattet schnelle Vergleiche und Anpassungen. Sie können zwei unterschiedliche Spielstile leicht vergleichen und genau erkennen, welche Angleichung auf einen tight- passiven Gegner im Vergleich zu einem loose-aggressiven vorzunehmen ist. Bevor Sie über solche Vergleiche und Anpassungen nachdenken, wollen wir die Art und Weise der Spielerbewertung beschreiben.

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